Steiler Aufstieg und konstante Treffer

Tor gegen Deutschland? Darum sollten es Club-Fans auch mit Duahs Schweiz halten

Sara Denndorf

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23.6.2024, 18:37 Uhr
Der Ex-Nürnberger Kwadwo Duah stand gegen Ungarn überraschend in der Startelf und erzielte sein erstes Länderspieltor.

© Rolf Vennenbernd/dpa Der Ex-Nürnberger Kwadwo Duah stand gegen Ungarn überraschend in der Startelf und erzielte sein erstes Länderspieltor.

Kwadwo Duah gehört vielleicht zu den Ausnahmen: Gefühlt, so mag es der ein oder andere Fan des 1. FC Nürnberg vernehmen, glänzen sämtliche Spieler vor und nach, aber oft nicht während ihrer Amtszeit beim Club mit starken Leistungen. Als Beispiele aus der jüngeren Vergangenheit sei hier etwa Nikola Dovedan, der beim 1. FC Heidenheim zu den Schlüsselspielern zählte, diese Leistungen im rot-schwarzen Trikot allerdings nur äußerst selten reproduzieren konnte. Duah indes performte auf nahezu jeder seiner Stationen, traf seit der Saison 2019/20 in jeder Spielzeit zweistellig – und spielt jetzt auf der ganz großen Bühne bei der Europameisterschaft 2024.

Beim 3:1-Auftaktsieg der Schweiz gegen Ungarn stand der 27-Jährige überraschend in der Startelf und zahlte in seinem erst zweiten Länderspiel überhaupt das Vertrauen seines Trainers Murat Yakin prompt zurück: Nach rund zehn Minuten erzielte der Ex-Nürnberger den Führungstreffer für die Nati. "Das ist ein Märchen", beschrieb der Angreifer seine Gefühlslage in der Mixed Zone: "Ich habe in meinem Leben noch nie so ein Gefühl fühlen dürfen." Auf die Nachfrage, ob das Gefühl denn schöner sei als Sex, entgegnete Duah grinsend: "Für mich ist das Gefühl Tore zu schießen, das schönste Gefühl, das es gibt."

Allerdings ordnete der Mittelstürmer zwar nicht die Schönheit des Gefühls, aber die Schönheit des Treffers nachher noch ein: "Ich habe für Nürnberg in Deutschland schönere Tore geschossen. Aber von den Emotionen war das heute das beste Tor!" In jedem Fall erzielte der 27-Jährige für Nürnberg (bislang) mehr Treffer als für seine Nation: In der Saison 2022/23, der einzigen Spielzeit des Schweizers beim Club, verbuchte er elf Treffer in 33 Zweitliga-Einsätzen.

Damit avancierte er nicht nur zum mit Abstand treffsichersten FCN-Akteur, sondern auch zur offensiven Lebensversicherung in einer abermals enttäuschenden Saison. Nach einem Jahr am Valznerweiher zog es Duah, den der Club im Sommer 2022 für eine Ablöse von 700.000 Euro vom FC St. Gallen losgeeist hatte, weiter: Der gebürtige Londoner wechselte für gut drei Millionen Euro zu Ludogorets Rasgrad. Beim bulgarischen Serienmeister erzielte Duah 15 Tore in 37 Einsätzen, legte sechs weitere Treffer auf und trug damit maßgeblichen Anteil an der abermaligen Meisterschaft seines Klubs. Zudem ist der 27-Jährige angesichts dieser 21 Torbeteiligungen der derzeit treffsicherste Schweizer außerhalb der Schweizer Spitzenligen – und verdiente sich damit seinen Platz im Nati-Kader von Murat Yakin.

Jedoch, auch das ist Teil der Wahrheit, profitiert der Ex-Nürnberger auch maßgeblich von der Stürmer-Krise in der Schweiz. Seit dem Rücktritt von Alex Frei im Jahr 2011 sehnen sich die Eidgenossen vergeblich nach einem Angreifer, der konstant die Lücke in der Sturmspitze füllen kann. Dies gelang Spielern wie Haris Seferovic oder dem ebenfalls aus Nürnberg bekannten Josip Drmic nur vorübergehend. Breel Embolo, der unter anderem einst für die Club-Freunde vom FC Schalke 04 in der Bundesliga wirkte, bringt zwar sämtliche Qualitäten für diese Rolle zurück, wird aber immer wieder von Verletzungen zurückgeworfen. Kurz vor der EM laborierte er etwa an muskulären Problemen, nachdem er erst im März sein Comeback nach einem Kreuzbandriss gab.

Nun liefert sich Embolo, der inzwischen für die AS Monaco aufläuft, ein Duell mit Duah um den Platz im Schweizer Angriff. Nach dem Ungarn-Spiel äußerte sich der frühere Nürnberger zur Konkurrenzsituation: "Man hat Ambitionen. Aber ich bin jetzt einfach nur dankbar, dass ich in der Startelf stehen durfte." Im darauffolgenden Spiel wurde diese Ambition zumindest nicht erfüllt: Beim 1:1-Remis gegen Schottland kam Duah überhaupt nicht zum Einsatz. Allerdings setzte Nati-Coach in dieser Partie auf eine 3-5-2-Formation, welche keinen alleinigen Stürmer, wie ihn Duah im ersten Spiel im 3-4-2-1 spielte, vorsieht. Demzufolge hängt die Entscheidung, ob der 27-Jährige gegen Deutschland stürmen darf, nicht nur von dem Ausgang des internen Duells mit Ex-Schalker Embolo ab, sondern auch von der grundlegenden Matchidee, welche Yakin für das letzte Gruppenspiel verfolgt.

Club-Fans indes dürfen auf einen Einsatz ihres ehemaligen Angreifers, idealerweise sogar auf eine starke Leistung und ein Tor hoffen. Denn: Trumpft der frühere Nürnberger bei der Europameisterschaft groß auf und bewirbt sich damit für höhere Aufgaben, darf sich der Club über einen Geldregen freuen. Zumindest sicherte sich der 1. FC Nürnberg bei Duahs Transfer nach Bulgarien nicht nur diverse Bonuszahlungen und eine ordentliche Ablöse, sondern laut Informationen der "Bild"-Zeitung auch eine prozentuale Beteiligung an einem eventuellen Weiterverkauf. Heißt: Wenn Duah im Spiel gegen Deutschland oder in sämtlichen weiteren Partien der Schweiz bei der EM 2024 spielt, trifft und performt, seinen Marktwert in die Höhe schraubt und letztendlich für eine womöglich lukrative Ablöse den Verein wechselt, würde ein prozentualer Anteil auch in die Kasse des Club fließen.

Anhänger des FCN dürfen demnach auf starke Leistungen des Ex-Nürnbergers sowie auf ein möglichst langes Turnier der Schweiz hoffen, sodass sich Duah viele Chancen bieten, sich zu zeigen. Bislang hat die Nati den Einzug in die K.O.-Phase allerdings noch nicht sicher, kann theoretisch noch auf Platz drei landen und dann theoretisch noch ausscheiden.

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