Golf, Tennis und mehr: Einzelsportler drängen auf Lockerungen
26.2.2021, 06:02 UhrGolf
Wenn selbst einer von Deutschlands obersten Pandemie-Bekämpfern Golf spielen geht – kann das so gefährlich sein? Lothar Wieler, Präsident des Robert-Koch-Instituts, soll erst Anfang Februar laut Tagesspiegel in einem Berliner Golfclub seinem Sport nachgegangen sein. Dort ist das auch im Lockdown erlaubt. In Bayern hätte er das nicht gedurft. Denn im Gegensatz zu anderen Bundesländern sind die Golfplätze hier seit Anfang Dezember geschlossen.
Das lässt viele Golfspieler an der Verhältnismäßigkeit zweifeln. "Corona ist eine ernste Sache. Aber mir fehlt das Verständnis, warum Sport im Freien nicht möglich ist", sagt Bernd Dürrbeck, Präsident des Herzogenauracher Golfclubs. Das Telefon im Vereinsheim habe am Dienstag nicht still gestanden: Die Mitglieder fragten, warum die Baumärkte öffnen, sie aber nicht golfen können.
Langlaufen erlaubt?
Der Unmut wird nicht gerade dadurch kleiner, dass der Freistaat einen Sport auf Golfplätzen zumindest teilweise genehmigt hat: Ski-Langlauf. Jedenfalls dann, wenn dort keine Loipe gespurt war, galten Golfplätze auch nicht als Sportstätten.
Der bayerische Golfverband fand das merkwürdig und fragte beim Gesundheitsministerium nach. Die Antwort zitiert der BGV auf seiner Homepage: "Nicht das Golfspiel an sich wird als treibender Faktor angesehen (…). Ausschlaggebend ist hingegen die Tatsache, dass es Menschen dazu anregt, sich zu treffen, sich davor oder danach – und sei es nur am Parkplatz – zu unterhalten und in Kontakt miteinander zu treten."
200 Meter Abstand
Eine Begründung, die Dürrbeck nicht verstehen kann. Schließlich bräuchten auch Langläufer Parkplätze. "Und auf jedem Supermarkt-Parkplatz trifft man mehr Menschen als bei uns." Vor dem Lockdown vergab der Verein feste Startzeiten, auf dem Platz war man in Zweier-Teams unterwegs. Auf der Anlage seien immer 200 bis 300 Meter Abstand zwischen ihnen gewährleistet, sagt Dürrbeck.
Bayern sieht gute Chance auf Lockerungen im Amateursport
Ministerpräsident Markus Söder hat am Mittwoch im Bayerischen Fernsehen zwar Lockerungen für Einzelsportarten angedeutet, doch einen konkreten Zeitplan gibt es nicht. Für Dürrbeck aber drängt die Zeit. Auch beim Golfclub gibt es Mitglieder, die ihre Beiträge nicht zahlen. Durch die Indoor-Golfanlage, die der GC nicht betreiben konnte, fehlen dem Verein Einnahmen.
Hilfesuchend hat er sich an Landrat Alexander Tritthart gewandt. Dessen Behörde hätte die Möglichkeit, bei einem Inzidenzwert von unter 50 über sieben Tage per Allgemeinverfügung für Lockerungen zu sorgen – wenn die Regierung zustimmt.
Ein Versuch, der vor allem das Wirtschaftsleben betraf, scheiterte aber wie berichtet an der Zustimmung von Gesundheitsministerium und Bezirksregierung. Auch das Anliegen des Golfclubs auf Lockerungen habe man zur Prüfung dorthin weitergegeben, teilte das Landratsamt auf EN-Anfrage mit. Eine Antwort stand bis Dienstagabend noch aus.
Tennis
Am Donnerstag herrschte auf den Tennisplätzen des TC Neunkirchen wieder ein bisschen Leben. Nein, gespielt hat dort niemand, denn auch das ist nicht erlaubt. Der Verein hat stattdessen mit der jährlichen Frühjahrsüberholung der Außenplätze begonnen. "Wahrscheinlich als erster Verein in Bayern", sagt der Vorsitzende Ernst Wölfel. In den kommenden Tagen wird die Sand-Lieferung erwartet.
Der TC will vorbereitet sein, für den Fall der Fälle: "Natürlich möchten wir so schnell wie möglich wieder Tennis spielen." Bis Herbst durften im Freien vier Schüler plus Trainer auf dem Court stehen.
Der Bayerische Tennis-Verband fordert das nun wieder, sowie die Freigabe von Hallen für zwei Personen. Wölfel schließt sich an: "Wir hoffen, dass es wenigstens wieder in diese Richtung geht." Zumal auch der TC ein digitales Anmeldesystem hat, um den Andrang zu steuern.
"Druck muss es geben"
So schnell wie möglich sollte es in Wölfels Augen wieder losgehen. Polemik meidet der Vorsitzende aber. "Ich möchte zur Zeit kein Politiker sein. Aber Druck, dass etwas passiert, muss es geben", sagt der 77-Jährige. Auch ihm fehlt das Tennis. Zwei- bis dreimal in der Woche steht er normalerweise auf dem Court.
Und die Krise trifft den Verein und seine knapp 400 Mitglieder. Weil die Tennishalle geschlossen ist, kann der TC nicht an den Abos verdienen, die Menschen sonst abschließen, um in Neunkirchen Tennis zu spielen.
Normalerweise findet am Wochenende in den Osterferien auch der Guttenberger-Cup mit über 170 Jugendlichen beim TC statt. Vergangenes Jahr wurde es bereits wegen Corona abgesagt. In diesem Jahr bislang nicht. Noch nicht? Viel Hoffnung, dass es stattfinden kann, hat Wölfel im Moment nicht.
Bogenschießen
2,50 Meter beträgt der Abstand zwischen zwei Zielscheiben auf dem Gelände des Bogen-Sportvereins Erlangen in Uttenreuth. Weil es dort 22 Scheiben gibt, können Athleten sogar noch viel weiter voneinander entfernt stehen. "Wir haben die Abstände zwischen den Scheiben so groß gemacht, dass ein Infektionsrisiko praktisch ausgeschlossen ist, wenn fünf bis sechs Leute trainieren", sagt der Vorsitzende Hugo Schulze Heuling. "Eigentlich hat im Regel-Sportbetrieb bei uns kaum jemand Kontakt mit den anderen. Höchstens, wenn man sich grüßt."
Bevor im Lockdown auch die Bogenschützen ihre Anlage schließen mussten, war das Hygiene-Konzept des Vereins streng ausgearbeitet. Der Platz wurde gedrittelt, nur drei Personen durften also gleichzeitig schießen. "Die drei Bahnen haben riesige Abstände. Es kommt ja auch auf das Sicherheitskonzept an, dass jeder für sich getrennt Pfeile holen können muss, ohne miteinander kommunizieren müssen", erklärt Schulze Heuling.
"Sicherer als schwarz herumschießen"
Unter seinen Mitgliedern gebe es nun kaum noch Verständnis, dass sie ihrem Sport nicht mehr nachgehen können, erzählt er. "Die brennen darauf. Sie fragen: Warum darf ich das nicht machen? Manche sagen, ich darf zwar mit dem vollen Bus nach Uttenreuth fahren, aber nicht auf den fast leeren Platz gehen."
Schulze Heuling glaubt, dass unter den bayerischen Schützen manche ausweichen, sich eine Zielscheibe in den Garten oder in den Wald stellen. "Aber sie schießen dann unter Bedingungen, die noch verwerflicher sind, weil sie die Sicherheitsbestimmungen etwa beim Pfeilflug nicht erfüllen. Als Vorstand kann ich da nur sagen: Leute, macht das nicht", meint er. Und hat einen dringenden Appell an die Politik: "Ich kann nur befürworten, dass wir unter kontrollierten Bedingungen am Platz den Sport durchführen können.Das ist tausend Mal sicherer, als dass die Leute schwarz herumschießen."
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