Handball-EM: Das muss man als Fan wissen

Michi Endres

Online-Redaktion

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9.1.2020, 10:08 Uhr

Nicht nur bei Handballfans kribbelt es beim Gedanken an die anstehende Handball-Europameisterschaft (Men's EHF Euro 2020). Zwischen dem 9. und dem 26. Januar messen sich die besten Mannschaften des Kontinents in Schweden, Norwegen und Österreich. Das wohl sportlich härteste Turnier des Welthandballs bietet in diesem Jahr einige Neuerungen im Vergleich zu den vergangenen Europameisterschaften und für das deutsche Team die Möglichkeit, den nächsten Schritt nach ganz oben zu machen.

Rückblick: Knapp vier Jahre ist es her, als die "Bad Boys" überraschend den EM-Pokal in die Luft reckten. Damals bezwang die DHB-Auswahl im Endspiel das spanische Nationalteam sensationell mit 24:17 im Finale und begeisterte nach dem WM-Sieg 2007 in Köln erneut ganz Deutschland. Seitdem ist jedoch viel passiert. Ein neunter Platz bei der Weltmeisterschaft 2017 und ebenfalls ein neunter Rang ein Jahr später als Titelverteidiger bei der EM - Europameister wurde damals Spanien.

Der Weg des DHB-Teams zurück nach oben

Zwischen dem mittlerweile auf der Kommandobrücke stehenden Cheftrainer Christian Prokop und dem Team schien es noch nicht auf Anhieb zu funken. Das änderte sich aber im vergangenen Jahr. Wieder eine Heim-WM, Deutschland war gemeinsam mit dem Nachbarland Dänemark Gastgeber, und beim DHB-Team lief es zunächst richtig rund. Erst im Halbfinale wurde das Team von Christian Prokop von Norwegen (25:31) gestoppt. Am Ende musste sich die schwarz-rot-goldene Landesauswahl im Spiel um Platz drei noch der französischen Mannschaft mit 25:26 geschlagen geben. Die Deutschen beendete das Handball-Turnier letztendlich als Vierter.

Die Gastgeber: Die EM 2020 wird von einem Trio ausgerichtet - einem sehr ungewöhnlichen: Die Partien sind auf die zwei skandinavischen Länder Norwegen und Schweden sowie die Alpenrepublik Österreich aufgeteilt. Auf den ersten Blick mag das seltsam erscheinen, aber möglicherweise ist den Veranstaltern damit ein echter Clou geglückt. Denn einerseits wird das Turnier von drei Verbänden getragen, die bei dieser Auflage mehr Teams (siehe Der Turniermodus), also auch mehr Spiele (65 Partien statt wie bisher 47) schultern müssen. Andererseits, und das dürfte der angesprochene Clou sein, gibt es neben den drei Gastgeberländern, die ohnehin Feuer und Flamme auf die Handball-EM sind, ein größeres Einzugsgebiet der Fans.

+++ Website der Men's EHF Euro 2020 +++

Die Spielorte: Insgesamt gibt es sechs Spielorte bei der 14. EHF Euro. Gespielt wird in Trondheim (Spektrum - 8000 Zuschauer - sechs Gruppenspiele; in Göteborg (Scandinavium - 12.000 Zuschauer - sechs Gruppenspiele); in Malmö (Malmö Arena - 13.000 Zuschauer - sechs Gruppenspiele und 12 Hauptrundenspiele); in Stockholm (Tele2-Arena - 22.000 Zuschauer - fünf Finalrundenspiele); in Graz (Stadthalle - 6000 Zuschauer - sechs Gruppenspiele); und in Wien (Stadthalle - 10.000 Zuschauer - sechs Gruppenspiele und 12 Hauptrundenspiele). Die Besonderheiten der Standorte sind zum einen die Finalspiele in der Stockholmer Tele2-Arena, die eigentlich die Heimstätte der beiden schwedischen Fußballklubs Djurgården Fotboll und Hammarby Fotboll ist. Zum anderen bietet die Nähe von Graz zu Osteuropa mehr Zuschauern die Möglichkeit, Spiele ihres Nationalteams zu sehen. In der Grazer Stadthalle werden sechs Gruppenspiele der "Balkan"-Gruppe ausgetragen (Kroatien, Montenegro, Serbien und Weißrussland).

Neuer Modus bei der 14. Handball-Europameisterschaft

Der Turniermodus: Bei der 14. Auflage der Handball-EM nehmen erstmals 24 Nationen teil. Bisher waren es 16 Mannschaften. Diese treten in sechs Gruppen á vier Mannschaften gegeneinander an. Die besten zwei Mannschaften jeder Gruppe - nicht wie bisher die besten zwei - qualifizieren sich eine der beiden Hauptrundengruppen (jeweils sechs Teams). Wiederum die ersten beiden Mannschaften schaffen es ins Halbfinale und erspielen sich im Erfolgsfall Tickets fürs Endspiel am 26. Januar in Stockholm. Den genauen Spielplan finden Sie hier.

Das deutsche Team: Die deutsche Handball-Nationalmannschaft, die bei der Generalprobe gegen Österreich just erfolgreich testete, trifft in der Gruppenphase auf Spanien, die Niederlande und Lettland. Neben dem Endspielgegner von 2016 gehen die Deutschen als Favorit in die Gruppe C. Im Falle des Einzugs in die Hauptrunde (in Wien) dürfte sich das Team von Christian Prokop unter anderem mit Kroatien auseinandersetzen. Von den großen Kontrahenten wie Norwegen, Dänemark und Frankreich bleibt Deutschland vorerst verschont. Diese würden erst ab dem Halbfinale warten.

Nationaltrainer Christian Prokop hat aus seinen vergangenen Fehlern gelernt und kurz vor Weihnachten einen ausgewogenen EM-Kader nominiert. Der erste Schock ereilte das DHB-Team dennoch schon vor EM-Start: Rückraumspieler Franz Semper (Leipzig) wird aufgrund einer Herzmuskelentzündung nicht mitwirken können. Für ihn rutscht David Schmidt (TVB Stuttgart) ins Aufgebot.

Vor Turnierstart musste Prokop seinen endgültigen 16er-Kader festlegen und noch einen Akteur aus dem Aufgebot streichen, zumindest vorerst. Der deutsche Nationaltrainer entschied sich für Johannes Golla (SG Flensburg-Handewitt), der aber weiterhin mit dem Team am Ort des Geschehens in Trondheim (Norwegen) bleiben wird. Im Falle eines Ausfalls im 16er-Kader kann Golla somit sofort einspringen. Einen Einsatz im Turnier stellte Prokop dem Kreisläufer in Aussicht: Er werde "definitiv" noch eingesetzt werden. "Die Zeit wird irgendwann kommen", wird Prokop auf der Website des Deutschen Handballbund in Hinblick auf einen Einsatz des Kreisläufers während der Europameisterschaft zitiert. Im Laufe des Turniers kann er noch Korrekturen vornehmen und insgesamt zwei Spieler gegen Akteure aus dem erweiterten 28er-Kader austauschen. Spannend wird vor allem, wie sich die deutsche Mannschaft ohne Mittelmann und Stratege Martin Strobel schlägt, der dem Bundestrainer nach seinem Kreuzbandriss bei der Heim-WM 2019 für das Turnier abgesagt hat.

Die Favoriten: Dänemark, Norwegen und Frankreich. Diese nennt auch Handball-Experte Stefan Kretschmar gegenüber dem Fachmagazin Handball Inside. Die drei Nationen können auf Superstars wie Mikkel Hansen (Dänemark, WM-Torschützenkönig 2019), Nikola Karabatic (Frankreich, Bester Spieler bei der WM 2017) und Magnus Rød (SG Flensburg-Handewitt) zurückgreifen.

Das ist für Deutschland drin: "Wir träumen von einer Medaille", sagt Nationaltrainer Christian Prokop gegenüber Handball Inside. Begründet wird der Wunsch mit der guten Platzierung bei der Heim-WM (4.): "Wir standen bei der WM 2019 im eigenen Land unter den letzten vier Teams. Das möchten wir bei der EM nicht nur wiederholen, sondern einen Schritt weitergehen", erklärt Prokop. Möglich ist das allemal, denn wie schon angesprochen ist der Weg ins Halbfinale vielleicht leichter als bei vorangegangenen Turnieren. Sollte es das DHB-Team jedoch unter die Top-Vier schaffen, muss es wirklich zeigen, was in ihm steckt. Denn in diesem Fall wartet da wahrscheinlich mindestens einer der oben genannten Favoriten.

Da läuft die EM: Alle Spiele sind im Free-TV und im Live-Stream zu sehen. Partien mit deutscher Beteiligung überträgt abwechselnd das ZDF (ZDF-Mediathek)und die ARD (Live-Stream Das Erste und sportschau.de). Alle Spiele ohne deutscher Beteiligung laufen auf dem Portal sportdeutschland.tv.

Franken bei der EM: Ein echter Franke ist bei der EM nicht dabei. Der gebürtige Erlanger Sergej Gorpishin, der sich mit der russischen Nationalmannschaft Hoffnung auf eine Turnierteilnahme machen durfte (siehe Interview), wurde von den Verantwortlichen der Sbornaja noch im letzten Moment gestrichen. Auch ohne die deutschen Steffen Weinhold und Carsten Lichtlein - jeweils gebürtige Franken, die das DHB-Trikot getragen haben - finden sich indes weitere Akteure, die einen Bezug zur Region haben und bei der Euro dabei sind. HC Erlangen-Kreisläufer Petter Øverby (Norwegen) sowie Christoph Neuhold (Österreich) und Girts Lilienfelds (Lettland), die beide für den HSC 2000 Coburg auflaufen, sind für fränkische Klubs aktiv.


Sergej Gorpishin: Vom HC Erlangen in die Königsklasse


Und sonst: Sind auch zwei deutsche Schiedsrichtergespanne bei der Europameisterschaft im Einsatz. Robert Schulze und Tobias Tönnies sowie Lars Geipel und Sebastian Helbig bringen ihre Erfahrung ein. Letztgenanntes Gespann hat bereits ein Champions-League-Finale geleitet. Unterstützt werden die Unparteiischen bei dem Turnier von verschiedenen technischen Hilfsmitteln, unter anderem dem Videobeweis, einem Buzzer fürs Time-Out und der Torlinien-Technologie.

Wie es letztendlich läuft, kann man natürlich nicht im Voraus einer solchen Veranstaltung sagen, denn bei Turnieren ist bekanntermaßen alles möglich, doch die deutsche Mannschaft macht in der Vorbereitung (33:25 gegen Island) Hoffnung auf eine spannende und möglicherweise erfolgreiche Handball-Europameisterschaft.

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