Nach großen Handballabenden, von denen es, das vergisst man in diesen turbulenten Tagen schnell, ja auch schon einige gegeben hat in der Arena am Kurt-Leucht-Weg, wollten die Menschen oft gar nicht mehr nach Hause gehen. Minutenlang standen sie auf den Rängen, ein begeistertes Lächeln im Gesicht, und klatschten einfach weiter Applaus, als würde damit dieser Abend voller Glück niemals mehr zu Ende gehen. Am späten Donnerstagabend waren die 3827 Zuschauer, die zum bislang wichtigsten Saisonspiel gegen den Tabellenvorletzten, die Eulen Ludwigshafen, gekommen waren, weit davon entfernt begeistert zu klatschen. Es lächelte auch niemand mehr. Nein, die Menschen, sie gingen einfach, obwohl die Uhr noch gar nicht abgelaufen war.
Interimscoach für den HCE: Brack ist Erlangens Nothelfer
Noch nie hatte man so eine Reaktion beim HC Erlangen in der Arena beobachtet, noch nie war die Enttäuschung in sechs Jahren Bundesliga-Zugehörigkeit so groß gewesen, wie an diesem späten Donnerstagabend. Ja, nicht einmal höhere Gewalt – ein mittleres Schneegestöber tobte sich vor den Toren der Arena wild aus und sorgte für ein Verkehrschaos – hielt die Menschen vom Flüchten ab. Die Entstehung jenes fast peinlichen 23:27 (11:12) war zu viel des Guten geworden, ein besorgniserregend verunsicherter, fehlerbehafteter und erstmals seit langer Zeit auch leidenschaftsloser Auftritt in einem so immens wichtigen Aufeinandertreffen. "So wie heute", sagte Kevin Schmidt, der Sportliche Leiter, später mit versteinerter Miene, "kann es nicht weitergehen."
Brack kein Feuerwehrmann?
Und so, das weiß man seit gestern Abend, wird es auch nicht weitergehen beim HC Erlangen: Nur 25 Tage nach der Beurlaubung von Cheftrainer Adalsteinn Eyjolfsson beendete der HCE auch die Zusammenarbeit mit Interimstrainer Rolf Brack vorzeitig. Ursprünglich hatte der 66-Jährige bis Saisonende bleiben sollen. Doch nur vier Spieltage nach seiner Vorstellung, von denen der HCE drei verlor und nur eines gewann, war das Vertrauen bereits aufgebraucht. "Rolf, ein nach wie vor hervorragender Trainer und Mensch, hat große Qualitäten, eine Mannschaft zu entwickeln. Es war aber unsere Fehleinschätzung zu glauben, dass er auch in kurzer Zeit Feuerwehrmann spielen kann", sagte der Aufsichtsratsvorsitzende Carsten Bissel, einigermaßen zerknirscht. Denn so hört man aus der Mannschaft, dass Bracks gestellte spielerische wie taktische Aufgaben zum Zeitpunkt größten Erfolgsdrucks – der HCE steht seit dem verkorksten Auftritt gegen Ludwigshafen drei Punkte vor einem Abstiegsplatz – viel zu komplex, zu verwirrend gewesen seien.
Der Handball-Professor, wie der promovierte Sport-Wissenschaften nach über 30 Jahren im Trainergeschäft genannt wird, habe viel mehr zu Verunsicherung beigetragen, als mit einfacher, klarer Linie und einer Besinnung auf das, was funktioniert, Selbstbewusstsein und Erfolg zu entwickeln. Wie dieses Missverständnis aussah, das konnte jeder entsetzt beobachten, der am Donnerstagabend in der Arena war. "Wir haben nach wie vor großes Vertrauen in die Fähigkeiten der Mannschaft", sagte Carsten Bissel aber auch. Die bereits dritte Trainerlösung binnen eines Monats soll nun im Abstiegskampf aus den eigenen Reihen kommen. Bereits das gestrige Nachmittagstraining leitete Kevin Schmidt, Ex-Nationalspieler und Sportlicher Leiter, mit Co-Trainer Tom Hankel und Kapitän Michael Haaß, der im Sommer wie geplant allein das Traineramt übernehmen soll. Haaß soll bis auf Weiteres auch als Spieler Impulse setzen. Rolf Brack befand sich zu diesem Zeitpunkt schon wieder auf der Heimreise.