Geburtstag, Trainingsauftakt, Schwankungen
Alonso beim HCE: "Manchmal muss man ein bisschen mehr leisten"
10.1.2022, 20:50 UhrAm Sonntag sind Sie 43 Jahre alt geworden, Herr Alonso. Was war der schönste Gruß, der Sie erreicht hat?
Raul Alonso: Am schönsten war für mich die Tatsache, dass ich den Tag mit meiner Frau verbringen konnte. Das war in den letzten drei Jahren nicht möglich, weil ich nicht in Deutschland gearbeitet habe und das die Zeit ist, in der Handball-Mannschaften die Arbeit wiederaufnehmen.
Singen, Schnee und Strategie
Geburtstagsgrüße gab es anschließend auch von der Mannschaft beim Trainingsauftakt auf dem schneebedeckten Areal des TV Erlangen. Kann sie besser Handball spielen oder singen?
Alonso: Definitiv Handball spielen. Aber singen kann sie auch (lacht). Die Einheit am frühen Sonntag hat ihr auch unter den winterlichen Umständen Freude gemacht.
Neben Glückwünschen, die andere an einen adressieren, gibt es ja auch die Vorstellungen, die man selbst hat. Ihr Plan, auch wenn sie als Nachfolger von Michael Haaß jetzt zwangsläufig als mindestens Interimslösung scheinen, war es im Sommer nicht, Trainer des HC Erlangen zu werden…
Alonso: Das ist richtig. Ich habe bereits parallel zu meiner Tätigkeit in Brest viel mit den Verantwortlichen hier gesprochen, wie die Position des Sportlichen Leiters für mich aussieht. Und mich darauf eingestellt, an der Polung und strategischen Ausrichtung des Vereins zu arbeiten. So war’s dann auch in der ersten Saisonhälfte. Das und die Trainerarbeit sind zwei Fulltime-Jobs.
Zwei Fulltime-Jobs, die sie mit ihren Qualifikationen her ausfüllen können. Wenn ein Trainer, der im Kiel-Kosmos als Assistent von Alfred Gislason und Nachwuchsförderer erfolgreich gearbeitet hat und in Österreich sowie beim belarussischen Dauermeister Brest, schon einmal da ist…
Alonso: Wir müssen evaluieren, was das Beste für den HCE ist. Es bleiben dennoch zwei Fulltime-Jobs, die ein bestimmtes Set Up benötigen. Auch den Ausfall als Sportlicher Leiter müssen wir kompensieren. Die Grundidee im Sommer war eine andere. Jetzt gilt es parallel zum Mannschaftsbetrieb geeignete Trainerkandidaten auszusuchen. Es ist alles doch recht schnell passiert. Im Moment ist die Doppelfunktion die beste Lösung. Auf der anderen Seite ist sie eine riesige Belastung, auch für mich. Das Allerwichtigste ist, dass die Mannschaft jetzt wieder in einen geregelten Betrieb kommt. Das findet statt.
"Wir blicken jetzt nach vorne"
Als beste Lösung in Sachen HCE-Trainer galt lange Zeit auch Michael Haaß, den man im Sommer auch deshalb mit einem Dreijahresvertrag ausgestattet hat…
Alonso: Diese Idee haben wir im Sommer untermauert und bis zum Schluss verfolgt. Nach der Niederlage in Leipzig war es allerdings an der Zeit, über den Jahreswechsel ein Zwischenresümee zu ziehen, was in allen Gremien passiert ist. Das Ergebnis: Es hat die Stabilität gefehlt. Wir blicken jetzt nach vorne. Versuchen, lösungsorientiert zu arbeiten.
Sie sprechen die Inkonstanz an. Das Kernproblem, das Michael Haaß den Job kostete. Wie kommt es, dass der HCE, von dem die meisten Experten den nächsten Entwicklungsschritt, ein stabileres Auftreten und Das-Sich-Einordnen in der Tabellenmitte erwarten, in der stärksten “Handballliga der Welt“ (so der Claim der Bundesliga) diesen Schwankungen unterworfen ist? Und vor allem: Wie treibt man sie dem Team aus?
Alonso: In der stärksten Liga der Welt herrscht auch in den unterschiedlichen Tabellenregionen ein enormer Konkurrenzkampf. Und im Mittelfeld drängen sich auch andere Vereine, die extrem gute Arbeit leisten. Wir treten dennoch an, um uns sukzessive weiterzuentwickeln, was nach dem Wiederaufstieg bereits geschehen ist. Dass der Anspruch von Jahr zu Jahr wächst, ist eine natürliche Sache.
"Der Ansatz und das Ziel ist,..."
Und der Trainerwechsel?
Alonso: Wir haben die Entscheidung des Trainerwechsels nicht aufgrund einer bestimmten Tabellensituation oder eines bestimmten Spiels getroffen und ihn schon gar nicht an der Person Michael Haaß festgemacht. Sondern vom Gefühl, was wir der Mannschaft als Entwicklung zuzutrauen. Der Ansatz und das Ziel ist, dass wir konstant gute Leistungen zeigen. Das muss nicht immer mit einem Sieg verknüpft sein. Die Spielleistung muss aber auf einer konstant guten Ebene stattfinden. Das ist der Anker, den wir uns gesetzt haben.
Sie haben jetzt erst wenige Einheiten die Mannschaft trainiert. Woran kann sie anknüpfen, was muss gleichbleibend, anders oder besser werden.
Alonso: Wenn wir in der Hinrunde eine gute Defensive und Torhüterleistung gehabt haben, haben wir gesehen, dass wir Spiele gewinnen. Oder auch, wenn wir mit einer außerordentlichen kämpferischen Leistung und einem entsprechenden Mindset aufgewartet haben wie gegen Lübbecke. Wir haben hervorragende Spiele im Pokal gegen Wetzlar oder gegen die Rhein-Neckar Löwen gemacht. Aber das ist auch relativ leicht, wenn die eigene Mannschaft gut spielt und die andere nicht. Wichtiger ist, wenn die Umstände schwieriger sind, die Tagesform handballerisch zu erreichen und den Grundzugang zum Spiel. Und das konstant. Das ist unser Grundlevel, davon rücken wir nicht ab. Die Achterbahn ist eine zu weit ausgelegte Leistungsebene.
Ein extrem wichtiges Spiel
Was sind die Schwerpunkte bis zum Re-Start? Wie ist der Fahrplan? Und ist der dann auf den Auftakt gegen Gummersbach ausgerichtet, auf die für Erlangen historische Chance im Pokal-Viertelfinale auf das Final Four?
Alonso: Im Vordergrund steht jetzt erst einmal, dass wir die Jungs in den gewohnten Rhythmus und in die gewohnten Abläufe nach der Pause und nach einer intensiven Zeit kriegen, um sie auf eine lange Rückrunde vorzubereiten. Wir haben gleich die historische Möglichkeit ins Final Four einzuziehen, das macht die Aufgabe ein Stück weit komplexer. Das ist natürlich ein Spiel, das wir als extrem wichtig betrachten.
Nachnamen spielen keine Rolle
Welchen Spielern trauen Sie einen Leistungssprung in der Restsaison zu?
Alonso: Den Spieler, die am besten auf diese Situation reagieren. Losgelöst davon, welchen Nachnamen sie haben. Wer eine Reaktion auf die jetzigen Eindrücke hat, wird sich durchsetzen.
Wenn Sie es sich aussuchen dürften: Ihr nächster Geburtstag darf trotzdem ein bisschen ruhiger werden?
Alonso: Wenn er so ist wie jetzt, bin ich glücklich. Er sollte nicht so sein, wie in den letzten drei Jahren, als ich weit weg von meiner Familie war. Aber das war der Preis, um bestimmte berufliche Aufgaben zu erfüllen. Manchmal muss man auch ein bisschen mehr leisten.
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