Ice Tigers starten ohne ein Dutzend, aber mit neuem Pollock

Sebastian Böhm

Sportredaktion

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3.12.2020, 10:55 Uhr
Spätestens ab Montag sollte dieser Ständer voller Masken hängen.

© Thomas Hahn/Sportfoto Zink Spätestens ab Montag sollte dieser Ständer voller Masken hängen.

Vor der Bandentür steht ein Kleiderständer. Atemschutzmasken im Design der Ice Tigers hängen daran, die guten mit dem herausnehmbaren FFP3-Filter. Und als Tim Bender als erster Spieler vom Eis geht, nimmt er sich eine Maske und setzt sie sich auf. Ansonsten ist alles genauso wie vor 267 Tagen, als das Profiteam zuletzt in der Arena Nürnberger Versicherung trainiert hatte.

Gut, wenn man davon absieht, dass Frank Fischöder die Befehle gibt, nicht mehr Kurt Kleinendorst, und dass derzeit nur zwölf Masken gebraucht werden. Mehr Spieler dürfen nicht trainieren. Noch nicht. Jeden neuen Tag endet die Quarantäne für weitere Spieler, die entweder aus Nordamerika anreisten, sich selbst angesteckt oder Kontakt zu Infizierten hatten. Mit einem negativen PCR-Test dürfen sie wieder aufs Eis. Wobei tatsächlich Erkrankte wie Kapitän Patrick Reimer zunächst ein Protokoll an Tests und Untersuchungen durchlaufen müssen. "Das kann einem gefallen, oder nicht", sagt Fischöder. "Aber die gesundheitlichen Risiken sind zu groß." Der neue Cheftrainer bezieht sich auf den Wolfsburger Verteidiger Janik Möser, der nach einer Covid-Erkrankung aufs Eis zurückkehrte - bis eine Herzmuskelentzündung diagnostiziert wurde.

Pollock, alleine im Flugzeug

Fischöder kann beeindruckend ausdauernd über Trainingssteuerung reden, über Leon Draisaitl und Tim Stützle, die auch er als hauptverantwortlicher Nachwuchstrainer in Mannheim zu Stars gemacht hat, oder über das offensive Eishockey, das er in Nürnberg künftig spielen lassen will. Noch aber muss er erklären, dass es keine Belastung ist, gestern mit neun Feldspielern arbeiten zu müssen, heute vielleicht mit zehn und frühestens am kommenden Montag mit so etwas wie einer kompletten Mannschaft. "Ich weiß ja, dass die anderen Jungs da sind, wir warten ja nur darauf, dass sie nach und nach zurückkommen. Das ist doch keine Situation, die in der heutigen Zeit ungewöhnlich ist: Wir werden positive Tests haben, Ausfälle, die ganze Saison über. Aber das ändert ja nichts an der Freude darüber, dass wir das machen können, wofür wir eigentlich hier sind. Und wofür jeder hier brennt. Es gibt eine Menge Menschen auf der ganzen Welt, die können ihren Job aktuell nicht machen."

Neuzugänge unter sich: Brett Pollock verfolgt Andrew Bodnarchuk.

Neuzugänge unter sich: Brett Pollock verfolgt Andrew Bodnarchuk. © Sportfoto Zink / Thomas Hahn, Sportfoto Zink / ThHa

Brett Pollock darf seit Mittwoch wieder arbeiten. Am Freitag ist er in Nürnberg angekommen. Der Flug war angenehm, die Reihen im Flugzeug leer, der 1,91 Meter lange Kanadier hatte viel Platz. Danach war er fünf Tage allein, isoliert in seiner neuen Wohnung, in einer Stadt, die er nicht kennt, in der er niemanden kennt. Einzig zu Andrew Bodnarchuk hatte er Kontakt. Der Verteidiger, ebenfalls Kanadier, ebenfalls neu bei den Ice Tigers, ist bereits seit Monaten in Nürnberg. Er kennt sich aus, seit Freitag kauft er deshalb für seine Kollegen in Quarantäne ein. Um ein Mangel an Führungskräften in seiner Kabine muss sich Fischöder keine Sorgen machen.

Kein Kabinenfest zum Kennenlernen

Auch deshalb hat er sich leisten können, mit Pollock einen weiteren jungen Stürmer zu verpflichten, der es in Nordamerika nicht geschafft hat, die hohen Erwartungen an ihn zu erfüllen. Fischöder hätte prominentere Angreifer verpflichten können, er wollte aber junge Profis, die die Ice Tigers nicht nur nutzen wollen, "um sich unter Wettbewerbsbedingungen fit zu halten". Pollock wiederum, der mit Jame Pollock trotz einer nicht zu leugnenden Ähnlichkeit nicht verwandt ist, der vom einstigen Publikumsliebling der Ice Tigers noch nicht einmal gehört hatte, ist "extrem aufgeregt". Was man eben so sagt nach der ersten Trainingseinheit in einem fremden Land.


Trainingsstart: Acht tapfere Ice Tigers und ein neuer Pollock


Pollock ist einer von 13 Neuzugängen, die integriert werden müssen. Viel Zeit bleibt den Ice Tigers dazu nicht. Am 13. Dezember wird das erste Testspiel angepfiffen, am 19. Dezember treten sie zum ersten Pflichtspiel in Mannheim an. Und dann ist da noch diese Pandemie. "Das ist schon alles sehr komisch", sagt Tim Bender, "und gar nicht so leicht, überhaupt alle kennenzulernen, wenn mittags nicht einmal miteinander essen gehen oder ein kleines Kabinenfest veranstalten darf. Aber wir kriegen das schon hin."

Der neue Trainer zweifelt daran keine Sekunde. Es wird viel gelacht, geschrien und gejubelt auf dem Eis. Nur einmal wird Frank Fischöder ernst und laut. Bei einer Übungsreihe gefällt ihm die Intensität nicht, überhaupt nicht. Auch das hat sich in Nürnberg nicht geändert. Kurt Kleinendorst war ebenfalls ein umgänglicher Trainer - bis Intensität und Konzentration auf dem Eis nachließen. Auf lange Ansprachen muss Fischöder allerdings noch verzichten. "Das macht erst Sinn, wenn wir vollzählig sind." Masken haben sie bei den Ice Tigers genug.

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