Kontaktaufnahme beim FCN: Der Club freut sich zum Teil

9.5.2020, 12:54 Uhr
Körperkontakt in Corona-Zeiten: Oliver Sorg wird von Felix Lohkemper attackiert.

© Sportfoto Zink Körperkontakt in Corona-Zeiten: Oliver Sorg wird von Felix Lohkemper attackiert.

"Abstand halten, ja Abstand halten", flüsterte Pressesprecher Christian Bönig seinem Nebenmann auf dem Podium, Trainer Jens Keller, halb im Spaß, halb aber auch bierernst noch zu, ehe eine neue Zeitrechnung hinsichtlich der medialen Inszenierung des 1. FC Nürnberg begann. Es war zwar nicht die erste Videokonferenz, die der Verein abhielt, diesmal war der Plausch vor der Laptopkamera mit sechs zugeschalteten FCN-Reportern aber die Generalprobe für die künftigen Pressekonferenzen vor und nach den noch ausstehenden neun Punktspielen.

Keller: "Es ist natürlich traumhaft für mich und die Jungs" 

Im Training durften die Club-Spieler hingegen die imaginäre Abstandslinie von 1,5 Metern aufgeben. Und sie nehmen den direkten Körperkontakt gerne und "keineswegs ängstlich" an, wie der Club-Trainer berichtet. Und der Spaß war dabei ausgesprochen groß: "Es ist natürlich traumhaft für mich und die Jungs, dass wir jetzt wieder richtig trainieren können. Es war eine lange Zeit, in der wir improvisieren mussten."

Bis auf Virgil Misidjan, der nach seinem Kreuzbandriss (zumeist) noch individuell trainiert, sowie Iuri Medeiros (erholt sich von einer schweren Magen-Darm-Grippe) waren alle Spieler auf dem Platz dabei. "Sie sind auch fit, wir müssen aber schauen, wie sie das Mannschaftstraining wegstecken", rechnet Keller im Vergleich zum distanzierten Üben in Kleingruppen doch mit mehr Muskelkater.

Besong bestätigt Befürchtungen 

In den ersten Einheiten legte er Wert auf "enge Spielformen", damit der Kontakt zwischen den Spielern auch intuitiv wieder aufgenommen wird, aber auch auf Trainingsspielchen "über den gesamten Platz", um bei ihnen das Gefühl für Raum und Tiefe zu reaktivieren. Für Paul-Philipp Besong verlief der Neustart beim FCN folgenschwer: Der 19 Jahre alte Angreifer, der sich am Freitag beim Vormittagstraining das Knie verdrehte, riss sich das Kreuzband und soll nächste Woche operiert werden. 

Besong wird monatelang ausfallen. "Unglaublich leid" tat es dem Trainer für den vor der Saison aus Dortmund an den Valznerweiher gewechselten jungen Mann, der sich "gerade auf einem richtig guten Weg" befunden habe. "Unendlich bitter" nannte Robert Palikuca, Nürnbergs Sport-Vorstand, die Verletzung: "Wir sind aber auch überzeugt davon, dass er diese Verletzung wegsteckt und mit großer Stärke zurückkommen wird. Dafür bekommt er alle Zeit der Welt."

Immerhin dafür. Ob Besong die schwere Verletzung erspart geblieben wäre, wenn sich die Berufsfußballer mit etwas mehr Ruhe auf Betriebstemperatur hätten bringen dürfen, ist natürlich Spekulation. Bereits nach seinem Wechsel hatten Besong Knieprobleme geplagt. Solche Unfälle sind Teil des Berufsrisikos, dennoch hatte der Trainer genau davor gewarnt. Mindestens zwei Wochen Mannschaftstraining hatte Jens Keller vor einiger Zeit als realistischen Rahmen zur Vorbereitung genannt. "Ich hoffe", sagte er Freitagmittag in der Videokonferenz mit den Pressevertretern, "dass schwerwiegende Verletzungen ausbleiben" – und ahnte vermutlich bereits, dass der Club davon nicht verschont bleiben würde. Eine Vorahnung, die bei einem weiteren Zweikampf zwischen Adam Zrelak und Mikael Ishak - der Beobachtung des Bild-Fotografen entsprechend - fast noch mit Nürnbergs nächstem Schwerverletzten in Person des Slowaken bestätigt worden wäre.    

 

+++ Neustart beim FCN: Keller erkennt "gefährliche Situation" +++

"Riesenstimmung" bei der Berufsausübung  

Am Tag zuvor hatte auf dem Trainingsgelände vor allem die Freude überwogen. Eine "Riesenstimmung" hatte Keller bei der ersten gemeinsamen Einheit seit zwei Monaten ausgemacht. Wie kleine Kinder nach der Sommerpause hätten sich die Spieler in die Zweikämpfe gestürzt, nachdem das Gesundheitsamt eine Erlaubnis für das Mannschaftstraining erteilt hatte.

... und verständliche Bedenken 

Dass es nicht wenige Menschen gibt, die sich daran stören, dass den Profifußballern in Corona-Zeiten eine Ausnahmestellung gebührt und sie ihren Sport nahezu uneingeschränkt wieder ausüben können, dafür hat der Club-Coach Verständnis: "Ich kann ihre Bedenken verstehen." Keller räumt jedoch gleichzeitig ein, "dass wir auch wieder unserem Beruf nachgehen wollen".

Das erste Mal nach dann über zwei Monaten wird das unter Wettkampfbedingungen am 17. Mai der Fall sein. Auf die Partie beim FC St. Pauli sei sein Team sicher nicht optimal, aber im Rahmen der Möglichkeiten bestens vorbereitet. Die Tatsache, dass die Spiele unter Ausschluss der Öffentlichkeit ausgetragen werden und insbesondere das Heimteam um die Unterstützung ihrer Fans berauben, empfindet Keller weder als Vor- noch als Nachteil für eines der beiden Teams. Dafür dürfte es ihm bei reduzierter Geräuschkulisse leichter fallen, mit seinen Spielern in Kontakt zu treten. Doch seinen Einfluss während einer laufenden Partie will Keller nicht überbewerten: "Man wird als Trainer sicher besser gehört, aber auch besser verstanden?".

Maskenpflicht am Millerntor 

Auf Ablehnung stößt bei ihm der Plan, dass die Trainer an der Seitenlinie einen Mundschutz tragen und diesen nur für Anweisungen kurz abnehmen dürfen. "Jeder, der schon einmal eine Maske getragen hat, weiß, dass das nach zehn, fünfzehn Minuten sehr unangenehm wird. Für mich ist es schwer verstellbar, das über 90 Minuten auszuhalten." Erst recht bei einem Torjubel, Atemnot wäre programmiert.

+++ Nach acht Wochen: FCN nimmt Mannschaftstraining wieder auf +++


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