Drei Goldmedaillen

Franken ist der Nabel der Welt im Hallenradsport

Holger Peter

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31.10.2021, 17:17 Uhr
Franken ist der Nabel der Welt im Hallenradsport

© Jens Körner, NN

Nach dem ersten Triumph von Milena Slupina vom TSV Bernlohe im Einer-Kunstradfahren der Frauen war der Ausklang der Titelkämpfe in der Porsche Arena von Stuttgart doppelt spektakulär: Innerhalb etwa einer halben Stunde zogen Kunstradfahrer Lukas Kohl (RMSV Kirchehrenbach) und die Radballer Gerhard und Bernd Mlady (RMC Lohengrin Stein) nach.

Damit gingen die Hälfte der sechs zu vergebenden Goldmedaillen nach Franken, zwei nach Baden-Württemberg und einer nach Rheinland-Pfalz. Die deutsche Dominanz war also so groß wie nie, alle sechs Titel hatte es noch nie gegeben.

Lukas Kohl, der "Lukinator", war wohl der sicherste Tipp bei den Buchmachern überhaupt. Seit er 2016 im Vorkampf der Weltmeisterschaft (übrigens auch in Stuttgart) "nur" Zweiter geworden war, hat er keinen Wettkampf mehr verloren. Und da, wo alles begonnen hatte, war er so dominant wie schon die ganze Saison.

"Lukinator" nicht zu beeindrucken

Weder vom Heimvorteil seines deutschen Konkurrenten Max Maute, dem Sohn des Bundestrainers, noch von dessen starkem Auftritt im Vorkampf ließ er sich in irgendeiner Weise beeindrucken. Mit acht Punkten Vorsprung gewann er die Qualifikation und hatte damit offenbar Maute verunsichert. Der konnte nach zwei groben Patzern im Finale froh sein, dass er Silber vor dem 19-jährigen Spanier Emilio Arellano retten konnte. Die erste Medaille für die Iberer im Kunstradfahren, seit Emilios Vater José 2001 Silber gewann.

184:17 zu 182,37 endete das Duell hinter dem bisher nun fünffachen Weltmeister aus der Fränkischen Schweiz. Zum Vergleich: Lukas Kohl fuhr unter dem Jubel von rund 3500 verzückten Zuschauern 210,07 Punkte aus. Wie auf Schienen zog er seine Höchstschwierigkeiten über die Fahrfläche. Nur ein Superlativ fehlt ihm noch: Sein Vorgänger David Schnabel hat acht Weltmeistertitel gesammelt.

Jubelnde Radballer

Für Gerhard und Bernd Mlady ist es "erst" der zweite WM-Titel nach 2017 im österreichischen Dornbirn. Und der wurde emotional gefeiert. Denn im Radball ist die internationale Konkurrenz deutlich dichter beieinander. Das war schon in der Vorrunde zu sehen, als kein Team ungeschoren davon kam und keines ohne Sieg blieb.

Auch für Mlady/Mlady war der Gruppensieg alles andere als ein Spaziergang, 2:0 gegen Belgien, 0:1 gegen die Schweiz, 7:4 nach 4:4 gegen Tschechien, 5:1 gegen Frankreich und nochmals 7:4 nach 3:4-Rückstand gegen Österreich.

Letztlich war das Platz eins und der direkte Einzug ins Halbfinale, wo nochmals Tschechien der Gegner war, ein relativ neues Duo in der Weltspitze. Sie forderten den Franken alles ab, aber Stürmer Bernd mit vier Treffern und Torhüter Gerhard mit vielen Paraden sorgten Mitte der zweiten Halbzeit für die beruhigende 5:2-Führung, erst in der Schlussminute kamen die Gegner auf 4:5 heran.

Finale gegen die Schweiz

Im Finale wartete wieder die Schweiz - und es wurde ein ganz anderes Spiel als die "Nullnummer" in der Vorrunde. Bernd Mlady setzte von Anfang an den ballführenden Spieler aus dem Nachbarland unter Druck. Nur weil die Steiner zweimal lediglich die Latte trafen, stand es zur Pause 2:2, gefühlt waren die Deutschen deutlicher überlegen. Spektakulär das erste Führungstor der Mlady-Cousins. Bernd (am Ende fünffacher Torschütze im Finale) schlenzte den Ball aus der eigenen Gefahrenzone aufs gegnerische Tor. Einer der beiden Waibel-Brüder wollte retten, was nicht mehr zu retten war und zappelte mitsamt Ball und Rad im Netz.

Danach ließen die routinierten Steiner (beide 31 Jahre alt) nichts mehr anbrennen. Noch zwei Treffer von Bernd - und dann lagen sich die Cousins in den Armen.

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