Mut, Mathenia, Matchglück: Das ist für den FCN wichtig

20.10.2018, 05:47 Uhr
Mut, Mathenia, Matchglück: Das ist für den FCN wichtig

© Sportfoto Zink / JüRa

“Man erkennt, dass der Verein Innenleben hat, richtig pulsiert.“ Nicht nur Michael Köllner, dem ab und zu gerne auch pulsierendem Club-Coach, war der öffentlich zur Schau getragene Zwist der Aufsichtsräte bei der Jahreshauptversammlung des FCN aufgefallen. Musste er ja auch, weil er am Mittwoch allen Besuchern der Meistersingerhalle auffiel und bei der vollumfänglich harmonisch erwarteten Veranstaltung für reichlich Irritationen sorgte. Dass der Club pulsiert, sehe man eben "auch in seinen Ausschlägen", vervollständigte Nürnbergs ranghöchster Oberpfälzer seine wohlmeinende Wertung dieser Posse. Auch Fußballspiele sollten am Ende ja so sein: reizvoll, durchsetzt mit Reizpunkten und reich an "Tempo, Dynamik und Aufregern", wie Köllner vor dem Hoffenheim-Spiel den Bogen schloss. 

Für Aufreger hatte der Club sportlich vor der Länderspielpause auch gesorgt, anregend waren diese in den letzten Auswärtsspielen freilich nicht. Der in diesen Partien komplett irrlichternde Aufsteiger kassierte in Dortmund (0:7) und Leipzig (0:6) Monster-Klatschen, war gegen die dort ansässigen Europapokal-Teilnehmer heillos überfordert. Und heute? Da begegnet ihm mit der TSG Hoffenheim das nächste international tätige Team, das wie der BVB und die Roten Bullen im Offensivbereich mit mächtig Tempo und Dynamik aufwartet. Und eine Mannschaft, die dank der generösen Unterstützung von Kraichgau-Krösus Dietmar Hopp auch deutlich hochkarätigeres Personal hat als der Club. 

Michael Köllner weiß nicht nur darum, sondern auch um die wesentliche Voraussetzung, um gegen nur in der Tabelle hinter dem Altmeister stehende Gäste zu punkten: Es braucht wieder mehr Kompaktheit im Defensivverbund. Kompaktheit, die eigentlich zuletzt auch in Leipzig verordnet war, dem FCN in der Ferne gegen die Hochgeschwindigkeitsfußballer aus dem Pott und Sachsen aber völlig abging. 

Ewerton und die T-Frage 

Für ein bisschen mehr Kompaktheit könnte, auch wenn Geschlossenheit sich eigentlich nie individuell erklärt, im Abwehrzentrum der lange vermisste Ewerton sorgen. Der Brasilianer, der nach seinem Syndesmose-Anriss im Südtiroler Vorbereitungscamp Nürnbergs Vorzeigeclub nun schon über 80 Tage fehlt, hat den doppelten Härtetest vor der Kraftprobe mit den Kraichgauern bestanden. Gegen Bayernligist Vilzig spielte der mit seiner Ballbehandlung und Bierruhe im Abwehrzentrum so wichtige Brasilianer 45 Minuten durch. Auch einen Schlag auf die geschundene Synesmose durch den im Training wie so oft schonungslosen Lukas Jäger steckte Ewerton weg. 

Ob Fabian Bredlow im Tor indes Gelegenheit haben wird, zu zeigen, wie er die 13 Gegentore aus dem Debakel-Doppelpack auf gegnerischen Plätzen weggesteckt hat, ist derweil zu bezweifeln. Die Tendenz geht, auch wenn Köllner das am Donnerstag nicht bestätigen wollte, Richtung Christian Mathenia, der - netter statistischer Fakt - gegen die TSG in fünf Bundesliga-Partien bislang unbesiegt blieb und in drei dieser Partien keinen Gegentreffer hinnehmen musste. Ob der ehemalige Hamburger am Samstag wirklich zwischen den Club-Pfosten steht, wird sich zeigen. Vorzeigbar - auch das dient als Mutmacher - ist allemal die Bilanz, welche der FCN in der bisherigen Bundesliga-Saison zu Hause aufweist. Ein ohne Mathenia herausgearbeiter Leistungsnachweis, der im eklatanten Gegensatz zu den Selbstaufgaben der jüngeren Vergangenheit auf fremden Feldern steht. Nur ein Gegentor kassierte der Club bislang in seiner Heimfestung. Dank eines starken Keepers. Dank Kompaktheit, Glück und der Anfeuerung der eigenen Anhänger. Wenig verwunderlich, dass Michael Köllner vor dem Spiel gegen die TSG die "Kraft des Stadions" beschwört. Eine Kraft, die gegen Mainz, Hannover und zuletzt Düsseldorf Kräfte freisetzte beim FCN und den Club-Coach zur Annahme veranlasst, dass man auch heute eine Chance habe, "Hoffenheim in die Knie zu zwingen". 

Was Kiyo kann, kann Drmic auch  

Bilanz: Noch sind es insgesamt nur zehn Aufeinandertreffen in Deutschlands Eliteklasse, welche in Nürnberg beziehungsweise in Sinsheim, der Heimstätte der SAP-Sportler, notiert wurden. Auch wenn der Champions-League-Teilnehmer von der A6 dabei viermal und somit einmal öfter als der Club die Oberhand behielt, waren die Rot-Schwarzen in den letzten beiden Heimspielen gegen Hoffenheim auf der Überholspur. Beim unterhaltsamen 4:2 im November 2012 eröffnete und beschloss Hiroshi Kiyotake den Torreigen. Beim 4:0 im Januar 2014, dem wohlgemerkt ersten Club-Sieg der entsprechenden Saison am 18. Spieltag, wirkte Josip Drmic als Doppelpacker. 

Prognose: Die TSG, die im Bundesliga-Tableu einen Platz und Punkt hinter den Rot-Schwarzen rangiert, ist Favorit. Dass sie sogar in der Champions League mithalten können, haben die Kraichgauer bei der bitteren 1:2-Niederlage gegen ManCity bewiesen. Michael Köllner verweist auf den starken Aufbau aus einer Dreierkette heraus und warnt nicht umsonst von den ballsicheren, spielstarken und deshalb auch teuren Akteuren der Gäste, die “in vorderster Linie und über den Streifen“ wie Nationalspieler Nico Schulz unglaubliche Laufstärke und Tempo entwickeln können.

Kein Busparkplatz im Stadion 

Doch auch der Club wird vom gegnerischen Coach gewertschätzt: Julian Nagelsmann mag es, wie der FCN “versucht, Fußball zu spielen. Sie sind nicht der Topklub der Liga und trotzdem probieren sie es“, lobt der Erfolgstrainer der TSG. Er geht ensprechend davon aus, dass “der Club keinen Bus vor dem eigenen Tor parken wird“, rechnet aber damit, dass Nürnberg stabiler stehen möchte als in Dortmund und Leipzig. Wohl wahr! Verbindet man dies damit, dass die Nagelsmänner aufgrund ihrer mutigen Spielanlage in dieser Saison zusammen mit Hannover und Mainz die bislang meisten Großchancen zugelassen haben, darf man gegen Hoffenheim vielleicht berechtigterweise auf den nächsten Club-Sieg hoffen. Und auf ein kraftvoll pulsierendes Stadion.

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