Nüssing gegen Fürth: Als im Derby die Raketen flogen

19.3.2021, 21:07 Uhr
Nüssing gegen Fürth: Als im Derby die Raketen flogen

© Hans Kammler

"Flanke von links, ich hab das Ding als Flugkopfball reingehauen." Dieter Nüssing bebildert seinen ersten Derby-Erfolg mühelos aus dem Kopf. "Ich kann mich an jedes Tor erinnern", ergänzt der heute 71-Jährige. Folglich auch an den Treffer, mit dem er im September 1969 einen Heimsieg des FCN Mitte des ersten Durchgangs auf den Weg bringt. Im Vorjahr noch Meister, zwischenzeitlich aber in die zweitklassige Regionalliga Süd abgestürzt, haben sich die Hausherren bereits zuvor ein eklatantes Chancenplus erarbeitet.

Wuchtig und drin

Peter Löwer - ein "Super-Torwart", wie sich Nuss im Gespräch mit nordbayern.de vor einigen Jahren erinnert - vereitelt jedoch auch die besten Nürnberger Torgelegenheiten. Da nur der gewohnt umtriebige Nüssing, der den Ball nach einer Müller-Flanke entschlossen in die Maschen wuchtet, Fürths Schlussmann das Nachsehen gibt, hat das 1:0 auch bei Abpfiff Bestand.

Auch in der Folge prallen Nürnberg und Fürth - und damit auch Nüssing und Löwer - in diesem prestigeträchtigen Lokalvergleich im Unterhaus aufeinander. Als ebenso spektakuläre wie bizarre Veranstaltung hat der damalige Club-Kapitän, der sich in der ersten Hälfte der 70er Jahre beim Zweitligisten wider Willen als unermüdlicher Antreiber und Torschütze betätigt, das Kräftemessen aus dem Januar 1973 in Erinnerung.

"Wir waren gnadenlos schlecht, lagen zur Pause 0:4 zurück. Nach einer Kabinenpredigt von Tschik Cajkovski haben wir dann aber das Heft in die Hand genommen", erinnert sich Nüssing. Ein zuvor desolater FCN bestürmt nun wild entschlossen den Kasten der Hausherren. Nuss selbst übernimmt bei einem Strafstoß Verantwortung. Nürnbergs etatmäßiger Elfmeterschütze Dani Petrovic war bereits im ersten Durchgang am glänzend parierenden Löwer gescheitert. Der Mittelfeld-Rackerer macht es besser - 1:4.

Anhänger stürmen den Ronhof-Rasen

Nachdem Rudi Sturz auf 2:4 verkürzt hatte, schien das Spiel wieder offen. Doch unmittelbar nach dem zweiten Club-Treffer trat der sportliche Wettstreit in den Hintergrund. Raketen schlugen auf dem Platz ein, Anhänger stürmten aufs Feld. "Wir haben geglaubt, wir packen das noch. Daher haben wir versucht, das wieder in geordnete Bahnen zu leiten", berichtet Nüssing.

Dem Augsburger Schiedsrichter Karl Riegg wurde das turbulente Treiben aber zu bunt. Ein Pfiff, und das 209. Frankenderby, das als Skandalspiel in die Fußball-Historie eingehen sollte und mit 2:0 für das Kleeblatt gewertet wurde, war Geschichte.

Nüssing, Nürnbergs Super-Spürnase und NLZ-Papa, erklärt zwar, dass der Club zu seiner aktiven Zeit selten gegen die Spielvereinigung verloren habe. An eine besonders schmerzliche Niederlage kann sich der Mann, der dreimal mit dem FCN am Aufstieg in die Bundesliga vorbeischrammte (1971, 1974 und 1976), dennoch gut erinnern. Als sich die Stadtrivalen in der Saison 1974/75 im Ronhof begegneten, siegte das Kleeblatt auch deshalb 3:2, weil der Schiedsrichter auf Anraten seines Assistenten Nüssings Treffer fälschlicherweise die Anerkennung verweigerte.

"Das war kein Abseits"

"Hofmeister, ein Glatzkopf aus Plattling", hat Nürnbergs Leistungsträger den Namen des Mannes noch im Kopf, der kurz vor Spielende mit seiner Fahne wild Abseits signalisiert hatte. "Das war kein Abseits und konnte nie Abseits gewesen sein", erregt sich Nüssing noch heute. Besonders, weil das "ein herrlicher Flugkopfball war. Das schönste Tor, das ich überhaupt je erzielt habe."

+++ Derby als Chance: Der FCN will sich mit seinen Fans versöhnen +++

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