Personaldiskussion beim Club? Palikuca: "Ich hinterfrage mich ständig"

Fadi Keblawi

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23.6.2020, 06:00 Uhr

Am Sonntagabend gab es wieder einmal Gesprächsbedarf im Sportpark am Valznerweiher. Eine Abordnung Fans hatte sich – unter Einhaltung der Abstandsregelungen – dorthin begeben, um mal nachzufragen, wie das denn sein könne, dass eine Mannschaft, die in die Saison gestartet war, um der 2. Fußball-Bundesliga ein Aufstiegsanwärter zu sein, am vorletzten Spieltag 0:6 gegen den VfB Stuttgart verliert und nun als sehr realistischer Anwärter auf die Abstiegs-Relegation gilt.

Es sind Fragen, auf die derzeit viele Menschen Antworten suchen, und man kann natürlich auch bei Robert Palikuca nachfragen, dem Sportvorstand, der diese Mannschaft komponiert hat. Palikuca antwortet auch, allerdings nur in schriftlicher Form. Für ein Telefonat fehlt ihm die Zeit.


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"Wir haben uns dem Gespräch gestellt", schreibt also Palikuca über das sonntägliche Treffen, "das gehört auch dazu." Ob die Fans mit dem Treffen dann so glücklich waren, weiß man nicht, sehr viel klüger kann sie die Unterredung nicht gemacht haben, wenn dort alles so ähnlich klang wie Palikuca am Tag danach.

Palikuca: "Wir haben es in der eigenen Hand"

"Dafür gibt es keine Erklärung. Und auch keine Entschuldigungen für den Auftritt. Wir sind alle maßlos enttäuscht", schreibt Palikuca nämlich über das 0:6. Immerhin: "Trotzdem haben wir es in der eigenen Hand, am Ende die Klasse halten zu können. Darauf und nur darauf liegt unser Fokus."

Ein Sieg in Kiel am Sonntag würde tatsächlich die größten Sorgen des Clubs erst einmal beseitigen. Zwar war Palikuca angetreten, um den 1. FC Nürnberg möglichst bald wieder zu einem Erstligisten zu machen, aber im Moment wären alle glücklich, in der kommenden Spielzeit nicht als Drittligist durchs Land fahren zu müssen. Wie es so weit kommen konnte, mag Palikuca jetzt noch nicht beantworten. "Über eine Saisonanalyse können wir uns nach dem letzten Spiel unterhalten. Aktuell liegt der Fokus auf dem Spiel bei Holstein Kiel", schreibt er.

Palikuca ist seit Beginn seiner Arbeit am Valznerweiher berühmt geworden für seine gerne knapp gehaltenen Antworten, jetzt wird alles noch ein wenig knapper. Das liegt natürlich daran, dass in und um den Verein längst die Diskussion geführt wird, ob das so eine kluge Idee war, Palikuca die Planungen für diese Saison zu überlassen. Solche Diskussionen gibt es an jedem Fußball-Standort, worüber man sich als Sportvorstand gerne beklagen kann. Allerdings sind die Sportvorstands-Argumente nicht die, die am meisten gehört werden nach einem krachenden 0:6 im eigenen Stadion und Platz 15 einen Spieltag vor dem Ende der regulären Spielzeit.

FCN-Sportvorstand hinterfragt sich ständig

Palikuca kennt diese Diskussion, und er führt sie offenbar auch mit sich selbst. "Ich hinterfrage mich ständig. Mache mir dauerhaft meine Gedanken. Vor der Saison wurden wir für die Zusammenstellung dieser Mannschaft von zig Seiten beglückwünscht. Fakt ist aber auch, dass wir nach dem 33. Spieltag auf Rang 15 stehen und Fußball eine Ergebnissport ist. Zu einer Analyse gehört auch mein persönliches Handeln. Aber auch dazu erst nach Saisonende mehr", schreibt er.

Dass ihn die Kritik an seiner Person irgendwann zum freiwilligen Rücktritt bewegt, glaubt Palikuca nicht. "Ich stehe hier in der Verantwortung und dieser Verantwortung stelle ich mich. Ich bin nicht der Typ, der wegläuft, wenn es schwierig wird", schreibt Palikuca. Das stimmt sogar, weil im gegenteiligen Fall hätte er weglaufen müssen, als es begann, schwierig zu werden, und diesen Beginn kann man ungefähr auf den zweiten Spieltag datieren.


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Weggeschickt hat er stattdessen aber schon einmal einen, als es schwierig wurde. Mit Damir Canadi hat Palikuca in seiner Premierensaison schon einen Trainer entlassen müssen. Ein zweites Mal will er das nicht machen, weil unter jeder Trainerentlassung auch die Glaubwürdigkeit des Sportvorstandes leidet. Also bleibt Jens Keller in verantwortlicher Person – bis zum Spiel bei Holstein Kiel und bei erfolgreich absolvierter Übung auch darüber hinaus.

1. FC Nürnberg hat einen Plan für die kommende Saison

"Jens hat hier einen Vertrag für die 2. Liga über das Saisonende hinaus", schreibt Palikuca und erklärt dann noch die Vorzüge Kellers, der die Ergebnisse dummerweise nicht als einen Vorzug für sich verbuchen kann. Es müssen also andere Qualitäten her. "Jens ist ein ehrlicher Arbeiter, der die Mannschaft komplett hinter sich hat. Er hat es immer wieder geschafft, dass die Mannschaft funktioniert, wenn die Drucksituation am größten war. Wie im Heimspiel gegen Dresden oder auch in Wiesbaden", schreibt dazu Palikuca. Einen Plan für die kommende Saison, das schreibt Palikuca auch noch, haben sie ebenfalls schon. Der wird aber noch nicht verraten.

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