"Pro Club 2020" will den FCN neu aufstellen

18.9.2014, 20:00 Uhr
Was ist das Beste für den Club? Hanns-Thomas Schamel (rechts, mit Fußball-Abteilungsleiter Wolfgang Wolf) hat einige Ideen.

© fcn Was ist das Beste für den Club? Hanns-Thomas Schamel (rechts, mit Fußball-Abteilungsleiter Wolfgang Wolf) hat einige Ideen.

Fragt man Hanns-Thomas Schamel nach Martin Bader, hört man - auch - anerkennende Worte. Bader habe "den Club nach vorn gebracht", die Zusammenarbeit sei lange Zeit "hervorragend" gewesen. Man hört aber auch diesen Satz. Er wisse nicht, sagt Schamel, warum „der liebe Martin Bader auf halbem Wege einknickt“.

Das, sagt Schamel, sei aber noch nicht einmal die entscheidende Frage. Er sei auch "nicht Opposition" gegen Sportvorstand Bader und Finanzvorstand Ralf Woy, sondern wolle „für den Club“ stehen; "Anti-Einstellungen", formuliert es Schamel, "mag ich nicht".

Der 60 Jahre alte Meerrettich-Unternehmer aus Baiersdorf gehörte bis Ende August dem Aufsichtsrat des 1. FC Nürnberg an, ehe er zurücktrat - nachdem sein Vorstoß, die beiden Vorstände zu entlassen, von der großen Mehrheit des Gremiums abgelehnt worden war. In elf Tagen werden fünf der neun Posten im Aufsichtsrat per Mitgliederwahl neu besetzt, Schamel gehört zu den 17 Kandidaten, bewerben will er sich mit einem Programm, das „Pro Club 2020“ heißt und am Wahlabend der Mitgliederversammlung vorgestellt werden soll.

"Wie die zehn Gebote"

Mit anderen Aufsichtsrats-Kandidaten“, sagt Schamel, habe er darüber gesprochen, "viele unterstützen mein Programm", glaubt Schamel, weshalb er für den 30. September auf "eine Mehrheit" setzt, „die Vertrauen in den Club schafft, bei Fans, Sponsoren und Top-Firmen“. Aus seinen persönlichen Ambitionen macht Schamel kein Geheimnis, er strebe den Vorsitz im Aufsichtsrat an („Das ist mein Ziel“), und für den Fall seiner Wahl verspricht er „gute Leute, die den Vorstand sinnvoll ergänzen oder ersetzen können“ - falls, so Schamel, eine Zusammenarbeit mit den Vorständen Bader und Woy nicht möglich sei.

Davon wäre natürlich auszugehen; warum Schamel trotzdem nicht ausdrücklich von einer Opposition reden will, begründet er mit dem sogenannten Leitbild des 1. FC Nürnberg. Er hat es selbst mitgestaltet, man kann es auf der Internetseite des Vereins nachlesen, es geht - in sieben Punkten - um Führungs-, Spiel-, Finanz-, Mythen- oder auch Sozialkultur.

Ein „wertvolles Erbe“, heißt es zum Beispiel, sei „durch professionelle Führung, sportliche Erfolge sowie vereins- und markenstärkende Maßnahmen zu bewahren und weiterzuentwickeln“, „junge Nachwuchstalente“ erhielten „die Chance, gute und berühmte Fußballer zu werden“, ferner sei „unsere Spielkultur vom Verein langfristig vorgegeben“. Wie man darüber die praktische Arbeit eines Vorstands bewertet, ist natürlich Auslegungssache, und dem Unternehmer Schamel geht es dabei gar nicht bloß um reine Zahlen, weder um aktuelle wirtschaftliche Resultate noch um Punkte und Tore. In seiner gelebten Leidenschaft für den Fußball schreckt Schamel selbst vor etwas kühnen Vergleichen nicht zurück, „wie die zehn Gebote“, sagt Schamel, sei das Leitbild zu verstehen, „das muss ich leben“.

Über diese Lebensart sind beträchliche Differenzen zwischen dem Vorstand und Schamel gewachsen. Er „zaubere jetzt ja nichts aus dem Hut“, sagt Schamel, sondern sei lediglich der Meinung, dass sich der Vorstand zu weit vom gemeinsam entworfenen Leitbild entfernt habe; er nennt die Punkte Marketing („zu abwartend“) und Spielidee, speziell im Blick auf die diesbezügliche Ausrichtung der Nachwuchsarbeit: „Da ist nichts passiert, obwohl ich es mehrfach angemahnt habe.“ Auch die vom Aufsichtsrat entwickelte Idee, mit Wolfgang Wolf einen Fußball-Abteilungsleiter zu installieren, der den sportlichen Betrieb als Vorgesetzter sämtlicher Trainer auf einheitliche Strukturen hin ordnet, sei, meint Schamel, nur unvollständig umgesetzt worden.

Das sei kein Vorwurf an den „sehr integren Herrn Wolf“, aber laut Schamel ein Beleg für ein insgesamt zu unkoordiniertes Miteinander beim Neuaufbau nach dem Abstieg. Den Vorständen, findet Schamel, gehe es primär um den Verbleib auf ihren Posten, aber auch im Aufsichtsrat habe man sich zuletzt nicht mehr geschlossen am Leitbild orientiert, auch das sei ein Grund für seinen Rücktritt gewesen. Der Verein, findet Schamel, leide damit insgesamt unter einem Mangel an Glaubwürdigkeit, „für eine Markenführung“ sei „Vertrauen die wichtigste Voraussetzung“.

Marke oder Verein?

Martin Bader sagt, man habe „offenbar andere Vorstellungen davon, wie ein Verein im Zusammenwirken zwischen Aufsichtsrat und Vorstand zu führen ist“, Schamels Programm fasst er so auf: „Dann ist der Club eine Marke statt ein Verein, es gibt Events statt Fußballspiele und Klatschpappen statt Choreographien.“ Dass es Schamel um einen zweiten Anlauf, den Vorstand abzulösen, gehe, „muss ich ja annehmen“, sagt Bader unter Verweis auf eine Äußerung des Unternehmers gegenüber der Süddeutschen Zeitung; es fehle ihm „der Glaube“ an ein Miteinander, hatte Schamel da gesagt. „Dann muss ich sagen: Der fehlt mir umgekehrt auch“, sagt Bader.

Namen potenzieller Mitstreiter will Schamel nicht nennen - mit einer Ausnahme, Günther Koch, sagt er, sei „ein Mann, dem es um die Weiterentwicklung des Clubs auf allen Ebenen“ gehe. Koch war der einzige Aufsichtsrat, der Schamels Antrag auf Beurlaubung der Vorstände unterstützte, für „Pro Club 2020“ setzt Schamel nun auf den ehemaligen Radioreporter.

"Nicht das Beginnen wird belohnt, sondern einzig das Durchhalten“, zitiert Schamel eine berühmte streitbare Dame. Die ist allerdings nicht wählbar – es handelt sich um die Heilige Katharina von Siena.

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