Smarte Zugänge! Ice-Tigers-Trio steht in der Pflicht

Sebastian Böhm

Sportredaktion

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8.12.2020, 08:38 Uhr
Dank Steven Reinprecht hat Tyson McLellan einen Informationsvorsprung vor Eric Cornel.

© Sportfoto Zink / Thomas Hahn, Sportfoto Zink / ThHa Dank Steven Reinprecht hat Tyson McLellan einen Informationsvorsprung vor Eric Cornel.

Hochseilgärten haben geschlossen. Der jährliche Ausflug nach Südtirol wurde bereits vor langer Zeit abgesagt. Und so ein Kabinenfest macht hinter Masken auch keinen Spaß. Team-Building muss bei den Ice Tigers in diesem Dezember hinter der Bandentür stattfinden, so schnell, wie es irgendwie möglich ist. Also fahren Oliver Mebus und Tim Bender, beide noch lang keine 30 Jahre alt, in Nürnberg aber längst routiniert, vor und nach dem offiziellen Beginn des Trainings lächelnd und scherzend über das Eis, immer auf der Suche nach einem jungen Neuzugang, dem sie das Gefühl geben können, dass er angekommen ist, dass er sich hier wohlfühlen kann, dass er sein Potenzial abrufen kann – und vielleicht noch ein bisschen mehr.

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Dabei ist es nicht ihr Ziel, dass die vielen Neuzugänge nach dem Training sagen, wie gut sie in Nürnberg aufgenommen worden sind. Tyson McLellan sagt trotzdem den Satz, den sie in diesen Tagen alle sagen in Iserlohn, Ingolstadt und überall dort, wo sie versuchen, bis zum Saisonstart am 17. Dezember zu einer Mannschaft zusammenzuwachsen. „A good group of guys“, hat McLellan vorgefunden. Nur ist in Nürnberg die Herausforderung vielleicht noch ein wenig größer. Denn unter diesen „guten Jungs“ müssen McLellan und die zwei anderen jungen Neuzugänge aus Nordamerika schnell prominente Rollen einnehmen.

Auf dem Papier sollen McLellan, Eric Cornel und Brett Pollock (alle 24 Jahre jung) die routinierten Brandon Buck (32), Philippe Dupuis (35) und Will Acton (33) ersetzen. Auf dem Eis wird das unmöglich sein. Obwohl Acton die Erwartungen nie erfüllen konnte und Buck nicht immer und Dupuis zuletzt selten zu seiner Form fand, kann niemand ernsthaft erwarten, dass die drei Europa-Neulinge ähnlich dominant auftreten wie die DEL-Veteranen. Frank Fischöder erwartet das auch nicht, trotzdem hat er sich sehr bewusst für diese drei Spieler entschieden.

Nicht groß, aber schnell und smart

Natürlich verdienen McLellan, Cornel und Pollock nicht nur wegen der Corona-Abzüge sehr viel weniger als Buck, Dupuis und Acton. Und natürlich ist es den Ice Tigers nicht nur nicht mehr möglich, einen Spieler wie Acton bei einem anderen Klub aus dem Vertrag rauszukaufen, sie wollen es auch nicht mehr. Aber natürlich werden auf dem Spielermarkt in diesen Wochen auch erfahrene Stürmer zu verlockenden Konditionen angeboten; Spieler, die aber vielleicht nur drei Monate für die Ice Tigers gespielt hätten. McLellan, Cornel und Pollock hingegen sind gekommen um zu wachsen – mit den Ice Tigers.

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Bei Tyson McLellan mag das etwas seltsam klingen, im Training fällt der Mittelstürmer schließlich sofort auf – weil er sehr viel kleiner ist als alle seine Kollegen. Und wem das verborgen geblieben ist, dem erzählt es der 1,75 Meter große und 73 Kilogramm schwere Kanadier mit dem US-amerikanischen Pass freimütig: „Ich bin nicht besonders groß, aber ich bin ein sehr guter Schlittschuhläufer und ein smarter Eishockeyspieler. Auf der großen Eisfläche wird sich das zeigen.“ Neben seinem sicherlich nicht unterentwickelten Selbstbewusstsein hat McLellan noch einen großen Vorteil.

Wie einst Dana Johnson

McLellan wechselt direkt von der Universität nach Europa. In den 70er- und 80er-Jahren war das normal, auch in Nürnberg. Junge Spieler wie Dana Johnson kamen damals mit einem College-Abschluss im Koffer und dem Vorhaben, die Welt zu sehen. McLellan kommt, um als Profi Verantwortung zu übernehmen – und weil es ihm Steven Reinprecht empfohlen hat. Nachdem der Kanadier in Nürnberg seine große Karriere als Spieler beendet hatte, begann er an der University of Colorado seine Karriere als Trainer. Als sogenannter Skills Coach arbeitete er intensiv mit einem Mittelstürmer namens Tyson McLellan. „Er ist eine Legende, hier und in Denver", sagt der. "Und er hat mich vorangebracht.“ Vor allem hat er ihm dabei vorgeschwärmt von der Stadt, von den Fans und von der Organisation.

Sein neuer Trainer weiß, dass Eric Cornel Tore schießen kann, jetzt muss sich der Mittelstürmer nur noch daran erinnern.

Sein neuer Trainer weiß, dass Eric Cornel Tore schießen kann, jetzt muss sich der Mittelstürmer nur noch daran erinnern. © Sportfoto Zink / Thomas Hahn, Sportfoto Zink / ThHa

Eric Cornel und Brett Pollock beginnen hingegen mit einem Informationsrückstand. Ihr Ansprechpartner war Frank Fischöder. Den Außenstürmer Pollock hat er der neue Cheftrainer gefragt, ob er nach seinem letzten erfolgreichen Jahr in der Juniorenliga das Tore-Schießen verlernt habe. Offenbar hat er die richtige Antwort gegeben. Den Mittelstürmer Cornel nennt Fischöder sogar „hochbegabt“, trotzdem hat er in der American Hockey League nicht so nachhaltig auf sich aufmerksam machen können, um es in die National Hockey League zu schaffen. In Nürnberg wird sich nun zeigen, ob das an ihm lag oder am Mangel an Gelegenheiten. „Beide können Tore schießen. Und beide sind noch nicht so alt, dass sie dieses Gefühl vergessen haben. In Nordamerika sind sie durchs Sieb gefallen, aber wenn sie das Spiel lieben, können sie es in Europa noch zehn Jahre auf hohem Niveau spielen.“

Fischöder sagt aber auch, dass er erfahrene Spieler braucht, um McLellan, Cornel und Pollock anzuleiten. Spieler wie Patrick Reimer, den Kapitän, oder Luke Adam, den namhaften Zugang, den sie sich dann doch geleistet haben. Reimer und Adam steigen aber frühestens am Mittwoch ins Training ein. Corona. Die Zeit wird knapp.

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