Eigengewächs präsentiert sich stark

Küsschen für die Mama: Timothy Tillman über sein erstes Bundesligator

Michael Fischer

Nürnberger Nachrichten

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29.11.2021, 10:00 Uhr
Liebevoller Gruß auf die Haupttribüne: Sein erstes Tor in der Bundesliga widmete Timothy Tillman am Samstagnachmittag seiner Mutter.

© Markus Ludwig/SpVgg Greuther Fürth Liebevoller Gruß auf die Haupttribüne: Sein erstes Tor in der Bundesliga widmete Timothy Tillman am Samstagnachmittag seiner Mutter.

Im vielleicht schönsten Moment seiner Karriere dachte Timothy Tillman an seine Mama. Der 22-Jährige hatte gerade eben den Ronhof wieder zum Leben erweckt, da blickte er von der Eckfahne nach oben auf die Haupttribüne. Als er seine Mutter erspäht hatte, schickt er ihr einen Kuss – und strahlte dabei wie der glücklichste Mensch auf Erden. Der Stolz nach dem ersten Bundesligator des 22-Jährigen war groß – auf und neben dem Platz.

Denn es war ja nicht irgendein Tor, es war auch nicht irgendein Spiel. Nach guten Leistungen musste Timothy Tillman zuletzt oft von der Bank aus mitansehen, wie seine Kollegen Fußballspiele verloren. In Gladbach wurde er zur Halbzeit für den schwachen Julian Green eingewechselt, am Samstag gegen Hoffenheim durfte er nun auf dessen Position im offensiven Mittelfeld starten.
Dabei offenbarte er sich wieder als einer der wenigen Lichtblicke in einer ansonsten sehr düsteren Saison aus Fürther Sicht.

Vor dem 1:0 von Jamie Leweling eroberte er den Ball in der Hoffenheimer Hälfte und legte nach links auf Branimir Hrgota, der Jamie Leweling den Ball sehr gut servierte. Und als die Menschen im Ronhof gegen 16.30 Uhr gerade dachten, dass trotz einer Führung ihrer Mannschaft am Ende wieder alles werden würde wie immer, da erinnerte sie Timothy Tillman daran, dass man niemals aufgeben sollte.

Zur Pause lag das Kleeblatt mit 1:2 hinten, "wir haben uns zur Halbzeit vorgenommen, weiter Gas zu geben und dran zu glauben", sagte Tillman später, "das hat ja auch gut geklappt mit dem zwischenzeitlichen 2:2". Dann redete er weiter über den nächsten ernüchternden Nachmittag, über vier Gegentore und das traurige Leben als Fürther Fußballspieler.

Was Timothy Tillman, der ein sehr bodenständiger und reflektierter Mensch ist, nicht sagte: Dieses 2:2 war zu 95 Prozent sein Verdienst. Knapp zehn Sekunden nach Wiederanpfiff eroberte er abermals den Ball im Mittelfeld, lief ein paar Meter und spielte wieder nach links auf Hrgota. Der Kapitän hätte schießen können, sah aber, dass Tillman perfekt eingelaufen war und legte den Ball wieder nach innen. Die Hereingabe schoss das Eigengewächs technisch stark unter die Latte: 2:2. 20 Sekunden nach Wiederanpfiff.

Es folgte ein ausgelassener Jubel – und das Küsschen für Mama. Es sollte der schönste Moment des Samstagnachmittags bleiben, denn nach 93 Minuten stand ein 3:6 auf der Anzeigetafel. Über sein Premierentor und ein sehr starkes Spiel konnte sich Timothy Tillman deshalb nicht so recht freuen, "es geht immer zuerst um die Mannschaft", sagte er. "Ich freue mich natürlich, aber ich hätte mich mehr für die Mannschaft gefreut, wenn wir gepunktet hätten."

"Ich entscheide, was ich mache"

Das haben sie zum zwölften Mal im 13. Spiel nicht gemacht. "Jeder Mensch strebt nach Erfolgserlebnissen, nicht nur wir Fußballer", sagte Tillman, "das tut natürlich extrem weh." Noch schlimmer aber sei das Mitleid, das mancher inzwischen mit ihm und seinen Fürthern empfindet. "Du merkst, dass Du es kannst, es aber einfach nicht klappt", so Tillman. "Es ist eine harte Zeit für uns alle, aber es gilt nach vorne zu schauen und weiter Gas zu geben. Dann werden wir sehen, wohin uns das noch trägt."

Immer weiter. Trotz aller Hindernisse auf dem gemeinsamen Weg, trotz aller Rückschläge. Das war auch sein Motto, als er zuletzt trotz guter Leistungen wieder auf die Bank musste. "Für mich zählt, dass ich zu mir selbst sagen kann, dass ich alles gegeben und alles aus mir rausgeholt habe", sagte er. "Ich entscheide nicht, wer spielt. Ich entscheide, was ich mache. Das ist mein Motto, das mich von Tag zu Tag trägt."

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