Innenverteidiger kam vom HSV

Neustart mit Risiko: Gideon Jung kämpft sich beim Kleeblatt heran

29.7.2021, 16:12 Uhr
„Wichtig ist, klar zu bleiben und sich selbst zu stärken“: Gideon Jung hat beim HSV viel Kritik abbekommen, jetzt genießt er die Ruhe beim Kleeblatt.  

© Sportfoto Zink / Wolfgang Zink, Sportfoto Zink / Wolfgang Zink „Wichtig ist, klar zu bleiben und sich selbst zu stärken“: Gideon Jung hat beim HSV viel Kritik abbekommen, jetzt genießt er die Ruhe beim Kleeblatt.  

Im Sommer hat Gideon Jung etwas riskiert. Als Innenverteidiger ist er eigentlich dafür da, das Risiko vor dem eigenen Tor zu minimieren, doch nun war es an der Zeit, etwas zu wagen. Also hat er seinen eigentlich bis 2022 laufenden Vertrag beim Hamburger SV aufgelöst - ohne zu wissen, was danach kommt. Beim HSV, für den er sieben Jahre lang gespielt hatte, wollte Jung nicht bleiben und lieber zum "Start der Sommervorbereitung Klarheit haben", denn "das ist für den Kopf besser, man ist befreiter und kann sich auf seine neue Aufgabe fokussieren."

Diese neue Aufgabe hat er dann relativ schnell gefunden, neben zwei Angeboten aus der zweiten Liga wollte ihn das Kleeblatt unbedingt haben. Während seine ehemaligen Kollegen in Hamburg derzeit einen vierten Anlauf Richtung Bundesliga nehmen, hat sich das Risiko für den 26-Jährigen gelohnt - ab Mitte August wird er mit der Spielvereinigung in der Bundesliga spielen.

Es wird keine neue Erfahrung für Gideon Jung, für den HSV hat er bereits 78 Erstligaspiele bestritten. Nach dem Abstieg sollte er in Hamburg eines der Gesichter des Neuaufbaus werden, doch der Druck, die Last, so schnell wie möglich wieder ins Oberhaus zurückkehren zu müssen, lähmte die Mannschaft jedes Jahr wieder. Die Enttäuschung darüber war auch in den Kommentarspalten der sozialen Medien zu sehen. Nach seinem Wechsel nach Fürth wurde Jung beschimpft, es wirkte, als hätte das Kleeblatt gerade einen Spieler aus der Kreisliga verpflichtet.

Sündenbock für viele Hamburger

Wer sich Jungs Statistiken anschaut, kann da nur verwundert sein. Wenn er spielte, war das meist sehr ordentlich, in manchen Kategorien landet er bei den Innenverteidigern mit mindestens 17 Einsätzen sogar in den Top Ten. Im Schnitt hatte er beispielsweise pro Spiel 12,2 "gelungene Defensivaktionen" (Zweikämpfe, Tacklings, abgefangene Bälle, klärende Aktionen), ganz vorne liegt in dieser Statistik Heidenheims Patrick Mainka (14,2).

Mit zehn abgefangenen Bällen pro Spiel war er sogar der drittbeste Verteidiger der zweiten Liga, zudem gewann Jung mehr als 70 Prozent seiner Zweikämpfe in der Defensive - auch hier hat er sich beständig weiterentwickelt, in der Saison 2018/19 lag er noch bei 55 Prozent. Gideon Jung kennt all diese Zahlen, trotzdem war er für viele Fans der Sündenbock des dreimal gescheiterten HSV.

Er hat versucht, damit umzugehen und die mitunter bösen Kommentare nicht zu nah an sich heranzulassen, auch wenn das oft schwer fällt. "Man versucht, weniger zu lesen und sich zurückziehen, um sich auf das Wesentliche zu konzentrieren", sagt er, "wichtig ist, klar zu bleiben und sich selbst zu stärken." Deshalb hat er sich an seinen eigenen Leistungen hochgezogen, der Trainer hat ihn ja auch immer wieder aufgestellt. "Daran muss man sich festhalten", sagt Jung, "und dann mit Leistung vorangehen."

Beim Kleeblatt hat er in Stefan Leitl jetzt einen Trainer, der viel von ihm hält. In Fürth fühlt sich Gideon Jung nicht nur deshalb sehr wohl, er genießt die Ruhe und die positive Stimmung in der Mannschaft. Wer ihn im Trainingslager in Österreich beobachtete, spürte, dass er mit jeder Einheit sicherer wurde und sich wieder mehr traute. Das ist seinem Trainer wichtig, denn im Fürther System soll Jung nicht nur den robusten Innenverteidiger geben, sondern auch mutig nach vorne spielen. Dass er gerne ins Risiko geht, hat er ja in diesem Sommer gezeigt.

Mitarbeit: Florian Zenger

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