Nach früher Roter Karte

Wie entfesselt: Kleeblatt schießt den SC Paderborn beim ersten Heimspiel 5:0 ab

Michael Fischer

Nürnberger Nachrichten

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30.7.2023, 15:22 Uhr
Zwei von sehr vielen glücklichen Fürthern: Torschütze Tim Lemperle und Simon Asta feiern das zwischenzeitliche 2:0.

© Sportfoto Zink / Wolfgang Zink, Sportfoto Zink / Wolfgang Zink Zwei von sehr vielen glücklichen Fürthern: Torschütze Tim Lemperle und Simon Asta feiern das zwischenzeitliche 2:0.

Die Frage, wie lange sich Euphorie konservieren lässt, stellte sich über den Sommer mancher in Fürth. Während und vor allem nach dem 4:0 gegen den SV Darmstadt feierten die Menschen im Ronhof ja Ende Mai ein kleines Fußballfest, mussten danach aber blöderweise ziemlich lange auf ihr Kleeblatt verzichten. Für 63 Tage ruhte der Ball im Ronhof, 63 Tage, in denen sich beim Kleeblatt doch einiges veränderte, in denen etablierte Spieler gingen und hoffnungsvolle kamen.

Am Sonntagnachmittag strömten die Fans, die meisten traditionell in Weiß gekleidet, wieder in ihr Wohnzimmer, eine leichte Begeisterung für die Spielvereinigung war vor dem ersten Spiel durchaus zu spüren - was vor allem an der in der Vorbereitung so starken Offensive lag. Die zeigte dann auch beim nächsten Fürther Fußballfest ihre Klasse. Nachdem die Defensive gegen früh dezimierte Gäste ebenfalls sehr sicher stand, schoss das Kleeblatt den SC Paderborn zum Saisonauftakt tatsächlich mit 5:0 (3:0) aus dem Stadion. Fünf. Zu. Null.

SpVgg Greuther Fürth mit vier Neuen in der Startelf

Nach sechs Wochen Vorbereitung inklusive sechs aufschlussreichen Testspielen wählte Trainer Alexander Zorniger eine erwartbare Startelf aus - und vertraute zum Auftakt vier Neuzugängen. Vor dem jungen Jonas Urbig im Tor verteidigte eine Dreierkette aus Maximilian Dietz (rechts), Gideon Jung und Luca Itter, die Rechtsverteidiger Simon Asta und Marco Meyerhöfer übernahmen die beiden Außenbahnen im 3-4-1-2, Robert Wagner und Julian Green das Mittelfeld. Branimir Hrgota sollte, wie gewohnt, von der Zehn aus die Offensive orchestrieren und die Angreifer Dennis Srbeny und Tim Lemperle in Szene setzen.

Paderborns Trainer Lukas Kwasniok bot derweil sogar fünf Sommerzugänge auf - darunter auch mit Max Kruse einen der vielen ehemaligen Bundesliga-Spieler, die der zweiten Liga in diesem Jahr noch ein bisschen mehr Glanz verleihen. Doch nach sechs Minuten tat sich mit Visar Musliu ein zweiter Neu-Paderborner negativ hervor. Der Innenverteidiger, der vom FC Ingolstadt zum SCP wechselte, trat Dennis Srbeny im Mittelfeld mit gestrecktem Bein aufs Sprunggelenk und sah dafür die Gelbe Karte. Doch während der Fürther Angreifer behandelt wurde, bekam Richard Hempel ein Signal aufs Ohr, schaute sich die Szene am Bildschirm nochmal an und schickte Musliu mit Rot vom Platz.

Srbeny, der beim Kleeblatt als torgefährlicher Anführer vorangehen sollte, konnte wegen des harten Foulspiels nicht mehr weitermachen und musste den Platz mit schmerzverzerrtem Gesicht von Physiotherapeut und Arzt gestützt verlassen. Für ihn kam Armindo Sieb, der das Spiel in der Folge sehr beleben sollte. Mit einem Mann mehr auf dem Feld wurden die Fürther noch mutiger - und bereiteten den Paderbornern mit ihrem hohen Pressing enorme Probleme. Die Gäste hingegen kamen nur noch einmal vor Urbigs Tor, Florent Muslija setzte einen Freistoß nach Foul von Dietz (der dafür früh Gelb sah) aber deutlich über die Latte (14.).

Auf der anderen Seite wurden die Fürther anfangs zwar noch nicht so recht gefährlich, mit jeder Minute aber erhöhten sie den Druck und erspielten sich dann auch die ersten Möglichkeiten. Lemperles Schuss wurde gerade noch im Fünfmeterraum geblockt (29.), Wagner versuchte es Sekunden später aus der Distanz - und dann hätte das Kleeblatt führen müssen. Nach einem schnellen Konter liefen Sieb und Hrgota dem Paderborner Tor entgegen, doch der junge Sieb spielte den Ball einem Paderborner in den Fuß. Nach einem kurzen Ooooh wurde es im Ronhof immer lauter.

Fürth schießt drei Tore innerhalb von zehn Minuten

Lemperle versuchte es erneut, verfehlte das Ziel aber knapp (32.), genauso wie Green zwei Minuten darauf. Dann aber entlud sich der unaufhörliche Druck - und die 10.547 Menschen im Ronhof schrien ihre Freude heraus. Nach einem Chipball aus der Abwehr legte Lemperle ab auf Sieb, der sich gegen mehrere Gegenspieler behauptete und in die Mitte zog, wo er genau im richtigen Moment den einlaufenden Hrgota fand, der Huth umkurvte und zum 1:0 einschob (35.). Nur drei Minuten später knallte ein wuchtiger Schuss von Sieb, minimal abgelenkt von Huths Fingerspitzen, an den Innenpfosten - doch dann wurde es im Stadion noch lauter. Viel lauter.

Julian Green blieb, trotz der Gegenwehr mehrerer Paderborner, im Sechzehner standhaft und flankte auf den freien Lemperle, der den Ball aus einem Meter über die Linie drückte (43.). Doch damit hatten die offensivfreudigen und sehr starken Fürther noch lange nicht genug. Als die dreiminütige Nachspielzeit schon fast abgelaufen war, spielte der auffällige Green einen perfekten Chipball auf Hrgota, der sogar noch auf 3:0 erhöhte (45.+3).

Der Ronhof tobte, die Menschen lagen sich überall auf den Rängen in den Armen - und verabschiedeten ihre Mannschaft mit lauten "Spitzenreiter"-Rufen in die Kabine. In der musste der schwache Neu-Paderborner Kruse dann auch, wie der ehemalige Sandhäuser David Kinsombi, bleiben. Von der Bank aus sah er ein zunächst weiter spielfreudiges Kleeblatt, das durch Meyerhöfer zur ersten Chance kam (47.). Dann aber probierten es auch die Gäste mal wieder, der Schuss des eingewechselten Sirlord Conteh ging aber über die Latte (48.).

Es sollte die einzige Möglichkeit bleiben, direkt danach übernahm wieder das Kleeblatt: Hrgota verpasste nach starkem Ballgewinn von Meyerhöfer den richtigen Moment fürs Abspiel und schloss nach einigen Dribblings selbst ab (54.), doch der Schuss war genauso wenig gefährlich wie der von Asta kurz darauf (57.). Nachdem auch Lemperle und Sieb mit ihren Versuchen nicht erfolgreich waren, nahm die Spielvereinigung das Tempo kurz mal raus, ließ den Ball und auch die Paderborner minutenlang laufen - bis Itter wieder aufs Gaspedal drückte, andribbelte und dann den freistehenden Sieb fand, der sich endlich für seinen guten Auftritt belohnte und zum 4:0 traf (65.).

Direkt danach hatte Lemperle nach einem starken Debüt im Fürther Trikot Feierabend, für ihn übernahm Lukas Petkov im Angriff. Weitere zehn Minuten später tauschte Zorniger noch dreimal und ermöglichte Hrgota, Dietz und Meyerhöfer einen früheren Feierabend. Direkt danach verzauberten die eingewechselten Kerim Calhanoglu und Damian Michalski (zudem kam Jomaine Consbruch) die Fans weiter: Der junge Außenverteidiger flankte nach einer kurzen Ecke auf Michalski, der den Ball zum 5:0 ins Netz köpfte (77.).

Danach plätscherte das Spiel seinem Ende entgegen, die Fürther verteidigten sehr souverän, die Paderborner waren bedient und hofften darauf, endlich erlöst zu werden. Das wurden sie dann auch um 15.21 Uhr. Der Ronhof feierte, die Menschen sangen und klatschten - und teilten der Welt dann nochmal mit, wie der 1. FC Nürnberg in Rostock gespielt hatte. Minutenlang schunkelten sie auf der Nordtribüne - und feierten dann ihre furios gestartete Mannschaft.

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