Trauer, Tragik, Tiefpunkt - Kiels 2:2 erschüttert den Club
15.12.2019, 17:34 UhrDieses Heimspiel des 1. FC Nürnberg gegen Holstein Kiel geizte nicht mit Szenen, die es verdient hätten, nach dem Schlusspfiff noch einmal ausführlich besprochen zu werden. Da war etwa das sehenswerte Freistoßtor von, nein, nicht Johannes Geis, sondern Asger Sörensen zum 1:0. Oder der Foulelfmeter für Kiel, nur drei Minuten später. Den Salih Özcan aber nicht verwandeln konnte, weil Felix Dornebusch die Ecke geahnt hatte. Schwelgen könnte man auch in Erinnerungen an das 2:0 durch Robin Hack, der den Ball aus zehn Metern kompromisslos in die Maschen des Kieler Kastens hämmerte.
Doch diese Szenen verlieren in der nüchternen Nachbetrachtung der Partie ihre Bedeutung. Weil Janni Serra in der 77. Minute nach einem sehenswerten Steilpass Club-Keeper Dornebusch gekonnt umkurvte und zum 2:1 einschoss. Vor allem aber, weil ausgerechnet Ex-Fürther Stefan Thesker ein Tor gelang, das den taumelnden fränkischen Traditionsverein bis ins Mark erschütterte. Die zarten Glücksgefühle, die sich auf den Rängen des Max-Morlock-Stadions auszubreiten begonnen hatten, verpufften in Bruchteilen von Sekunden - und wichen blankem Entsetzen.
Das brutalstmögliche Unentschieden
Es lief bereits die 93. Minute als der erfahrene Johannes van der Bergh auf der linken Außenbahn zur Flanke in den Strafraum der Gastgeber ansetzte. Die Hereingabe landete auf dem Kopf von Özcan, der - halb glücklich, halb gewollt - auf den im Zentrum des Strafraums lauernden Thesker verlängerte. Der köpfte den Ball über Dornebusch hinweg ins Tor. Schiedsrichter Timo Gerach pfiff die Partie danach nicht mehr an. In den finalen Sekunden hatte Kiel dem Club den Sieg geraubt - und wohl auch das letzte bisschen Glaube an sich selbst.
Heidenheim, Darmstadt, Erzgebirge Aue, Jahn Regensburg und jetzt auch noch Holstein Kiel. Das ist die Liste der Gegner, gegen die der Club bei weniger kuriosen Spielverläufen und einer besseren Abwehrleistung hätte gewinnen können - vielleicht sogar müssen. Es ist eine bemerkenswerte Häufung eigenwilliger Spiele, die sich durch die Saison des Traditionsvereins zieht. Dazu kommt das groteske Pech auf der Torhüterposition.
Fans zeigen Verständnis
Das alles kann man vor allem als Ausdruck eines Mangels an Glück interpretieren. Oder als eine unseelige Mischung aus Unvermögen, spielerischer Defizite und fehlender Zweitliga-Mentalität. Unabhängig davon, welche Erklärung man als schlüssiger betrachtet, hat sich die sportliche Talfahrt inzwischen tief in die Köpfe der Spieler eingegraben. "Das sind in dieser Saison sehr viele Nackenschläge", resümierte Kapitän Hanno Behrens nach dem Duell mit Kiel. Der Glaube daran, mal wieder ein Pflichtspiel gewinnen zu können, dürfte durch die Ereignisse am dritten Advent kaum größer geworden sein.
Die meisten Fans bewiesen nach dem Abpfiff ein Gespür für die Gemütsklage der Mannschaft - mangelnden Einsatz konnte man dem Team schließlich auch nicht vorwerfen. Statt lauter Pfiffe gab es diesmal warmen Applaus aus der Nordkurve. "Die Reaktion der Fans war ein gutes Zeichen, sie haben applaudiert. Jetzt haben wir noch ein Spiel, das wir versuchen müssen zu gewinnen", lobte Behrens. Die Mannschaft leidenschaftlich, die Fans verständnisvoll - so könnte es klappen mit einem Sieg im Heimspiel am Freitag gegen Schlusslicht Dynamo Dresden. Vielleicht.
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