Vertikal und schläfrig: Der FCN deutet sein Potenzial an
31.8.2019, 15:08 UhrUnd jetzt? Stolz? Frust? Oder vielleicht sogar: beides? Der 1. FC Nürnberg wäre nicht der 1. FC Nürnberg, würde er sich selbst, seine Spieler, Trainer, Verantwortliche, Fans und Sympathisanten nicht in schöner Regelmäßigkeit in ein verwirrendes Gefühlschaos schicken. So gesehen war das, was sich am Freitagabend im Max-Morlock-Stadion abgespielt hat, ein gutes Stück Nürnberger Fußball-Identität – ein schwacher Trost für Trainer Damir Canadi und seine Mannschaft, das war auch in den O-Tönen nach dem Spiel zu vernehmen.
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"Im Moment tut es sehr weh", versuchte Hanno Behrens seine Gefühle auszudrücken. Der in die Startformation zurückgekehrte Kapitän (44 Ballkontakte, 50 Prozent Zweikampfquote) hatte – genauso wie seine Teamkollegen – den zweiten Heimsieg in Folge fest im Blick. Doch dann schlug der Fußball zu. Binnen 115 Sekunden machten die Heidenheimer die "sehr gute Leistung" (Behrens) des FCN zunichte, am Ende stand ein nicht ganz leistungsgerechtes 2:2 (1:0). Und Stolz mischte sich mit Frust.
27 Torschüsse standen für den Club insgesamt zu Buche, 20 mehr als für den FCH. Allein Nürnbergs Offensivdirektor Nikola Dovedan (sechs Torschüsse) versuchte sich fast ebenso häufig an einem Treffer wie alle Gästeprofis gemeinsam. Interessant dabei: Das überaus deutliche Chancenplus erspielte sich die Canadi-Truppe trotz eines Defizits im Ballbesitz (44 Prozent). Ein Indiz für vertikalen Fußball, wie er beim ersten Tor gleichermaßen in Perfektion und Schlichtheit praktiziert wurde, als der abermals gefällige Sturmtank Frey (vier Torschüsse, drei Torschussvorlagen) einen weiten Mathenia-Schlag mit dem Kopf in den Lauf Dovedans verlängerte. Der Österreicher blieb cool und nickte seine Farben in Führung.
Der Club spielte über Frey, Dovedan und den erneut sehr agilen Hack gefälligen Kombinationsfußball, auch die zweite Reihe dahinter (Behrens und Geis) schaltete sich immer wieder offensiv ein. Zum ersten Mal bekam der Beobachter einen Eindruck vom Canadi-Stil, der Art und Weise, wie gut Nürnbergs Spiel in dieser Saison aussehen könnte.
Nach dem Traumtor von Geis zum zwischenzeitlichen 2:0 hätte nicht nur FCN-Verteidiger Sörensen (57 Ballkonktakte) "nicht gedacht, dass noch der Ausgleich fällt." Doch weil der Club zweimal bei Einwürfen von der rechten Heidenheimer Angriffsseite schlief, passierte eben genau das. Niklas Dorsch und Stefan Schimmer trafen mit ihrem jeweils einzigen Torschuss voll ins Schwarze und voll ins Nürnberger Herz.
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Verdient? Oder glücklich? Heidenheims Trainer Frank Schmidt denkt nicht in diesen Kategorien. "Ein Nürnberger Offizieller hat mich gerade damit konfrontiert, dass ich selber nicht weiß, wie wir zum Punkt gekommen sind", erklärte der 45-Jährige. "Entschuldigung, da muss ich lachen. Ein Fußballspiel ist vorbei, wenn es vorbei ist." Und wenn in Nürnberg das Gefühlschaos ausbricht.
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