Wichtig für den FCN: Hack erfindet sich neu

8.7.2020, 15:33 Uhr
Wichtig für den FCN: Hack erfindet sich neu

© Sportfoto Zink / Daniel Marr / Pool, Sportfoto Zink / Daniel Marr / Pool

Franken und vor allem Club-Fans sind – so behauptet man - schwer zu entzücken, besonders in einer ernüchternden Spielzeit wie dieser. Wenn es jedoch einen FCN-Akteur gab, der Hochgefühle bei den Anhängern auszulösen wusste, dann war das in dieser Saison zweifelsohne Robin Hack. In düsteren Zeiten war der dynamische 21-Jährige einer der wenigen Lichtblicke der Nürnberger. Durch seine Spielweise und seine individuelle Klasse ist er – wenn man das in der Mannschaftssportart Fußball so sagen kann – weniger auf seine Kollegen angewiesen. Seine Tempodribblings, seine Technik und sein Torabschluss ermöglichen es ihm, Aktionen selbst zu initiieren und zu vollenden. Die Tatsache, dass der selbstbewusste Hack um seine Fähigkeiten weiß, ist Fluch und Segen zugleich – und geht einher mit der Frage, wie viel Individualismus ein Team verträgt.

Druck? Tor beim Liga-Debüt, Hattrick im zweiten U21-Einsatz

In den vergangenen Monaten agierte der gebürtige Pforzheimer zu oft als eigensinniger Solist, suchte oftmals selbst eher den eigenen Abschluss als den besser postierten Kollegen. Im Relegations-Heimspiel gegen Ingolstadt bewies der überraschend auf der rechten Außenbahn auflaufende Offensiv-Spieler jedoch auch das Auge für die Mitspieler: In der 22. Spielminute erobert Erras den Ball im Mittelfeld, stochert ihn zum nahestehenden Hack, der den Ball aus der Luft mit dem ersten Kontakt und umzingelt von drei Gegnern auf engem Raum annimmt, und ihn direkt im Anschluss per Außenrist an Zrelak weitergibt. Nachdem das Spielgerät über Behrens erneut zum Mann mit der Nummer 17 kommt, stößt dieser mit wenigen Schritten an die gegnerische Sechszehnerkante vor und spielt anschließend quer auf den freistehenden Nürnberger, der viel Zeit und Raum hat, um präzise ins lange Eck abzuschließen – erfolgreich. Im zweiten Durchgang bringt Hack erneut sein Pendant auf dem linken Flügel in eine aussichtsreiche Abschlusssituation: In der 66. Minute nimmt Hack im Halbfeld einen hohen Pass – diesmal von Ishak - fein herunter, zieht sofort das Tempo an und damit an drei Schanzern vorbei durchs komplette Mittelfeld, ehe er auf den mitgelaufenen Nürnberger abgibt, dessen Abschluss vom Fünfereck jedoch nur den Außenpfosten trifft.

Dass mit Doppelpacker Nürnberger, dem engagierten Hack und dem wuchtigen Mavropanos gerade in dem wohl richtungsweisendsten Spiel der jüngeren Vereinshistorie drei Youngster den Weg zum Klassenerhalt ebnen, muss kein Zufall sein. Trainer Michael Wiesinger erklärte auf der Pressekonferenz nach dem 2:0-Heimsieg: "Auch die jungen Spieler machen sich viele Gedanken. Aber sie haben nicht diesen Rucksack, sind nicht vorbelastet, vielleicht haben sie auch mehr Spielfreude." Auf Hack trifft jene ursprünglich auf Nürnberger bezogene Antwort nur partiell zu. Der leichtfüßige Filigran-Techniker trägt gerne die Last des Rucksacks auf seinen schmächtigen Schultern - zum einen, weil seine herausragenden Fähigkeiten zwingend die Übernahme von Verantwortung erfordern, zum anderen, weil er den Druck braucht, um seine Bestleistungen abzurufen. Letzteres bestätigt auch ein Blick auf seine bisherigen Leistungsdaten: Bei seinem Bundesliga-Debüt für die TSG Hoffenheim erzielte der damals 19-Jährige nach 14 Minuten direkt seinen Premierentreffer gegen den SC Freiburg. In der U21 erzielte er in seiner zweiten Partie einen Hattrick. Und beim Club? Da traf er immer dann, wenn es drauf ankam - man denke nur an seinen Doppelpack gegen Dresden, die beiden Ausgleichstreffer gegen die Lilien oder die drei Tore in Wiesbaden.


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Und trotz seinem bedeutenden Beitrag zu einer nicht noch desaströseren Club-Saison wurde Hack den Ruf des außergewöhnlichen Fußballers gefangen im Körper eines schlampigen Genies nie los. Einerseits weil er zu oft zu egoistisch agierte und sich damit die Chance, unter anderem durch Assists einen noch größeren Beitrag zu leisten, selbst verwehrt hatte, andererseits da gerade in der körperlich geprägten 2. Bundesliga seine mangelhafte Standhaftigkeit in robust geführten Duellen angezweifelt wurden. Hack kennt seine Schwächen – und arbeitet daran. Bezogen auf seine Mannschaftsdienlichkeit ging er gegen Ingolstadt einen Schritt in die richtige Richtung. Exemplarisch für sein Engagement zu Gunsten seines Teams ist folglich nicht nur sein Assist zum Führungstor, sondern sein Auftreten über die komplette Partie hinweg: Er arbeitete, warf sich in die Zweikämpfe und provozierte Ballverluste – und machte damit nicht nur den Club sondern auch sich selbst erfolgreich.

Die Anlagen dafür sind bei Robin Hack unweigerlich vorhanden, mit seinen Sprints in die Tiefe, seinen Tempodribblings, seinem Umschaltverhalten und seinen unberechenbaren Einzelaktionen fungiert der U21-Nationalspieler als belebendes Element im Spiel des FCN. Nach seinem Hattrick in Wiesbaden bezeichnet der damalige Trainer Jens Keller „den Robin“ als „einen Spaßfußballer“. Und das galt lange Zeit sicherlich in allen An- und Abführungen. Hack lebt von seiner Spielfreude und hat Spaß sobald der Ball rollt – ebenso wie die Fans beim Beobachten des pfeilschnellen und kreativen Lockenkopfs. Doch mit der Adelung als Spaßfußballer ging im Fall von Hack der unterschwellige Vorwurf von mangelhafter Professionalität einher. Julian Nagelsmann, sein früherer Trainer im Kraichgau, rügte seinen damaligen Schützling dahingehend einst auch öffentlich: „Er muss einfach stetig trainieren. Da würde ich mich schon mal über drei Wochen am Stück freuen. Das gab es in meiner Amtszeit, glaube ich, noch nicht.“ Tatsächlich erlitt der verletzungsanfällige Jungprofi bereits eine Vielzahl kleiner Blessuren, die ihn immer wieder zurückwarfen. Warum Nagelsmann seine Kritik der Öffentlichkeit nicht vorenthalten konnte? Weil er um das Potenzial des jetzigen Club-Akteurs wusste und bangte: "Er hat das Talent, Bundesliga-Spiele zu entscheiden. Er ist ein außergewöhnliches Talent, aber muss einfach noch ein paar Schritte gehen."

Keine Frage: Robin Hack ist in Nürnberg besser geworden, hat an sich und seinen Defiziten gearbeitet und ist trotzdem seiner charakteristischen Spielweise treu geblieben. Das zeigt auch sein Auftreten in der Relegation: Nach 90 Minuten, zahlreichen Sprints und haufenweise Zweikämpfen in den Beinen ist Hack am rechten Strafraumeck Ziel einer Verlagerung, wieder weiß er den Ball zu verwerten indem er ihn in der Drehung herunternimmt, somit den Verteidiger stehen lässt und gen Grundlinie sprinten kann. Als der nachrückende FCI-Abwehrspieler Gaus angelaufen kommt, dreht sich der Rechtsaußen auf und versucht mit der Sohle den Ball um den Gegner herum und an der Linie entlang zu ziehen, wie es einst Zidane machte. So ganz kann es der verspielte Lockenkopf dann also doch nicht lassen.

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