Nach Hype um DFB-Trikot
Wütendes Statement: Ultras kritisieren neues Trikot ihres Klubs - weil es pink ist
13.8.2024, 12:11 UhrJedes Jahr das gleiche Spiel: Im Sommer stellen sämtliche Fußballklubs nach und nach die sehnlich erwarteten, neuen Trikots vor – und liefern damit den Fans ein heißes Diskussionsthema fernab von Vorbereitungsspielen und Transfergerüchten. In den allermeisten Fällen spaltet die neue Arbeitskleidung die Fans: Während manche direkt von Instagram in den Fanshop wechseln, um das neue "Schmuckstück" zu ergattern, tun andere ihren Unmut über das langweilige, geschmacklose oder schlichtweg hässliche Design in den sozialen Medien kund.
Nur bei einem Trikot war es anders – zumindest auf den ersten Blick: Als Fortuna Düsseldorf Mitte Juli das neue Ausweichtrikot präsentierte, fiel die Bilanz in den sozialen Medien nahezu ausnahmslos positiv aus. In den Kommentaren war vom "besten Ausweichtrikot jemals" zu lesen, das dritte Trikot wurde zudem als "Brett" und "Banger" bezeichnet. Ein User schrieb: "Wir haben echt den besten Trikotsatz der Liga. Finde alle drei Dinger stark, aber das hier besonders. Gefällt mir auch deutlich besser als das DFB-Trikot." Ein anderer Fan kommentierte: Für jeden einzelnen dummen Kommentar, der jetzt kritisiert, dass das ‚zu woke‘ ist, lohnt sich das Trikot noch ein bisschen mehr."
"Nicht irgendein scheiß Modelabel": Ultras kritisieren pinkes Trikot
Tatsächlich sind weder der Vergleich mit dem DFB-Shirt noch die Befürchtung, manch Traditionalisten könnten das Leibchen als "zu woke" empfinden weit hergeholt. Denn: Das Trikot ist in einem lilafarbenen Grundton gehalten, der von einer dezenten Querstreifenoptik aufgewertet und mit pinken Details abgerundet wird. So erstrahlen sowohl die Adidas-Streifen als auch das Sponsoren-Logo und das Vereinsemblem in einem grellen Pinkton. Und gerade das ist das Problem.
Denn anders als es der Eindruck, der mit einem Blick auf die Kommentarspalte bei Instagram entsteht, vermuten lässt, gefällt das Trikot eben nicht allen, insbesondere nicht den Ultras. Die aktive Fanszene der Fortuna äußerte sich nun auf ihrer Website in einem ausführlichen Statement zum dritten Trikot ihres Herzensklubs – und fällen ein fatales Urteil.
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Die Ultras stören sich nicht nur an der umfangreichen Vermarktung des neuen Ausweichtrikots, welchem sie zudem weniger Relevanz zusprechen als den aus ihrer Sicht weniger stark beworbenen Heim- und Auswärtstrikots. Besonders verurteilt die Gruppe die Farbgebung des Jerseys: "Die einzig wahren Farben für uns sind Rot und Weiß", schreiben die Ultras Düsseldorf in einer Stellungnahme und verweisen auf den Satzungstext. Die Darstellung des Vereinswappens in Rot und Weiß ist aus Sicht der aktiven Fans "unantastbar" und Ausdruck der Vereinsidentität, welche im Falle des lila-pinken Ausweichtrikots hinter das Ziel des "größtmöglichen Profit" zurücktreten müssen.
Das Ziel des größtmöglichen Profits scheint aber erfüllt zu sein. Zumindest schreiben die Ultras in ihrem Statement: "Die Verkaufszahlen sprechen Bände." Hat der Verein also mit dem gewagten dritten Jersey alles richtig gemacht? "Würde unser Verein in einer Boutique auf der Kö sitzen und hätte als primäre Aufgabe, Klamotten zu verkaufen, vermutlich schon. Fortuna Düsseldorf ist jedoch nicht irgendein scheiß Modelabel, sondern ein Fußballverein", konstatiert die Gruppe auf ihrer Website.
Aber was wäre nun die Alternative gewesen? Die Ultras Düsseldorf geben in ihrem Statement zu, dass ein rot-weißes Wappen auf lila-pinkem Grund optisch wenig ansprechend gewesen wäre. Also ist ihr Ansatzpunkt eher das Trikot und dessen Farbgebung an sich: "Die Farbpalette gibt neben Rot und Weiß als Trikotstoff noch eine Vielzahl an weiteren alternativen Farbmöglichkeiten her, die den Richtlinien für Spielkleidung und Ausrüstung der DFL entsprechen würden und gleichzeitig auch mit einem rot-weißen Wappen kombinierbar sind."
Dass die Wahl ausgerechnet auf die Farben Lila und Pink fiel, sei indes nicht das Problem der Ultras: "Wer uns im Übrigen eine Abneigung gegen die Farben Lila bzw. Pink und irgendwelche damit einhergehenden ideologischen Beweggründe andichten möchte, kann sich an dieser Stelle gerne direkt verpissen." Auch jegliche andere Farbgebung, welche sich mit dem rot-weißen Logo sticht, wäre Gegenstand der Kritik gewesen – zumal die Fortuna-Fans bereits in den Vorjahren häufiger mit knalligen Trikotdesigns fernab der Vereinsfarben überrascht wurden und laut den Ultras ihre Abneigung bereits dem Verein mitgeteilt hätten. Auch im Spieltagsheft sowie auf einem Spruchband taten die aktiven Fans ihren Unmut über neonfarbene, schrille Trikots in vereinsfremden Farben kund.
Mit den anderen beiden Trikots des neuen Satzes dürften die Ultras indes zufrieden sein: In Heimspielen laufen Ex-Fürther Felix Klaus und Co. in dieser Saison mit einem gestreiften Trikot in zwei verschiedenen Rot-Tönen auf, das Auswärtsshirt erscheint im Stile der "Teamgeist"-Reihe in schlichtem Weiß mit roten und schwarzen Elementen.
Auch fränkische Klubs stören sich an knalligen Trikots
Kritik an Trikots in vereinsfremden Farben kennt man auch in Nürnberg und Fürth: Beide fränkischen Spitzenteams liefen mitunter schon in knallorangenen Leibchen auf. Beim Club protestierte damals die Gruppierung "Banda di Amici" gegen das "unsägliche" dritte Trikot in der Saison 2011/12 und schrieb: "Unsere Farben sind Rot-Schwarz, das waren sie schon immer und werden es auch immer sein." Die Ultras sahen damals und mutmaßlich auch heute noch keinen Anlass, von den Vereinsfarben abzuweichen, zumal es stets vernünftige Farbkombinationen gegeben habe, "egal gegen welchen Gegner es ging". Außerdem befürchteten sie damals, ein orangenes drittes Trikot könnte der Auftakt einer Entwicklung sein, in welchem Zuge sich der Verein bei seiner Spielkleidung zunehmend von seiner Identität entferne. "Wehret den Anfängen", hieß es damals zum Abschluss des Statements, in welchem auch die folgende Aussage enthalten war: "Wir sind aber kein Modeverein, sondern ein Verein mit einer langen Geschichte und Tradition auf die wir zu Recht stolz sein können."
Jedenfalls in der Saison 2024/25 kommt der 1. FC Nürnberg den Ansprüchen und Wünschen der Ultras nach: Die Trikots sind in Rot, Weiß und Schwarz gehalten, und auf jedem Shirt prangert das Club-Logo in seinen originären Farben. Der ungeliebte Nachbar aus Fürth setzt bei seinem Ausweichtrikot heuer indes – wie es im Übrigen auch viele weitere Teams handhaben – auf eine eingefärbte Variante des Emblems: Das Kleeblatt-Symbol erscheint wie sämtliche andere Details des schwarzen, eleganten Trikots in Silber statt in Grün.
Trikots als "Fashion-Piece"
Die Entwicklung, bei Trikots verstärkt auf optische Vorteile zu achten, die Vereinsfarben zu vernachlässigen und etwa das Wappen einzufärben, rührt nicht von ungefähr: Vereine und Ausstatter begreifen die Shirts zunehmend weniger als Sportkleidung zum Ausdruck der Vereinsliebe, sondern als Fashion-Piece. Dies lässt sich auch daran erkennen, dass mittlerweile kaum mehr Trikots in einem sportlichen Kontext präsentiert werden. Stattdessen tragen die Models auf Instagram stilvolle Hosen, eleganten Schmuck oder erhabene Jacken zu den Fußballshirts.
Auch bei der cleveren Werbekampagne des Deutschen Fußball-Bundes, mit welcher er der erwarteten Kritik für sein pinkes Jersey vorbeugte, fiel etwa das Wort "Fashion-Statement". Im Laufe der Heim-EM avancierte das gewagte Auswärtstrikot zum historischen Verkaufsschlager, was den Rekord als meistgekauftes Auswärtstrikot der Verbandsgeschichte brach und vielerorts rasch ausverkauft war.