Ziel Landesliga: Das plant die HSG Rednitzgrund im Handball

Martin Schano

Fürther Nachrichten

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12.4.2021, 10:12 Uhr
 Ein verschworener Haufen in Stein: Die B-Juniorinnen der HSG Rednitzgrund bildeten vor dem Lockdown einen Mannschaftskreis. Bei der HSG werden ausschließlich Mädchen gefördert.

© Gerald Ullinger, NN  Ein verschworener Haufen in Stein: Die B-Juniorinnen der HSG Rednitzgrund bildeten vor dem Lockdown einen Mannschaftskreis. Bei der HSG werden ausschließlich Mädchen gefördert.

Nur 800 Meter trennen die DJK Eibach und den TSV Stein, dazwischen liegt die Rednitz. Weil die Jugendmannschaften beider Handballabteilungen bedenklich schrumpften, taten sie sich zusammen. Die Mission: in wenigen Jahren mit einer Frauenmannschaft in der Landesliga antreten.

Denn die HSG Rednitzgrund, so der Name des Fusionsprojekts, fördert nur Mädchen. 60 sind es geworden seit der Gründung im Jahr 2018. Und 60 sind es hoffentlich auch noch nach dem Lockdown – das ist die große Hoffnung des Spiritus rector hinter diesem Projekt, Gerald Ullinger.

Beinahe ein Trainingslager

"Das ist ein ganz heißes Thema", sagt der Jugendleiter der HSG, "wir versuchen mit aller Macht, uns gegen den Mitgliederschwund zu stellen." Seine Übungsleiter seien, so oft es geht, präsent bei den Kindern und Eltern. Zweimal die Woche bieten sie Online-Trainingseinheiten für die A-, B- und C-Juniorinnen an. Außerdem hat der Jugendleiter sogenannte Kuschelanrufe eingeführt. "Wir fragen unsere Spielerinnen: Was wünscht ihr euch?" Damit wollen sie ihnen zeigen, "dass wir da sind in dieser harten Zeit", sie wollen vermeiden, "dass die Verluste allzu groß werden".

Die bisherigen Rückmeldungen waren fast durchweg positiv. Viele hätten die Frage "Habt ihr noch Bock auf unseren coolen Sport?" mit Ja beantwortet. Allerdings ist das schon wieder einen Monat her. Damals lockte die Aussicht auf ein Trainingslager an Ostern. "Es war alles vorbereitet gewesen…", sagt Ullinger und seufzt.

Fußball statt Handball

Als er aber auf das Projekt an sich zu sprechen kommt, hellt sich der Ton in seiner Stimme auf. Denn der 54-Jährige, der für den Broterwerb bei einer Krankenversicherung arbeitet, lebt für den TSV Stein. Nach einem kurzen Abstecher als Kind in den Fußball beim FC Stein wurde er Handballer. "Beim Fußball bin ich nur über den Opa gelandet, aber das hat mir nicht so gefallen, weil es draußen recht nass und matschig war. Außerdem habe ich Allergien. Deshalb bin ich lieber in die Halle zu den Handballspielern", erzählt er launig.

In jener Zeit machte er eine Erfahrung, die ihn für sein heutiges Projekt "HSG Rednitzgrund" prägen sollte: "In einer gemischten E-Jugend mit Mädchen und Buben kam schnell die Forderung: Der Ball soll an die großen Jungen, damit wir das Spiel gewinnen." Zu Recht beschwerten sich die Mütter der Ausgebooteten.

Es ging nicht mehr weiter

Bei der HSG soll das anders laufen. "Ich bin der Meinung, es ist schwierig, auf zwei Hochzeiten zu tanzen, deshalb spielen bei uns nur Mädchen. Der Frauenhandball in Deutschland wird sowieso vernachlässigt, denn die Jungs sind in der Überzahl." 2018 stellten sowohl die DJK Eibach als auch der TSV Stein fest: "Wir können die nächsten zwei Jahre nicht so weitermachen".

Denn sie bekamen nicht einmal mehr zehn Kinder pro Mannschaft zusammen. Also trafen sich Gerald Ullinger und DJK-Abteilungsleiter Hanno Kolleth "auf eine Limo, wie in Handballerkreisen üblich", und schlossen eine Kooperation im Mädchenhandball: die HSG Rednitzgrund. Man vereinbarte ein Jahr Probelauf, ob man miteinander auskomme. Mit dem Ergebnis: weitermachen.

Spielort Stein

Jeder Verein brachte seine Übungsleiter mit, mit Neuzugang Benjamin Schmidt (22) von der SG Kernfranken für die B-Jugend in der Bayernliga ist die Anzahl auf acht gestiegen. Die Anziehungskraft des Fusionsprojekts ist so groß, dass von außen noch mehr Mädchen hinzukamen und weitere Übungsleiter gerne gesehen wären. Um ein Team kümmern sich immer zwei Trainer im Tandem. In einer dritten Einheit pro Woche schulen sie Spielerinnen nach ihren jeweiligen Positionen. Geübt wird in drei Hallen in Nürnberg und Stein. Spielort ist die Steiner Halle am Weihersberg.


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Sollte es irgendwann wieder losgehen, kalkuliert Ullinger mit einer A-Jugend, zwei B-Jugendteams, einer C und einer D. Für die Vier- bis Fünfjährigen gibt es die Abteilung Kinderhandball. Hier muss er die Eltern manchmal bremsen, die ihre Kinder zu früh zu ihnen schicken. "Wenn sie aber tough sind, können auch Vierjährige schon mitspielen."

Die ersten Früchte ihrer Arbeit ernteten sie bereits in Form von Nominierungen: Sechs Mädchen aus den Jahrgängen 2006 und 2007 berief der Bayerische Handball-Verband in seinen Elitekader. Auf die Frage, ob ihn das stolz mache, gibt er die Lorbeeren weiter: "Das ist die Vorarbeit von DJK und TSV. Das ist nicht alles auf die HSG zurückzuführen."

Hoffen auf Fairplay

Und wo soll das alles hinführen? Nach Ullingers Geschmack in die Landesliga. "Wenn Sie Juniorinnen haben, die es gewohnt sind, hoch zu spielen, müssen Sie denen was bieten, damit sie nicht abwandern." Die C 1 etwa tritt in der Bayernliga an, die B war in der Landesliga. Fluch und Segen der guten Ausbildung ist: Erfolgreiche A-Juniorinnen wecken Begehrlichkeiten von anderen Handballvereinen in der Region, das haben sie bereits erlebt.

Noch hat die HSG kein Frauenteam. Spielerinnen, die der A-Jugend entwachsen, werden an andere Vereine vermittelt in der Hoffnung, dass sie zurückkommen. Ullinger hofft auf Fair Play: "Es tut dann weh, wenn nicht fair gehandelt wird." Namen will er keine nennen. Gut klappe das über Gastspielrechte mit der JSG Fürther Land und der SG Kernfranken. Umgekehrt sind auch bei der HSG Talente aus aufgelösten Jugendteams anderer Vereine geparkt.

Derbys gegen den HBC

"In einem Jahr wären wir so weit", sagt Ullinger zur Gründung einer Frauenmannschaft. Doch da tut sich die nächste Crux auf: Das Team müsste in der Saison 2022/23 in der untersten Liga anfangen, der Bezirksklasse. Insgeheim hoffen sie aber darauf, das Spielrecht einer Mannschaft zu ergattern, die sich aus der Bezirksoberliga zurückzieht. Eine weitere Option seien Doppelspielrechte von Spielerinnen in der A-Jugend und bei den Damen.

Das alles ist Zukunftsmusik. Doch Ullinger freut sich schon jetzt auf einen Schlager im weiblichen, mittelfränkischen Handball: "Wir arbeiten am zukünftigen Derby gegen den HBC Nürnberg."

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