Wetterextreme

Darum gibt es immer häufiger Überschwemmungen in Deutschland - und was man dagegen tun kann

9.2.2024, 16:00 Uhr
Das Risiko für Starkregen wird höher, wenn die Temperaturen weiter steigen.

© Nicolas Armer/dpa/dpa-tmn Das Risiko für Starkregen wird höher, wenn die Temperaturen weiter steigen.

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Noch haben wir es in der Hand. Noch können wir dem Klimawandel etwas entgegensetzen und die Erde für unsere Kinder und nachfolgende Generationen in einem lebenswerten Zustand bewahren. Wir können Hochwasser, Sturzfluten und Überschwemmungen eindämmen - und damit unser Zuhause schützen. Doch worum geht es genau?

In dem folgenden Überblick erfahren Sie in sechs Punkten, was derzeit auf unserem Planeten und auch in Deutschland passiert.

Als Klima bezeichnet man den Verlauf der Witterung an einem Ort über den Jahresverlauf. Die Daten werden über einen längeren Zeitraum vergleichend betrachtet - über Jahrzehnte, wenn nicht sogar Jahrhunderte.

Das unterscheidet das Klima vom Wetter: Das Wetter ist nur der Zustand der Atmosphäre an einem Ort für Stunden oder wenige Tage.

Der Klimawandel ist somit die Veränderung, die das Klima über lange Zeit durchläuft. Die Ursache muss dabei nicht automatisch auf der Erde zu finden sein. Sie kann auch an einem externen Faktor liegen, etwa an einer Veränderung der Sonneneinstrahlung.

Doch derzeit befeuern vor allem Veränderungen der Erde selbst den Klimawandel - zum Beispiel, weil wir so dicht bauen und Wälder roden. Auch eine veränderte Zusammensetzung der Atmosphäre trägt zu dem Wandel bei, etwa wenn Teilchen von Vulkanausbrüchen oder industriegemachte Treibhausgase zur Belastung werden.

Seit Beginn der Industrialisierung im 20. Jahrhundert hat der Mensch mit seiner Lebensweise nachweislich das Klima der Erde verändert. Und er ist immer noch dabei.

Eine Folge sind steigende Durchschnittstemperaturen - einhergehend mit dem Abschmelzen der Gletscher, was zu einem Anstieg des Meeresspiegels führt. Außerdem kommt es häufiger zu Extremwetterereignissen.

Ein Einflussfaktor ist die Zunahme von Treibhausgasen in der Atmosphäre. Thomas Deutschländer vom Deutschen Wetterdienst (DWD) sagt ganz klar: "Es ist sicher, dass die Erderwärmung zumindest zu großen Teilen mit den Treibhausgasen zu tun hat."

Diese Gase in der Luft, zu denen Kohlendioxid (CO₂) gehört, lassen zwar Sonnenwärme auf die Erde gelangen, verhindern aber umgekehrt, dass Wärme von der Erdoberfläche wieder ins All abgegeben wird.

Vergleichbar ist das mit einem Treibhaus für Pflanzen: Sonnenwärme erhitzt die Luft unter dem Glas, und diese Wärme staut sich in dem Haus auf, wenn alle Türen und Fenster geschlossen sind.

Wärmer ist es nicht nur im weltweiten Schnitt geworden, sondern auch konkret in Deutschland - beobachtet übrigens schon seit 1881. "Also sprich seit dem Beginn unserer Wetteraufzeichnungen", sagt Deutschländer. Der Anstieg lag bei 1,6 Grad im Jahresmittel.

Hat die Erderwärmung auch Auswirkungen auf Niederschläge?

Klar ist, dass die Wärme dafür sorgt, dass mehr Wasser aus Böden, Pflanzen oder Gewässern verdunstet. Laut Welthungerhilfe enthält die Atmosphäre aktuell vier Prozent mehr Wasserdampf als noch vor 40 Jahren. "Warme Luft kann mehr Wasserdampf aufnehmen als kalte", sagt DWD-Experte Deutschländer. "Und wo mehr Wasserdampf drin ist, kann prinzipiell auch mehr rausregnen."

Der Meteorologe fasst zusammen: "Wir sind uns ziemlich sicher, dass die Erwärmung mit sich bringt, dass es mehr Wetterextreme geben wird." In Deutschland werden vermutlich besonders Starkregenereignisse zunehmen.

Von Extremwetter spricht man, wenn dieses an einem bestimmten Ort und zu einer bestimmten Jahreszeit außergewöhnlich ist - also wenn es vom lokalen Durchschnitt abweicht. Das kann eine Hitzewelle sein oder ein lokal sehr starker Regen, der zu Überflutungen führt.

Der DWD verschickt Warnungen bei diesen Ereignissen:

  • Gewitter
  • Starkregen
  • Dauerregen
  • Hitze
  • UV-Belastung
  • Schneefall
  • Schneeverwehungen
  • Glatteis/Glätte
  • Frost
  • Tauwetter
  • Nebel

Ereignisse mit Starkregen haben bereits zugenommen, auch deren Intensität. "25 Liter pro Quadratmeter und Stunde, selbst extreme 40 Liter pro Quadratmeter und Stunde kommen immer öfter vor", sagt DWD-Sprecher und Meteorologe Andreas Friedrich.

Das zeigt auch eine Analyse von Niederschlagsdaten aus den Jahren 2001 bis 2020 durch den DWD, das Bundesamt für Bevölkerungsschutz und Katastrophenhilfe (BBK), das Bundesinstitut für Bau-, Stadt- und Raumforschung (BBSR) und die Bundesanstalt Technisches Hilfswerk (THW). So kommt in einer wärmeren Umgebung Niederschlag häufiger als lokaler Starkregen statt als großflächiger Dauerregen herunter.

Da bei Starkregen in kurzer Zeit so viel Regen fällt, dass weder der Boden noch die Kanalisation diese Menge aufnehmen können, muss sich das Wasser andere Wege suchen - oft in Form von Sturzfluten durch Straßen, in Keller und Erdgeschosse. Mancherorts schwellen harmlose Bäche zu reißenden Flüssen an.

Die Analyse ergab außerdem, dass Starkregen überall in Deutschland auftreten kann. Ähnliches registrieren die Experten auch bei Hitzewellen, deren Häufigkeit und Intensität zugenommen haben.

Ein anderes Wetterphänomen hat sich bisher aber nicht verändert: "Bei Stürmen können wir keine Signifikanz feststellen. Weder im Winter noch im Sommer", sagt Friedrich.

Entwarnung gibt der Experte auch für Tornados. Zwar wurden in den vergangenen Jahren wiederholt welche gesichtet, aber ihr Erscheinen ist nichts Ungewöhnliches. Sie werden nur häufiger aufgezeichnet, etwa durch Wetter- und Smartphone-Kameras. So sind sie auch für die Experten eher zu identifizieren und registrieren.

Wissenschaft, Politik und Gesellschaft ringen um Einschätzungen, wie das Klima der Zukunft genau aussehen wird. Es gibt bereits Indizien, aber vieles ist noch unklar - und vielleicht durch gemeinsame Anstrengungen sogar noch abwendbar.

Meteorologe Andreas Friedrich kann mit Blick auf aktuelle Klimasimulationen des DWD jedoch keine Entwarnung geben. "Die Winterniederschläge werden zunehmen, die Schneefallgrenze wird steigen, dadurch wird es zu mehr Flusshochwassern kommen." Vor allem große Flüsse wie Rhein und Elbe würden betroffen sein.

Außerdem prognostizieren die Modelle mehr und längere Hitzewellen. In der Folge werden durch die zusätzliche Wärmeenergie heftigere Regenereignisse möglich sein. "In 20 Jahren könnte es zu wochenlangen Hitzeperioden mit Temperaturen über 40 Grad Celsius kommen", sagt Friedrich.

Das 1,5-Grad-Ziel ist eine Marke im Wettlauf mit dem Klimawandel.

Das 1,5-Grad-Ziel ist eine Marke im Wettlauf mit dem Klimawandel. © Georg Wendt/dpa/dpa-tmn

"Sicher kann man heute nicht einfach einen Schalter umlegen und alles ist wieder gut, aber wir haben es noch in der Hand, entsprechende Schritte zu gehen, um den CO₂-Ausstoß zu verringern", sagt Andreas Friedrich vom DWD. "Es ist noch nicht zu spät."

Die große Kennziffer für die Wissenschaft ist dabei das sogenannte 1,5-Grad-Ziel, also die Begrenzung des globalen Temperaturanstiegs im Vergleich zum vorindustriellen Zeitalter um diesen Wert. Maßnahmen wie die Reduktion des CO₂-Ausstoßes sollen dabei helfen.

Das ist nicht nur eine Aufgabe für Staaten und Industrie. Auch wir können in unserem Alltag einen kleinen Beitrag leisten. Es gibt viele Stellschrauben, die sich so zusammenfassen lassen: Emissionen verringern, Energie sparen, Ressourcen schonen.

Gut zu wissen: Der Durchschnittsdeutsche verbraucht 11,6 Tonnen CO₂ im Jahr (Stand 2019). Der weltweite Wert liegt im Schnitt bei rund fünf Tonnen. Und wie hoch ist Ihr Verbrauch?

Der CO₂-Rechner des Umweltbundesamtes gibt Aufschluss. Er zeigt auch Ihre Werte in den wichtigsten Bereichen des Alltags auf: Wohnen, Mobilität, Ernährung und Konsum.