Corona-Krise: Gibt es bald weniger Ausbildungsstellen?

23.2.2021, 17:26 Uhr

In stark von der Corona-Krise betroffenen Branchen ist der Anteil der Unternehmen, die ihr Ausbildungsangebot zurückfahren wollen, sogar noch höher: Im Gastgewerbe planen 28 Prozent der ausbildungsberechtigten Betriebe weniger oder keine Auszubildenden einzustellen. Die meisten befragten Firmenchefs begründeten den Schritt mit den unsicheren Geschäftserwartungen aufgrund der Pandemie (93 Prozent) sowie mit ihrer finanziellen Situation (71 Prozent), 34 Prozent gaben mangelnde räumliche und personelle Kapazitäten an. Zudem sei die Rekrutierung aktuell schwierig, unter anderem da Ausbildungsmessen nicht in Präsenz stattfinden könnten (33 Prozent).

Bernd Fitzenberger, IAB-Direktor und Co-Autor der Studie, warnt: "Für Betriebe kann es zum Bumerang werden, weniger Auszubildende einzustellen. Und das in einer Situation, in der krisenbedingt auch die Bewerberzahl zurückgeht. Mittel- bis langfristig können die Rückgänge am Ausbildungsmarkt dazu führen, dass den Betrieben die Fachkräfte fehlen."

Weniger Ausbildungsstellen in Mittelfranken im Ausbildungsjahr 2021/2022?

In Mittelfranken hatten Bewerber zuletzt gute Chancen: 2020 gab es mehr Ausbildungsstellen als Bewerber, wie aus der Ausbildungsbilanz der Industrie- und Handelskammer (IHK) Mittelfranken hervorgeht. Doch bleibt das auch im kommenden Ausbildungsjahr so? Stefan Kastner, Leiter des Geschäftsbereichs Berufsbildung der IHK Mittelfranken, gibt sich zuversichtlich. Einige Branchen seien selbstverständlich stärker von der Corona-Krise betroffen, insbesondere die Gastronomie-und Hotelbranche, sagt er. Doch auch hier werde es wieder einen Aufschwung geben. Positiv sei zudem, dass diese Branche relativ spät einstelle – wenn die Corona-Pandemie womöglich schon am Abklingen sei.

Dennoch zeigte Corona auch in Mittelfranken bereits erste Spuren: 2020 wurden 7352 Ausbildungsverhältnisse in IHK-Berufen geschlossen – das sind 12,5 Prozent weniger als im Vorjahr. Dieser Rückgang ist zwar mehreren Faktoren geschuldet. So habe es etwa weniger Schulabgänger gegeben. Hauptgrund sei jedoch die coronabedingte Verunsicherung gewesen, macht Kastner deutlich.

Viele sind entmutigt und bewerben sich gar nicht erst

Er vermutet, dass sich deshalb einige Schulabgänger dazu entschieden hätten, andere Bildungswege, wie einen weiteren Schulbesuch oder ein Studium, zu wählen. Es herrsche schlechte Stimmung, nach dem Motto: "Ich brauche mich erst gar nicht bewerben, weil ich sowieso keine Stelle bekomme", erklärt der Leiter des Geschäftsbereichs Berufsbildung. Das entspräche jedoch nicht der Realität: "Die Betriebe suchen Auszubildende."

Die Beobachtung, dass durch ausfallende Azubi-Messen Arbeitgeber und Ausbildungssuchende schwieriger zueinander fänden, kann Stefan Kastner bestätigen. Viele Betriebe bevorzugen persönliche Gespräche mit den Jugendlichen. Und die Teilnehmerzahlen der Schüler in virtuellen Events sei oft gering gewesen.

Auch im mittelfränkischen Handwerk gab es 2020 einen leichten Rückgang der abgeschlossenen Lehrverträge: minus 4,68 Prozent im Vergleich zum Vorjahr. Doch Matthias Braun, Abteilungsleiter Berufsbildung bei der Handwerkskammer für Mittelfranken, und IHK-Mann Kastner sind sich einig: "Die Betriebe suchen händeringend nach Nachwuchs."

In der Politik hat man die Entwicklung bereits registriert. Bundesarbeitsminister Hubertus Heil möchte noch im März einen Schutzschirm für Ausbildungsplätze vorlegen. Darüber hinaus soll die Ausbildungsprämie nicht nur verlängert, sondern auch erhöht werden.

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