Das Adelsdorfer Textil-Unternehmen HempAge setzt auf Hanf - mit Erfolg
19.1.2021, 08:43 Uhr„Hanf wächst schneller als jedes Unkraut. Und auch die Trageeigenschaften sind besonders, weil Hanf auf natürliche Weise antibakteriell ist“, schwärmt Robert Hertel,HempAge-Vorstandsvorsitzender. Der Unternehmer aus Adelsdorf (Landkreis Erlangen-Höchstadt) setzt auf die Natur: Die 100.000 Hemden, Blusen, Jeans, T-Shirts und Pullover, die seine Firma jährlich herstellt, bestehen überwiegend aus Hanf, kombiniert mit Baumwolle.
Das Unternehmen produziert ein Nischenprodukt. Nur 0,02 Prozent der weltweiten Textilien bestehen aus Hanf. Laut Hertel ist dies aber aus landwirtschaftlicher Sicht die billigste Naturfaser und der ideale Stoff für die Textilindustrie. Beim Anbau seien keine Pestizide und keine Bewässerung nötig.
Doch die Vermarktung der Ware ist nicht so einfach. HempAge kämpft vor allem mit dem Image der Pflanze. Denn unter dem botanischen Namen Cannabis kennen viele die Pflanze als Droge.
Geprüfte Arbeitsbedingungen
Kleidung aus Hanf ist daher noch ein Nischenmarkt, und das macht die Produktion schwierig. Teilweise werde in China noch auf über 100 Jahre alten Maschinen produziert. „Es gibt keine Entwicklung, weil die Industrie das Marktpotenzial nicht erkennt“, sagt Hertel. Auch die schwierige Suche nach Produzenten bremste die Entwicklung der Firma. T-Shirts, Pullover, Hemden oder Blusen lässt HempAge in China, wo auch die Pflanzen angebaut werden, herstellen. „Unsere Partner zahlen aber die höchsten Löhne in China“, betont Hertel und fügt hinzu: „Die Arbeitsbedingungen werden hierbei von der FairWear Foundation unabhängig geprüft.“
Doch für die Produktion der Jeans fand das kleine fränkische Unternehmen in China keine Firma, die den Ansprüchen gerecht wurde, sowohl aus ökologischer als auch aus sozialer Sicht. „Wir haben deshalb acht Jahre keine Jeans produzieren lassen. In manchen Firmen hat man das Gefühl, man sieht moderne Sklaverei. Die Arbeits- und Umweltbedingungen sind in der Jeansindustrie noch um einiges schlechter als in anderen Bereichen der Textilindustrie. Die Bedingungen, unter denen gearbeitet wird, wollen Sie teilweise nicht sehen“, sagt Hertel. „Man muss den Mut haben zu sagen, wenn man keinen Partner findet, dann gibt es auch kein Produkt.“ Mittlerweile werden die Jeans in Tunesien hergestellt.
Stoffe kosten das Zehnfache
Und weil eben noch sehr altmodisch gearbeitet wird und die Pflanze schwierig zum Weiterverarbeiten ist, kosten die Stoffe etwa das Zehnfache im Vergleich zu Kleidung aus reiner Baumwolle. „Bei einer Hanf-Baumwolle-Jeans betragen die Stoffkosten zum Beispiel 25 Euro, bei einer normalen Baumwolle-Jeans 2,50 Euro“, rechnet der Unternehmer vor. Im Laden werden die HempAge-Jeans dann zwischen 129 und 149 Euro verkauft.
Die Leute seien zwar bereit, etwas mehr Geld auszugeben, aber nicht viel mehr als für Markenprodukte. Teuer werde Markenware oft wegen des Aufschlags in den Handelsstufen. „Wenn etwas in der Produktion ein bis zwei Euro mehr kostet, sind es am Ende im Laden 20 bis 30 Euro“, sagt Hertel.
Autoindustrie im Blick
Aus seiner Sicht gibt es bei den Produktionsbedingungen in der Textilindustrie noch enormen Handlungsbedarf. Es werde viel über Verbesserungen gesprochen, wirklich verändert habe sich in den vergangenen Jahren aber wenig. Der Gesamtverband textil + mode, der rund 1400 Unternehmen vertritt, wirbt indes damit, dass die Textilindustrie in Entwicklungs- und Schwellenländern für Arbeitsplätze sorge.
„Solange der Preis aber oft das Kaufverhalten bestimmt, ist Nachhaltigkeit noch nicht in der Mitte angekommen“, schreibt der Verband allerdings auch. Vor der Corona-Krise haben die deutschen Textil- und Modeunternehmen einen Umsatz von 32 Milliarden Euro erwirtschaftet. HempAge hatte zuletzt 2,2 Millionen Umsatz. 15 Mitarbeiter sind in Adelsdorf beschäftigt.
Die Corona–Krise bremst nun auch die Entwicklungspläne der kleinen Firma. Ursprünglich war 2020 ein Neubau geplant, doch diese Pläne wurden erst einmal verschoben. Langfristig will HempAge zudem im Bereich technische Textilien einsteigen und aus Hanf zum Beispiel Teile für Windräder oder die Autoindustrie produzieren.
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