Preis dauerhaft über zwei Euro?
Experte-Prognose: Was passiert nach dem Tankrabatt-Ende am 1. September?
29.8.2022, 15:24 UhrDer Tankrabatt ist eine Sonderregelung, mit dem die Energiesteuer derzeit EU-weit gesenkt wird. Die Preissenkung beträgt rund 35 Cent pro Liter Benzin und rund 17 Cent pro Liter Diesel. Nach drei Monaten ist es damit vorbei - am 1. September 2022.
Herbert Rabl ist nicht blauäugig. "Den Schluck aus der Pulle werden sich die Mineralölkonzerne nicht entgehen lassen", sagt der Sprecher des Tankstellen-Interessenverbandes, der Tausende Pächter in Deutschland vertritt. Natürlich werden die Spritpreise nach Ende des Tankrabattes steigen. Nur wann - und vor allem: wie stark?
So richtig will sich Rabl nicht festlegen. Er hat viel erlebt, kennt die Branche, ihre Fallstricke, das ständige Auf und Ab der Benzinpreise. "Aber die letzten Monate waren eine Zeitenwende", sagt er. "Aus unserer Sicht ist klar, dass der Preis die Marke von zwei Euro überspringen wird." Heißt: Schon bald werden wieder Allzeithochs an der Zapfsäule erreicht werden. "Das werden wir dauerhaft im Markt sehen."
Klar ist für Rabl: Tanken wird teuer bleiben. "Ich habe da eine pessimistische Haltung", sagt der Tankstellen-Sprecher. "Die Mineralölkonzerne, das sind Raubtierkapitalisten, die aus der Cash-Cow rauspressen, was noch herauszupressen ist." Die Unternehmen hätten gemerkt, dass Autofahrer selbst Preise von über zwei Euro pro Liter akzeptieren. "Murrend, aber die Sehnsucht des Verbrauches nach Mobilität macht ihn offenbar unsensibel für den Preis."
Preiskampf zwischen den Tankstellen?
Genau das, sagt Rabl, sei ins kollektive Gedächtnis der Ölkonzerne übergegangen. "Wenn alle sagen, Energie wird teurer, werden sich das diese Leute nicht zwei Mal sagen lassen."
Deutsche Autofahrer blicken mit Sorge auf den 1. September. "Da gibt es im Prinzip zwei Szenarien", sagt Rabl. Klar sei, dass die Tanks noch voll sind mit günstigem Sprit, der über den Tankrabatt subventioniert wird. "Die große Frage ist, ob die Konzerne den Treibstoff zu diesem Preis verkaufen oder eben nicht." Es gebe im Hintergrund intensive Debatten, im Prinzip sei das "eine Marketingentscheidung", ist sich Rabl sicher.
Das wird dazu führen, dass ab dem 1. September Tanken an so mancher Tankstelle womöglich deutlich günstiger ist als anderswo. "Wir vermuten, dass es einen Preiskampf gibt zwischen den freien Tankstellen und den Markentankstellen", sagt Rabl. Erstere sind deutlich flexibler und können den Liter wohl deutlich günstiger abgeben. "Ob sich die Mineralölkonzerne dem stellen, ist unklar. Das ist vielleicht am Ende auch eine Bauchentscheidung des Managements."
Tankstellen verdienen kaum am Spritverkauf
Tatsächlich verdienen die Tankstellen in Deutschland kaum am Spritverkauf. "Im Durchschnitt landet gerade einmal ein Cent pro Liter beim Pächter", erklärt Rabl, der von knebelähnlichen Verträgen mit den Mineralölkonzernen spricht. Gerade bei den Markentankstellen sei es so, dass der Kauf direkt zwischen dem Autofahrer und den Ölkonzernen zustande kommt. "Das, was in den Erdtanks unter der Tankstelle gelagert wird, gehört den großen Gesellschaften."
Die Pächter werden mit mickrigen Provisionen abgespeist, kritisiert der Sprecher des Interessenverbandes. "Wir werden dafür streiten, dass unsere Leute mehr Geld abkriegen", sagt Rabl. "Die Bundesregierung könnte etwa eine Zwangsprovision von zwei oder drei Cent pro Liter verhängen."
Bislang sträubt sich die Politik aber dagegen - wodurch Mineralölkonzerne deutlich mehr verdienen. "Im Schnitt kommen gerade einmal 20 Prozent der Einnahmen einer Tankstelle aus dem Spritverkauf", sagt Rabl. "Der Rest kommt vom Reifenwechsel, dem Zigaretten- und Eisverkauf oder der gelegentlichen Autowäsche. Das kann es nicht sein."