Gamestop: Das steckt hinter dem Aufstand der Kleinanleger

Manuel Kugler

Redaktion Politik und Wirtschaft

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28.1.2021, 14:00 Uhr
Wie das "Fearless Girl" an der New Yorker Wall Street boten auch die Kleinanleger den Großen der Branche die Stirn.

© TIMOTHY A. CLARY, AFP Wie das "Fearless Girl" an der New Yorker Wall Street boten auch die Kleinanleger den Großen der Branche die Stirn.

Was ist überhaupt passiert?

Die Ladenkette Gamestop - Filialen gibt es auch in deutschen Innenstädten - verkauft Spielkonsolen, Computerspiele und Zubehör. Kein vielversprechendes Geschäfte in Zeiten von Lockdown und Ladenschließungen. Dennoch explodierte in den vergangenen Tagen und Wochen der Kurs der Gamestop-Aktie, die an der New Yorker Börse gehandelt wird. Analysten verzeichneten in der Spitze ein Kursplus von 2800 Prozent im Vergleich zum Tiefstand der Aktie im Frühjahr 2020.

Was steckt dahinter?

Es begann wie folgt: Wegen der mauen Geschäftsaussichten von Gamestop, das zuletzt rote Zahlen schrieb, setzten Hedgefonds, darunter Citron Research und Melvin Capital, zunächst viel Geld auf fallende Aktienkurse. Börsenexperten sprechen von Leerverkäufen.

Wie funktionieren Leerverkäufe?

Im Prinzip wie folgt: Leerverkäufer leihen sich zunächst die Aktien eines Unternehmens gegen eine Gebühr. In einem zweiten Schritt verkaufen sie die geliehenen Aktien am Markt.


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Fallen - wie erwartet - die Kurse des Unternehmens, kaufen sie die Aktien günstiger zurück und geben sie ihrem ursprünglichen Besitzer wieder. Die Kursdifferenz zwischen dem Verkauf (zu einem teuren Preis) und dem Rückkauf (zu einem geringen Preis) streichen sie als Profit ein. Die Praxis ist höchst umstritten, weil sich so Kapital aus der Misere eines Unternehmens schlagen lässt.

Und wieso sind die Gamestop-Aktien dann in die Höhe geschossen statt zu fallen?

Weil Kleinanleger den Leerverkäufern einen Strich durch die Rechnung gemacht haben, darunter viele junge Menschen, die über komfortable Trading-Apps in Berührung mit der Börse kamen. Über Internetforen verabredeten sich diese sogenannten Robinhood-Trader dazu, massenhaft Gamestop-Aktien zu kaufen. Deren Kurs schoss in der Folge nach oben.

Dafür reichte tatsächlich eine Schar von Kleinanlegern aus?

Nein, dazu kam ein weiterer Effekt: Die steigenden Kurse zwangen die Leerverkäufer, sich möglichst schnell selbst wieder mit Gamestop-Aktien einzudecken, um die drohenden Verluste zu minimieren. Diese Käufe ließen den Aktienkurs aber umso mehr steigen.

Die Hedgefonds, die auf fallende Kurse gewettet hatten, kam die Episode teuer zu stehen. Melvin Capital musste sich gar von anderen Kapitalgebern Geld - die Rede ist von 2,75 Milliarden Dollar - leihen, um die Verluste auszugleichen. Experten gehen laut ZDF davon aus, dass damit vermutlich die größte Hedgefonds-Pleite seit dem Fall von Long-Term Capital Management Ende der 90er Jahre verhindert wurde.

Ist es eine gute Idee, als Kleinanleger jetzt auch Gamestop-Aktien zu kaufen?

Andrew Ross Sorkin, Finanzexperte der New York Times, rechnet damit, dass schon bald die Suche nach Schuldigen beginnen wird, sollte die Gamestop-Aktie einbrechen. Sorkin zieht Vergleiche zur Finanzkrise, über die er das Standardwerk "Die Unfehlbaren" geschrieben hat:

Für Kleinanleger und Börsenlaien ist also höchste Vorsicht angebracht, weil die Aktien von Gamestop wegen der geschilderten Umstände nicht den tatsächlichen Unternehmenswert darstellen. Wer jetzt einsteigt, muss bereit sein, massive Verluste hinzunehmen.

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