Streaming-Gigant schwächelt
Memo durchgesickert: Netflix will Werbung schon in wenigen Monaten einführen
14.5.2022, 17:40 UhrNach Angaben der New York Times (NYT) könnte Netflix bereits zum Ende des Jahres Werbung zeigen, dafür aber die Kosten für einzelne Abos senken. Steigen dürften der Preis hingegen beim legalen Teilen von Accounts mit anderen Haushalten. Laut NYT soll eine Mitteilung an Mitarbeiter durchgesickert sein, in der steht, dass die preisgünstigere Variante inklusive Spots bis zum vierten Quartal dieses Jahres auf den Weg gebracht werden soll.
"Jedes große Streaming-Unternehmen mit Ausnahme von Apple hat oder wird einen werbefinanzierten Dienst haben. Aus gutem Grund wollen die Leute günstigere Optionen", heißt es in der Memo. Daher werden zur Umsetzung "einige Kompromisse" nötig sein.
Neben den Werbe-Plänen beinhaltete die Mitteilung auch Informationen zur geplanten Passwortbegrenzung. So soll der Plan zu Begrenzung der Passwortfreigabe beschleunigt werden. Die gemeinsame Nutzung eines Accounts außerhalb eines Haushalts, soll dann zwar nicht mehr verboten, dafür allerdings mit zusätzlichen Kosten verbunden sein. Ein 2,99-Dollar-Programm wird derzeit in Chile, Costa Rica und Peru getestet.
Harte Verluste
Für Netflix war es das erste Quartal mit Kundenschwund seit mehr als zehn Jahren. In den drei Monaten bis Ende März gingen unterm Strich rund 200.000 Bezahlabos verloren. Ein Grund dafür war zwar der Stopp des Russland-Geschäfts nach dem Einmarsch in die Ukraine, wodurch auf einen Schlag 700.000 Kunden wegfielen. Doch auch mit dem Zuwachs von 500.000 Abonnenten wäre Netflix weit hinter der eigenen Prognose von 2,5 Millionen zurückgeblieben. Schlimmer noch: Fürs laufende Quartal rechnet der Dienst mit dem Abgang von rund zwei Millionen Kunden. Dabei hat Netflix neue Folgen von Hit-Serien wie "Stranger Things" und hochkarätig besetzte Filme wie "The Gray Man" mit Hollywood-Star Ryan Gosling starke Produktionen am Start.
Insgesamt sank die weltweite Kundenzahl zum Quartalsende auf 221,6 Millionen. Wie kam es dazu? Das Management um Gründer und Co-Chef Reed Hastings verwies unter anderem auf "Faktoren außerhalb unserer Kontrolle" wie den langsameren Anstieg des Anteils von Smart-TVs mit Internet-Anschluss, Russlands Krieg in der Ukraine und die Inflation.
Vorgehen gegen Trittbrettfahrer
Vor allem sind Netflix aber die Kunden ein Dorn im Auge, die ihre Login-Daten mit anderen teilen. Der Dienst schätzt, dass mehr als 100 Millionen Haushalte so als Trittbrettfahrer unterwegs seien. Als das Wachstum noch hoch war, habe man ein Auge zugedrückt, sagte Hastings. Doch nun will Netflix nicht mehr tatenlos zusehen.
"Wenn sie etwa eine Schwester haben, die in einer anderen Stadt lebt und ihr Netflix-Abo mit ihr teilen wollen, ist das super. Wir versuchen nicht, das zu unterbinden", sagte Produktchef Greg Peters. "Aber wir werden sie bitten, dafür etwas mehr zu bezahlen." Netflix kann zum Beispiel anhand der IP-Adressen feststellen, von wo Nutzer auf den Dienst zugreifen. Bis das System eingefahren sei und weltweit eingesetzt werde, könne es aber noch ein Jahr dauern, sagte Peters.
Gewinn während der Corona-Krise
Zu Beginn der Corona-Pandemie galt Netflix noch als einer der großen Gewinner der Krise, allein im Jahr 2020 stieg die Kundenzahl um 37 Millionen. Doch jetzt heißt es, der Schub habe die Sicht vernebelt.
Netflix konnte als Pionier zunächst nahezu ungehindert Land im Videostreaming-Geschäft gewinnen. Doch inzwischen gibt es immer mehr Konkurrenz - unter anderem von Disney, Amazon, Apple sowie Warners HBO Max. Nannte Hastings vor ein paar Jahren noch mit einem Anflug von Arroganz das Online-Spiel "Fortnite" als schärfsten Konkurrenten, gibt er nun zu, dass der Wettbewerb "einige sehr gute Filme und Serien herausgebracht" habe.
Branchenbeobachter sehen auch ein Problem in der Netflix-Strategie, das Programm mit einer Flut von Inhalten zu überschwemmen, wobei manchmal die Qualität auf der Strecke bleibe. Ein Rivale wie Disney setzt dagegen auf aufwendig produzierte wenige Serien rund um populäre Figuren aus den Welten von "Star Wars" und Marvel, die mit einer Folge pro Woche über einen längeren Zeitraum die Kunden binden.
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