Stellenabbau: Produktion bei Semikron in Nürnberg steht still
1.11.2019, 18:40 UhrDie weltweite konjunkturelle Eintrübung, verursacht unter anderem durch zunehmende Handelskonflikte und die Brexit-Diskussion, ging auch an dem 1951 gegründeten Familienunternehmen mit Sitz in Nürnberg nicht vorbei.
Sinkende Erlöse erwartet
"Dem zu erwartenden Umsatzrückgang und den damit verbundenen verminderten Einnahmen müssen wir jetzt mit vorausschauenden Maßnahmen gegensteuern und demzufolge die Kosten entsprechend anpassen", sagt Karl-Heinz Gaubatz, Sprecher der vierköpfigen Geschäftsführung von Semikron. Dazu zähle neben dem Abbau von Mehrstunden auf den Gleitzeitkonten der Beschäftigten auch, auslaufende Leiharbeiterverträge nicht zu verlängern. Um fast 160 Stellen soll es gehen; Semikron selbst nennt keine Zahlen.
Bei der Belegschaft sorgten diese Ankündigungen in den vergangenen Wochen für große Unruhe, beschäftigt der Träger des Focus-Siegels "Deutschlands beste Arbeitgeber im Vergleich" doch schon länger einen hohen Anteil an Zeitarbeitern in der Produktion. In einer Betriebsversammlung wurde die Belegschaft über die schwierige wirtschaftliche Lage informiert. Bei dem hitzigen Treffen hätten manche einen Masterplan der Geschäftsführung vermisst, wie Semikron wieder in sicheres Fahrwasser gelangen soll, und vermuten nun Stückwerk und Maßnahmen, um die Bilanz zu schönen, wie es hinter vorgehaltener Hand heißt.
Semikron bittet um Verständnis, "dass wir während eines laufenden Geschäftsjahres keine öffentliche Stellungnahme abgeben hinsichtlich konkreter Umsatzprognosen und Zahlen der Zu- und Abgänge von Beschäftigten". 534 Mio. Euro erlöste das Unternehmen vergangenes Jahr mit weltweit 3200 Mitarbeitern an 25 Standorten. Am Stammsitz in Nürnberg arbeitet rund die Hälfte aller Beschäftigten der Semikron-Gruppe; 1500 ohne die Leiharbeiter sollen das nach Angaben der Beschäftigten sein. 500 von ihnen seien in der Produktion tätig. In der Noris entwickelt Semikron beispielsweise Antriebe für elektrische Gabelstapler, Systeme für Hybrid- und Elektrobusse, Module für Elektrofahrzeuge sowie neue Produkte und Technologien für Windkraft- und Solaranlagen. In diesem Bereich sei das Unternehmen abhängig vom chinesischen Markt, so Insider. Der Durchbruch auf dem Markt für E-Mobilität sei noch nicht geglückt, solle aber 2020 näher rücken.
Neue Kapazitäten in China
Die Geschäftsleitung sieht indes nach wie vor grundsätzlich eine starke Position von Semikron am Markt. "Alle globalen Trends, wie die gesetzlichen Vorgaben zur CO2-Reduzierung, die E-Mobilität, die Erzeugung erneuerbarer Energien und die zunehmende Zahl an Daten-Farmen, tragen langfristig zu einer steigenden Nachfrage nach unseren Produkten bei", so Gaubatz. "Wir werden mit Leistungselektronik als einer Schlüsseltechnologie in diesen Zukunftsmärkten langfristig wachsen."
Dafür würden die Fertigungskapazitäten in der Slowakei und in China erweitert. Das sei schon 2018 beschlossen worden, als das Unternehmen eine sehr gute Auftragslage hatte und seinen Umsatz deutlich steigern konnte, so Gaubatz. Bei den Beschäftigten weckt die Erweiterung der Produktionskapazitäten im Ausland selbstredend Ängste vor einem Stellenabbau im Inland. Doch auch hier würde investiert, vor allem in die Optimierung der Produktion und die Software, schildert Gaubatz und sagt: "Die von außen augenfälligste Großinvestition ist ein neues Büro- und Fertigungsgebäude entlang der Südwesttangente." Dort soll 2020 die Fertigung von Automotive-Produkten unter Reinraum-Bedingungen anlaufen.
Das neue Gebäude in der Vershofenstraße wurde 2018 fertiggestellt; einige Abteilungen sind bereits eingezogen. Für die Erweiterung der Fertigungskapazitäten würden zirka zehn Prozent des Umsatzes verwendet, wovon heuer der größte Teil auf den Standort Nürnberg entfallen sei. Hier befürchtet die Belegschaft nun Kurzarbeit – ein Mittel, für das sich derzeit vermehrt Arbeitgeber in der Stadt interessierten, wie die Agentur für Arbeit Nürnberg berichtet. Nach den jüngsten Auswertungen erhielten in deren Bezirk im September 300 Personen – und damit mehr als im Vorjahreszeitraum – konjunkturelles Kurzarbeitergeld.
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