"Testkapazitäten ausgeschöpft": In Laboren wird das Material knapp

Julia Ruhnau

nordbayern.de

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4.11.2020, 10:26 Uhr
Zuletzt wurden in deutschen Laboren mittels PCR-Test mehr als 1,4 Millionen Abstriche auf Spuren des Coronavirus untersucht.

© LUDOVIC MARIN, AFP Zuletzt wurden in deutschen Laboren mittels PCR-Test mehr als 1,4 Millionen Abstriche auf Spuren des Coronavirus untersucht.

Der Crash kam mit Ankündigung. Über einen Monat hinweg hatten Mitarbeiter immer wieder gewarnt, Ende Oktober war es schließlich soweit: "Testkapazitäten ausgeschöpft", teilte ein Labor in Ravensburg mit, man könne nur noch einen Teil der Proben auswerten, für den Rest reiche das Material nicht.

Corona-Test: Plastikröhrchen und Reagenzien fehlen

Es waren zunächst Einzelfälle, doch inzwischen sind die Labore der Republik hoffnungslos überlastet. Sie ächzen unter der Last der Abstriche, die Tag für Tag auf Erbgut von Sars-CoV-2 untersucht werden sollen, dem Virus, das für die Covid-19-Pandemie verantwortlich ist. "Unsere Testzahlen übersteigen jetzt die Testkapazitäten" sagt Michael Müller, Vorstandsvorsitzender des Verbands der Akkreditierten Labore in der Medizin (ALM).


Engpässe bei Corona-Tests in Deutschland


Auch das Material wird immer wieder knapp. Bei den einen fehlen Reagenzien, bei den anderen Pipettenspitzen oder Abstrichtupfer. Man sei "von den Diagnostik-Herstellern abhängig", eventuelle Lieferengpässe können die Arbeit der Labors empfindlich stören. In Ravensburg waren es neben den Reagenzien etwa Plastikteile wie Röhrchen, die für den Test auf Sars-CoV-2 fehlten. Man bekomme diese normalerweise per Dauerauftrag, und zwar von verschiedenen Herstellern, erklärt Pressesprecherin Sandra Schmalz. Bei Engpässen wird nachbestellt. Doch die Unternehmen kommen mit der Lieferung nicht hinterher.

Normalerweise sei der Bedarf an Reagenzien, das sind beispielsweise Enzyme, die für den Ablauf der Reaktion benötigt werden, recht zuverlässig abgedeckt. Denn zusammen mit den Maschinen, die etwa PCR-Tests auswerten, werden sie von den Herstellern beim Kauf mitgeliefert, erklärt Hendrik Borucki, Pressesprecher beim Laborverbund Bioscientia in Ingelheim. Normal ist momentan allerdings kaum etwas. Die täglichen Testkapazitäten wurden seit März mehr als verzwanzigfacht, zuletzt waren es mehr als 1,4 Millionen Tests pro Woche, die Auslastung der Labore liegt inzwischen bei 100 Prozent.


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Dass eine zweite Welle kommen wird, war klar, dass man dafür ausreichend Material benötigt, ebenso. "Wir hätten gerne ein paar Kubikmeter eingelagert", sagt Borucki. Doch im Sommer sei so viel getestet worden, dass alle Vorräte sofort wieder aufgebraucht waren.

Weltweite Nachfrage nach Tests explodiert

Die Diagnostik-Hersteller, die in Deutschland im Verband der Diagnostica-Industrie (VDGH) zusammengeschlossen sind, bestätigen die Probleme. "Die weltweite Nachfrage nach Coronavirus-Tests ist explodiert", sagt VDGH-Geschäftsführer Martin Walger. Man produziere rund um die Uhr. Trotzdem könnten einzelne Labore nur verzögert beliefert werden, momentan sei das etwa bei Plastikkomponenten und Pipettenspitzen der Fall. Insgesamt versichern sich Labore und Hersteller aber gegenseitig hervorragender Zusammenarbeit, man habe einen guten Draht, die Hersteller könnten aber eben "auch nicht zaubern", sagt Borucki.