Verbraucherzentrale warnt

Umwege, Kindermarketing und eigene Apps: So tricksen Supermärkte ihre Kunden aus

Erik Thieme

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10.03.2025, 04:55 Uhr
Schon in der Obst- und Gemüseabteilung ist alles genau durchdacht.

© IMAGO/Martin Wagner Schon in der Obst- und Gemüseabteilung ist alles genau durchdacht.

Wer kennt es nicht: Für das Rezept fehlt nur noch eine einzige Zutat, also schnell noch einmal zum Supermarkt und das fehlende Lebensmittel nachkaufen. Allerdings funktioniert das eher selten, in der Regel findet man dann doch noch die ein oder andere Sache, die man gebrauchen könnte. Das ist jedoch kein Zufall, sondern äußerst geschicktes Marketing.

Supermärkte haben im Laufe der Zeit eine ganze Reihe an Tricks und unterschwelligen Kaufreizen entwickelt, die sicherstellen, dass Kunden immer noch etwas mehr kaufen, als ursprünglich geplant. Das beginnt schon bei der Größe des Einkaufswagens.

Entspannung und viel Platz am Anfang

Unter anderem die Größe des Wagens ist laut der Verbraucherzentrale ausschlaggebend für ausartende Shoppingtouren. Dort rutschen die Produkte aufgrund der Schräge schnell nach unten und damit auch aus dem Blickfeld.

In der Regel ist die Obst- und Gemüseabteilung die erste große Station im Supermarkt und das ist kein Zufall. Der marktstandähnliche Aufbau der Waren sorgt für Übersicht und eine angenehm ruhige Atmosphäre, die viele Kunden zum Kaufen anregt. Durch eine gute Ausleuchtung des Bereichs wird dieser Effekt noch einmal verstärkt.

Vielleicht ist Ihnen schon einmal aufgefallen, dass sie selbst in kleinen Geschäften häufig vom einen zum anderen Ende laufen müssen. Das liegt daran, dass Grundnahrungsmittel wie Nudeln, Milch oder Butter häufig ganz am Ende platziert werden. So werden Verbraucher einmal quer über die Verkaufsfläche geschickt und werden zwangsläufig vielen weiteren Reizen ausgesetzt.

Vorsicht vor Aktionsware

Zu diesen Reizen gehören beispielsweise Aktionsständer, die extra für eine bestimmte Produktreihe aufgebaut wurden. Doch auch hier warnt die Verbraucherzentrale: Diese Artikel wirken aufgrund prominent platzierter Preisschilder wie Aktionsware im Angebot, ist häufig aber gar nicht heruntergesetzt. Gleichzeitig sind die Produkte meist weit von ihrem eigentlichen Platz entfernt. Das erschwert Kunden einen schnellen Preisvergleich mit der Konkurrenz.

Gleiches gilt auch für sogenannte "Stopper-Produkte". Dabei handelt es sich um Produkte, die häufig zusammen gekauft werden, zum Beispiel Nudeln und Tomatensoße. Auch hier handelt es sich normalerweise um teure Markenprodukte.

Günstige Produkte erfordern Bewegung

Die teuersten Produkte im Supermarkt findet man für gewöhnlich dort, wo man am häufigsten hinsieht. Markenware wird auf Augenhöhe platziert, um bei den Kunden direkt präsent zu sein. Im Umkehrschluss bedeutet das, dass sich das Bücken oder Strecken nach den oberen oder unteren Artikeln lohnt: Dort verstecken sich günstigere Alternativen.

Außerdem weisen die Verbraucherschützer darauf hin, dass sich die günstigeren Produkte tendenziell eher links befinden. Weil die meisten Menschen Rechtshänder sind, greifen sie eher mit der rechten Hand - und damit auch nach den teureren Artikeln.

Quengelregale, Mogelpackungen und problematische Apps

Vor allem Kinder sind besonders empfänglich für Marketing. Sehr zum Leidwesen ihrer Eltern wissen das auch die Supermarktbetreiber. Süßigkeiten, Spielzeuge und besonders bunte Verpackungen sind häufig auf Augenhöhe von Kindern platziert, um deren Aufmerksamkeit zu erregen. Gerade der Kassenbereich besteht fast ausschließlich aus Quengelware, die möglichst impulsiv gekauft wird. Das gilt besonders für Süßigkeiten, aber auch für Kaugummis und Alkohol - meist in kleineren Einzelpackungen. Das veranlasst nicht nur Kinder dazu, ihre Eltern vom Kauf zu überzeugen - auch viele Erwachsene bedienen sich hier.

Mogelpackungen werden zum Ärgernis der Kunden immer mehr. Damit sind versteckte Preiserhöhungen gemeint, die für Verbraucher oft nicht als solche zu erkennen sind. Die Verbraucherzentrale kürt sogar jedes Jahr die Mogelpackung des Jahres. In 2024 hat sich diesen fragwürdigen Titel die Saftmarke "Granini" verdient. Im Frühling veränderte das Unternehmen die Rezeptur des einst hundertprozentigen Fruchtsaftes deutlich, der Anteil an Orangensaft wurde halbiert und mit Zuckerwasser ersetzt. Die Verpackung hingegen wurde kaum verändert, für Verbraucher ist das besonders ärgerlich. Die Verbraucherschützer empfehlen deshalb, den Kilo- beziehungsweise Grundpreis im Auge zu behalten und regelmäßig einen Blick auf die Zutatenliste zu werfen.

Viele Supermärkte haben inzwischen eigene Apps, die das Einkaufen und den Überblick über Angebote erleichtern sollen. Doch die Rabatte liegen häufig nur im kleinen Prozentbereich. Die Apps sind für die Betreiber ein wirksames Mittel, die Kunden an das eigene Unternehmen zu binden und vor allem Daten zu sammeln. Wer alle seine Einkäufe in einer App dokumentiert, liefert den Supermärkten ein sehr genaues Bild der eigenen Gewohnheiten und des Kaufverhaltens - und damit allerhand Möglichkeiten für noch personalisierteres Marketing, das zu noch mehr Einkäufen führen kann.

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