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Was der neue CO2-Preis für den Geldbeutel des Bürgers bedeutet

Erik Stecher

Redaktion Politik und Wirtschaft

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27.3.2021, 05:55 Uhr
Tanken wird teurer, heizen auch - und die CO2-Abgabe betrifft etliche weitere Produkte und Dienstleistungen. Die Kosten für die Verbraucher sind sehr unterschiedlich - und lassen sich stark senken, wenn man auf klimafreundliche Alternativen umsteigen kann.

© Sven Hoppe, dpa Tanken wird teurer, heizen auch - und die CO2-Abgabe betrifft etliche weitere Produkte und Dienstleistungen. Die Kosten für die Verbraucher sind sehr unterschiedlich - und lassen sich stark senken, wenn man auf klimafreundliche Alternativen umsteigen kann.

Eine neue Abgabe, die fast jeden Verbraucher betrifft: Seit Jahresbeginn wird in Deutschland ein Preis für die Emission von Kohlendioxid (CO2) erhoben. Das wirkt sich vor allem auf die Heiz- und Spritkosten aus, aber auch auf viele Konsumgüter. Und die Kosten steigen in den kommenden Jahren stetig, die Stufen sind bereits festgelegt. So wie der Klimawandel nahezu jeden betrifft, wird auch das Gegensteuern mit der CO2-Abgabe für die meisten Konsumenten spürbar. Wie hoch die Zusatzkosten für die Bürger konkret sind, sollen einige Musterbeispiele zeigen.


Die neuen Zusatzkosten für Heizen und Tanken im Vergleich


Mit dem neuen CO2-Bepreisung werden Unternehmen belastet, die Heizöl und Erdgas oder Benzin und Diesel auf den Markt bringen. Sie müssen dafür Emissionsrechte kaufen – und geben diese Kosten durch Preiserhöhungen an ihre Kunden weiter. Seit Januar gilt ein Preis von 25 Euro pro Tonne CO2, die beim Verbrennen des Heiz- oder Kraftstoffs freigesetzt wird. Das wird bei vielen Konsumgütern die Kosten für die Herstellung und den Transport erhöhen und damit auch den Preis.

Deutlich werden die Folgen der neuen CO2-Abgabe an der Zapfsäule und bei den Heizkosten. Wie sich die aktuelle Preisstufe in der Praxis auswirkt, haben der ADAC Nordbayern und der Nürnberger Versorger N-Ergie für unsere Leser in verschiedenen Beispielfällen ausgerechnet.

Der ADAC geht in diesem Jahr von einer Preiserhöhung um 7,7 Cent pro Liter Benzin und 7,6 Cent pro Liter Diesel aus. Mit den bereits festgelegten weiteren Preisstufen steigt die aktuelle Abgabe von 25 Euro pro Tonne CO2 bis 2025 auf 55 Euro. Die Spritpreise werden dann voraussichtlich um insgesamt 15 bis 17 Cent pro Liter teurer.

SUV-Fahrer zahlen bis zu 200 Euro mehr

Rund 200 Euro Mehrkosten im Jahr fallen demnach 2021 bei einem großen Fahrzeug wie etwa einem Oberklasse-SUV an, der einen hohen Verbrauch hat und auch häufig genutzt wird. Mit etwa 90 Euro zusätzlichen Kosten durch die CO2-Abgabe muss man bei einem weniger intensiv gefahrenen Mittelklassewagen rechnen, rund 20 Euro sind es bei einem sparsameren und seltener genutzten Kleinwagen. In allen Beispielen handelt es sich um Benziner.

Für die meisten Bürger wird auch das Heizen teurer. Am stärksten wirkt sich die CO2-Abgabe bei Ölheizungen aus, wie die Berechnungen der N-Ergie für verschiedene Beispielhaushalte zeigen. Eine Familie in einem Einfamilienhaus kann in diesem Jahr dadurch eine zusätzliche Belastung von ca. 197 Euro erwarten. Mit rund 142 Euro Zusatzbelastung muss ein Paar in einer Wohnung rechnen, in einer kleinen Single-Wohnung sind es rund 39 Euro.

Erdgas deutlich günstiger als Öl

Günstiger sind die Aufschläge bei Erdgas. Hier errechnet die N-Ergie für den Beispielhaushalt im Einfamilienhaus eine Zusatzbelastung durch die CO2-Abgabe von etwa 135,39 Euro im Jahr. In der mittelgroßen Wohnung kommen rund 97,48 Euro hinzu, in der Single-Wohnung rund 27,08 Euro.

Die CO2-Abgabe soll bewirken, dass die Bürger den Verbrauch von fossilen Brennstoffen reduzieren: durch sparsamere Nutzung sowie durch den Umstieg auf Energiequellen, für die keine Abgabe fällig wird. Schon heute sind umweltfreundliche Heizsysteme im Verbrauch oft günstiger als Öl und Erdgas. Für den Beispielhaushalt im Einfamilienhaus käme etwa eine Wärmepumpe in Frage, laut Berechnung der N-Ergie liegt sie mit jährlichen Verbrauchskosten von rund 1208 Euro deutlich unter den Ausgaben für Öl (1607 Euro Jahresverbrauch plus 197 Euro durch die CO2-Abgabe) und Erdgas (1534,86 Euro Jahresverbrauch plus 135,39 Euro CO2-Abgabe). Beim Heizen mit Holzhackschnitzel würde der Jahresverbrauch im Einfamilienhaus nur bei rund 750 Euro liegen.

Umstieg auf Elektro-Autos lohnt sich

Auch beim Autofahren kann sich der Umstieg oft schon heute lohnen. Dennis Heldt, Sprecher des ADAC Nordbayern, verweist zwar darauf, dass neben den reinen Fahrtkosten pro Kilometer natürlich auch Kaufpreise, Reparaturen, Wertverlust und weitere Faktoren bedacht werden müssen. "Die Kosten für die Wartung fallen bei E-Autos aber günstiger aus", stellt er fest. Und die aktuellen Fördermaßnahmen und Subventionen "machen E-Autos in der Anschaffung tatsächlich konkurrenzfähig und teilweise günstiger". Wenn man in den Preis pro Kilometer neben dem Sprit- oder Stromverbrauch alle weiteren Kostenfaktoren wie Versicherung, Verschleiß, Kfz-Steuer etc. einbezieht, so kommt der ADAC beim Vergleich von Verbrennern und E-Autos zu einem erstaunlichen Ergebnis: Nicht immer, aber sehr oft fährt man günstiger mit der elektrischen Variante. Bei VW ist beispielsweise der e-Golf mit Gesamtkosten von 40,8 Cent pro Kilometer etwa 7 Cent günstiger als der Benziner. Auch beim Ausbau der Lademöglichkeiten geht es voran: Die E-Mobilität ist im Kommen.

Schwerer zu ermitteln als die steigenden Preise beim Heizen und Tanken sind indirekte Belastungen von Konsumgütern und Dienstleistungen, deren Erzeugung und Transport durch die CO2-Abgabe teurer werden. "Neben den Bereichen Wohnen und Mobilität zählen insbesondere die Nahrungsmittel zu den großen Ausgaben eines typischen Haushalts", sagt Mario Liebensteiner, Juniorprofessor für Energiemärkte und Energiesystemanalyse an der Friedrich-Alexander-Universität Erlangen-Nürnberg. Die höheren Transportkosten könnten sich etwa bei Lebensmitteln wie Obst und Gemüse oder Fleisch bemerkbar machen. "Da die neue CO2-Bepreisung aber nur in Deutschland erfolgt, sind nationale Transporte im Verhältnis stärker betroffen als internationale", gibt Liebensteiner zu bedenken. Der Aufpreis betrifft nur den Transport im Inland, auch wenn zum Beispiel Weintrauben zuvor um die halbe Welt geflogen wurden. "Wirksamer und auch gerechter wäre es daher, wenn sich ein solcher CO2-Preis auch international durchsetzt, zum Beispiel auf EU-Ebene oder möglichst global."


Schaeffler: Mehr Aufträge im Bereich E-Mobilität erwartet


Bauen wird deutlich teurer

Konkrete Beispiele für die Preisentwicklung einzelner Produkte oder Dienstleistungen lassen sich aktuell noch nicht ermitteln: Der Zeitraum seit der Einführung der Abgabe zu Jahresbeginn ist sehr kurz, die erste Preisstufe noch nicht so hoch – und durch den Lockdown gibt es Preisverzerrungen. "Ich gehe aber davon aus, dass sich bei den weiteren Preisstufen einige Konsumgüter spürbar verteuern werden", sagt Liebensteiner. Deutliche Preisanstiege erwartet er insbesondere bei energieintensiv produzierten Produkten, die transportiert werden müssen, wie etwa Stahl, Zement und Beton – was das Bauen deutlich teurer machen wird.

Liebensteiner findet es prinzipiell richtig, mit einer CO2-Abgabe Signale zu setzen: "Es brennt wirklich der Hut". Aber er gibt auch zu bedenken: "Verbraucher und Unternehmen planen langfristig, wenn es um Investitionen und den Umstieg auf Alternativen geht. Daher solle man die Kostensteigerungen bei der CO2-Bepreisung sehr langfristig und langsam planen." Den Preisanstieg von den im Januar eingeführten 25 Euro pro Tonne CO2 bis hin zum Preiskorridor von 55 bis 65 Euro in fünf Jahren sieht er daher kritisch: "Der Zeitplan ist sehr ambitioniert." Investitionen in neue Fahrzeuge oder Heizungssysteme brauchen Vorlauf, und das gilt erst recht für die Etablierung neuer Technologien, die Umstrukturierung der Stromerzeugung und neue Arten des Hausbaus. Eine CO2-Abgabe hätte Liebensteiner zufolge früher und dafür mit kleineren Schritten eingeführt werden sollen. "Wir haben es 20 Jahre lang versäumt und jetzt drängt die Zeit."

Manche Bürger brauchen Unterstützung

Trotz des Zeitdrucks ist es Liebensteiner zufolge wichtig, soziale Härtefälle zu vermeiden. Eine Erhöhung der Pendlerpauschale von 30 auf 35 Cent, die aber erst ab dem 21. Kilometer greift, kann zumindest einem Teil der Autofahrer eine leichte Entlastung bieten. Um den Anstieg der Strompreise zu bremsen, wird zudem die EEG-Umlage gedeckelt - was jedoch nicht die Erhöhung anderer Gebühren wie etwa der Netzentgelte verhindert. Daher werden etliche Haushalte bei steigenden CO2-Preisen weitere Unterstützung brauchen. Weil sie sich zum wegen einer geringen Einkommens nicht den Kauf eines neuen Heizsystems leisten können. Oder weil sie auf dem Lande keine praktikable Anbindung an öffentliche Verkehrsmittel haben und das alte Auto bis zum bitteren Ende nutzen müssen.

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