Das zumindest glaubt die Ökonomin Veronika Grimm, die zusammen mit Nürnbergs Sozialreferentin Elisabeth Ries Gästin der 6. Folge von "Open Shutdown" war - der Online-Diskussionsreihe von Staatstheater Nürnberg und Nürnberger Nachrichten, moderiert dieses Mal von NN-Chefredakteur Alexander Jungkunz. Das bezeichnende Thema das Abends: "Wer soll das bezahlen?"
Kosten für Corona-Hilfen ein Thema im Wahlkampf
Grimm ist nicht irgendwer. Als Mitglied im Gremium der sogenannten Wirtschaftsweisen hat die Stimme der Lehrstuhl-Inhaberin an der Uni Erlangen-Nürnberg Gewicht bei den politischen Entscheidungsträgern im Land. Erst recht in diesem Jahr der Bundestagswahl, bei der die Frage nach den Kosten der Corona-Hilfen im Wahlkampf eine große Rolle spielen dürfte.
Die Ökonomin hält den weitgehenden Lockdown im vergangenen Frühjahr in Kombination mit staatlicher Hilfe, um die Folgen für die Wirtschaft abzufedern, auch rückblickend für richtig. "Was wäre denn die Alternative gewesen", hält Grimm den Kritikern entgegen. Das Virus sich einfach verbreiten lassen? "Dann wäre durch die gesundheitliche Verunsicherung auch vieles zusammengebrochen, aber viel unkontrollierter."
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Ohne Hilfsgelder wiederum, so die Ökonomin, wären viele Unternehmen in die Insolvenz gerutscht, hätten Menschen ihre Arbeit verloren, wäre es nach dem historischen Einbruch der Wirtschaft im 2. Quartal nicht zu der für viele überraschend schnellen Erholung ab dem 3. Quartal gekommen. Dass diese Entwicklung im Grundsatz auch im aktuellen zweiten Lockdown stabil ist, nährt nun die Hoffnung der Wirtschaftsweisen.
Grimm: "Staat muss schlau investieren"
Der Staat sei jetzt gefordert, "schlau zu investieren", erklärt Grimm. Heißt für sie, nicht querbeet mit der Gießkanne, sondern so, dass die Wirtschaft fit wird für den ohnehin laufenden Strukturwandel in vielen Branchen hin beispielsweise zu mehr Klimaschutz oder Digitalisierung. "Dann haben wir die Chance, aus dieser Krise auch herauszuwachsen." Was dann wiederum die Steuerkassen fülle und so die derzeitigen Kosten finanziere.
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Apropos Steuern: Von Ideen wie der Einführung eines Corona-Solis oder einem Comeback der Vermögenssteuer, das vor allem die SPD fordert, hält Grimm wenig bis nichts. Die möglichen Mehreinnahmen stünden in keinem Verhältnis zum bürokratischen Aufwand. Und allein schon die Debatte verunsichere Verbraucher und Unternehmen. "Wir müssen jetzt Mut machen!"
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Für mehr Steuergerechtigkeit gebe es bessere Wege, ist die Ökonomin überzeugt. Viel sinnvoller und effektiver seien Korrekturen im bestehenden System, zum Beispiel um Fehlanreize abzustellen, von denen derzeit zudem vor allem die Besserverdienenden profitierten. Etwa bei den Subventionen für fossile Energieträger. Grimm: "Durch ein bisschen Aufräumen lässt sich da viel Potenzial heben."
Corona verschärft soziale Spaltung
Denn dass die soziale Spaltung eine Gefahr für die Gesellschaft ist, darin war sich Grimm auch mit der Nürnberger Sozialreferentin einig - und zwar eine, die sich durch die Pandemie noch verschärfe. Beispielhaft sehe man das am Bildungssektor, so Elisabeth Ries. Schon vor der Krise sei es ein Problem gewesen, dass in Deutschland Bildung besonders stark von der sozialen Herkunft abhängt.
"Die Besonderheit dieser Krise ist, dass die Kinder- und Jugendarbeit auch eingeschränkt läuft, siehe das Thema Berufsberatung", ist Ries beunruhigt. Und Grimm kritisiert, dass die Politik bis heute keine Lösungen diskutiere, wie mit dieser Situation umzugehen sei - sondern einfach nur warte und hoffe, dass bald alles wieder normal laufen kann.