Investitionen wären sinnvoller

Kriegstüchtigkeit und Veteranentag: Deutschland rüstet auf - bisher nur verbal

Alexander Jungkunz

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15.11.2023, 05:55 Uhr
Legt neue Verteidigungspolitische Richtlinien vor, in denen von "Kriegstüchtigkeit" die Rede ist: Boris Pistorius.

© Marcus Brandt/dpa Legt neue Verteidigungspolitische Richtlinien vor, in denen von "Kriegstüchtigkeit" die Rede ist: Boris Pistorius.

Das Wort erschreckt uns: "Kriegstüchtig" müsse das Land werden, so Verteidigungsminister Boris Pistorius. Kriegstüchtig? Das klingt gerade für uns Deutsche, die wir viele Jahrzehnte viel zu kriegstüchtig, ja kriegslüstern waren, wie ein Tabu.

Kritische Reaktionen auf Pistorius

So fielen auch die Reaktionen aus. Markus Söder etwa kritisierte "eine echt unglückliche Metapher". Deutschland "will sich verteidigen können und will wehrhaft sein, aber nicht kriegsbegeistert“, so der CSU-Chef. Auch Anton Hofreiter von den Grünen und andere gingen auf Distanz.

Aber was meint "kriegstüchtig"? Nicht kriegslüstern. Sondern fähig, ertüchtigt, einen Verteidigungskrieg - einen Angriffskrieg verbietet unser Grundgesetz aus nur zu guten Gründen - zu führen. Das ist schlicht der Zweck einer Armee: in der Lage zu sein, einem Gegner standzuhalten. Sich zu verteidigen.

Wir verteilten schon die Friedensdividende

Die aber ist, um einen legendären "Spiegel"-Titel zu zitieren, "bedingt abwehrbereit". Aus verständlichen Gründen. Wir glaubten fast alle nach dem Ende des Kalten Krieges an Zeiten ohne Bedrohung, verteilten schon die "Friedensdividende" - und übersahen geflissentlich, weil es unsere Ruhe und unseren Geldbeutel gestört hätte, mögliche neue Konflikte und Kriege.

Das war, wie sich immer deutlicher herausstellt, auf vielen Feldern eine Illusion. Wir bezogen billige Energie von Russland - und schauten nicht so genau hin, wenn Putin immer wieder neue Kriege führte, bis sein (bisher) letzter gegen die Ukraine uns zu nahe kam. Wir hatten den Exporterfolg vor allem an China gekoppelt - einen heiklen Partner/Gegner. Und die militärische Sicherheit an Nato und vor allem die USA outgesourct, weil wir uns nie bedroht sahen.

Geschrumpfte Bundeswehr - durch Minister von CDU/CSU

Es waren in der Folge vor allem Verteidigungsminister von CDU/CSU, die unter breiter Zustimmung mit diversen "Reformen" (was ja meist Kürzungen bedeutet) die Bundeswehr schrumpfen ließen bis zur, man muss es so sagen, Kriegs-Untüchtigkeit. Das soll sich, Stichwort "Zeitenwende", bekanntlich ändern.

Dafür braucht es vor allem Investitionen, erst - aber auch - in zweiter Linie Anerkennung für das, was die Bundeswehr leisten soll. Ob die Truppe genügend Geld bekommt, um verteidigungsbereit zu sein, ist noch offen. Fast fest steht, dass es - wohl am 12. November, dem Tag der Gründung der Bundeswehr 1955, einen "Veteranentag" geben soll, der die Verdienste der Altgedienten würdigt.

Auch nach außen wehrhaft

Klar: Auch davon kann sich kein schlecht ausgerüsteter Soldat im Einsatz etwas kaufen. Es ist (wie die Gelöbnisse) ein Symbol, dass eine funktionierende Armee zur Lebenswirklichkeit einer auch nach außen wehrhaften Demokratie gehören muss. Selbstverständlich mit Soldaten, die "Bürger in Uniform" sind und bleiben, keine auf Befehl aggressionsbereiten Untertanen. Davon hatten gerade wir mehr als genug.

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