Böse Vorahnung: Trifft ZF-Stellenabbau auch Nürnberg?

25.6.2020, 14:54 Uhr
Böse Vorahnung: Trifft ZF-Stellenabbau auch Nürnberg?

© Foto: imago images/Becker & Bredel

Seit einem Monat wissen die Mitarbeiter von ZF, dass der Kfz-Zulieferer einen empfindlichen Stellenabbau plant. Ein Monat voller Gerüchte, welche Standorte es wohl wie stark treffen wird, ein Monat voller Sorgen und Zukunftsängste. Jetzt ruft die bayerische IG Metall die Beschäftigten auf die Straße, verteilt über die ganze Woche – und heute in Nürnberg.

12.000 bis 15.000 Stellen stehen bei ZF auf der Kippe, etwa die Hälfte davon in Deutschland. Wie die Konkurrenz steht der Kfz-Zulieferer vor der Aufgabe, freier vom Geschäft mit dem Verbrennungsmotor zu werden, Geld in die Entwicklung des automatisierten Fahrens und der alternativen Antriebe zu stecken, und das alles seit Corona unter noch einmal verschärften Bedingungen. "Die sammeln zurzeit Geld ein, wo sie nur können", so ein Insider gegenüber unserer Redaktion.

Würde es gerade das Werk in der Nürnberger Südstadt mit seinen aktuell knapp 1000 Beschäftigten besonders hart treffen, es würde niemanden überraschen. Eine Liebesbeziehung zwischen der Gießerei und ZF war es nie. Schon 2011 hatte der Konzern die damals insolvente Honsel-Fabrik nur deshalb gerettet und übernommen, weil ein plötzlicher Wegfall der fränkischen Getriebegehäuse die eigenen Lieferketten noch schmerzhafter gestört hätte.

Keine Aussagen zu einzelnen Standorten

Unter verschärfter Beobachtung standen die Nürnberger seitdem immer. Und da stärkt es die eigene Position nicht, dass der Standort im vergangenen Jahr Verluste auswies, wie Roland Wehrer von der IG Metall Nürnberg bestätigt. "Dabei könnte ZF das Werk voll auslasten, wenn ZF das nur wollen würde", schimpft der Gewerkschafter.

Langfristige Aufträge für Kunden wie BMW habe der Kfz-Zulieferer genug, betont Wehrer. Sein Verdacht aber sei, dass die Konzernzentrale in Friedrichshafen darauf schiele, diese Arbeiten künftig lieber an billigere Hersteller im Ausland auszulagern. Die Kundgebungen diese Woche seien daher auch ein Signal: "Wir wehren uns! Wie kämpfen für unsere Arbeitsplätze!"


ZF-Mitarbeiter protestieren gegen Stellenstreichungen


ZF selbst weigert sich weiter, Aussagen zu einzelnen Standorten zu machen. "Wir können verstehen, dass sich die Beschäftigten in dieser Situation Sorgen um ihre Arbeitsplätze machen", erklärt ein Sprecher nur. Außer in Nürnberg beschäftigt der Kfz-Zulieferer in der Region auch 1300 Mitarbeiter in Auerbach und Bayreuth. Da an diesem Doppel-Standort Elektronik für die E-Mobilität entwickelt wird, gelten diese Arbeitsplätze derzeit jedoch als zumindest halbwegs sicher.

Garantie ohne Wert?

Ein Knackpunkt der noch immer nicht gestarteten Verhandlungen zwischen Management und Arbeitnehmervertretern wird werden, was die Standort- und Beschäftigungsgarantien wert sind, die es an fast jedem deutschen ZF-Standort gibt – in Nürnberg gültig bis Ende 2021, in Auerbach/Bayreuth bis Ende 2022. Aus konzernnahen Kreisen verlautete, der Kfz-Zulieferer werde wohl versuchen, sich auf die darin enthaltene "Hagelschlag-Klausel" zu berufen. Diese erlaubt Nachverhandlungen bei besonders dramatischen Ereignissen. Etwa einer Pandemie.

ZF sei außerdem nur wichtig, dass am Ende die Kosten eingespart würden, die bis zu 15 000 Stellen entsprechen. Wenn das auch auf anderen Wegen wie etwa Zugeständnissen bei Weihnachts- und Urlaubsgeld möglich sei, könne die Gesamtzahl der Arbeitsplätze, die verloren gehen, niedriger ausfallen, so ein Insider.

Leicht, das deutet sich bereits an, werden die Gespräche nicht. Gewerkschafter Wehrer jedenfalls hält den geplanten Stellenabbau für "deutlich überzogen, wenig nachvollziehbar und ein bisschen frech". Johann Horn, Bezirksleiter der IG Metall in Bayern, spricht ebenfalls von einem "fatalen Signal" – angesichts der Staatshilfen, die viele Unternehmen gerade bekämen. Eben auch, um Jobs in der Krise zu erhalten.

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