Ahrenshoops Licht ist einzigartig grau

15.7.2017, 08:00 Uhr
Ahrenshoops Licht ist einzigartig grau

© Gudrun Bayer

Darß heißt dieses Land, das früher eine Insel war. Gelegen zwischen der Halbinsel Fischland und der Halbinsel Zingst. Da aber die Verbindungen zwischen Ostsee und Bodden aus unterschiedlichen Gründen verlandet sind - also aufgefüllt wurden - hängen die drei nun aneinander.

Kurz vor Ahrenshoop endet Fischland und beginnt Darß. Und direkt durch Ahrenshoop verläuft die historische Grenze zwischen Pommern und Mecklenburg. Eine Tafel in der Straße, die Grenzweg heißt, erinnert noch daran. Eine Tafel allerdings, der Touristen nur einen kurzen Blick gönnen. Denn eigentlich suchen sie etwas ganz anderes, wenn ihnen nicht nach Baden in der Ostsee ist, sondern sie grüppchenweise durch den 650-Einwohner-Ort ziehen. Sie suchen Künstler. Und Häuser, in denen Künstler gelebt haben. Oder am besten: noch leben. Und sie werden fündig.

Denn seit Landschaftsmaler Paul Müller-Kaempff im Jahr 1889 das abgelegene Fischerdorf mit seinem eigentümlichen Licht entdeckte, zieht es tatsächlich Kreative hierher. Manche bleiben für immer, manche kommen hin und wieder. Als Erster baute sich Müller-Kaempff 1892 ein eigenes Haus - und begründete so die Künstlerkolonie Ahrenshoop, die heuer 125-jähriges Jubiläum feiert. Zu Müller-Kempff gesellten sich schnell Kollegen. Anna Gerresheim und Elisabeth von Eicken etwa. Oder Hugo Jaeckel und Fritz Grebe. "Grau war damals chic", erklärt Matthias Schümann vom Kunstmuseum Ahrenshoop. Das gefiel den Impressionisten. Und sie malten nicht nur, sondern unterrichteten auch; gründeten also Malschulen; zogen mit ihren Schülern - oft junge Frauen aus gutem Hause - durch die Gegend. Und veränderten damit den Ort. Prägen ihn bis heute.

Großer Ausverkauf der Künstlerkolonie

Dabei verlor die Künstlerkolonie, wie Andrea Krüger von der Kurverwaltung beim Ortsrundgang erklärt, schon durch den Ersten Weltkrieg wieder an Bedeutung. Die Maler verarmten. Mit Kriegsende 1918 setzte der große Ausverkauf in Ahrenshoop ein. Auch Kolonie-Gründer Müller-Kaempff musste alles aufgeben, was er sich aufgebaut hatte. Was nicht bedeutet, dass danach keine Künstler mehr kamen. Im Gegenteil: Generationen von Malern fanden hier Inspiration. Und prominente Vertreter anderer Kunstgattungen, aber auch Wissenschaftler oder Politiker fanden zumindest Urlaubsruhe. Albert Einstein zum Beispiel, Bertolt Brecht oder Gerhart Hauptmann.

Ahrenshoops Licht ist einzigartig grau

© Gudrun Bayer

Heute leben Musiker, Komponisten, Schriftsteller, Töpfer und Maler in Ahrenshoop. Manche bleiben lieber privat und arbeiten zurückgezogen. Andere nutzen das Interesse der Touristen. Die Töpfer-Familie Löber etwa hat ihren Garten und die Hälfte ihres Wohnhauses zur Galerie umfunktioniert. Da kann es schon mal passieren, dass ein Besucher in der - eigentlich privaten - Küche steht.

Zu den aktuell zwölf Malern in Ahrenshoop gehört der Bürgermeister. Seit fast 25 Jahren leitet der eigentlich aus Sachsen zugezogene Hans Götze die Geschicke des Ortes nun schon. Und er passt dabei gut auf, dass das Ortsbild erhalten bleibt, obwohl der Baugrund begehrt ist und Investoren gerne für Verdichtung sorgen würden. Götze malt in seinem eigenen Atelier. Er gibt außerdem - als einer von mehreren am Ort - Malkurse. Am liebsten im Februar, weil da die Natur für überraschende Farben sorgt. Und weil es da ruhiger ist. Das hilft den Malschülern - und Ahrenshoop: "Saisonverlängerung" ist Götzes Stichwort. Und meint damit: Die Kunst sorgt außerhalb der Badezeit für überdurchschnittlich viele Gäste. Also noch etwas, das am Licht liegt.

Nächste Jubiläums-Höhepunkte:
5. 8.: Ahrenshooper Kunstauktion, 19. 8.: Lange Nacht der Kunst, 6. bis 9. 9.: Ahrenshooper Filmnächte, noch bis 8. 10: Ausstellung Licht, Luft, Freiheit - 125 Jahre Künstlerkolonie, 20. / 21. Oktober: Symposium im Kunstmuseum

Mehr Informationen:
Kurverwaltung Ahrenshoop,
www.ostseebad-ahrenshoop.de,
Tourismusverband Mecklenburg-Vorpommern,
www.auf-nach-mv.de, der diese Reise unterstützt hat.

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