Wenn die Direktorin um Klopapier kämpft

Gudrun Bayer

Gute Reise

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25.05.2019, 08:00 Uhr
Wenn die Direktorin um Klopapier kämpft

© Rhinos Without Borders

Die Schweißperlen auf der Stirn von Gloria Ndlovu verbinden sich zu kleinen Rinnsalen. Es ist heiß im Büro der Kurhula High School in Huntingdon. Südafrikas Sonne brennt seit dem Morgen von außen auf den Container. Innen steht die Luft, der kleine Ventilator ist machtlos dagegen. Außerdem hat sich Gloria in Wallung geredet. Schließlich geht es um ihre Schule. Und um ihre Schüler.

Jedes Detail will die 55-jährige Direktorin dem Besuch aus Deutschland deshalb nahebringen. Wie sie mit den gerade mal neun Lehrern einen guten Stundenplan für die 255 Schüler zusammenstellt; wie es gelang, dass von der ersten Abschlussklasse der jungen High School im vergangenen Jahr 80 Prozent die Prüfung geschafft haben; dass der Drucker nicht mehr funktioniert, weil der Toner zu teuer ist und manchmal sogar das Geld für Klopapier fehlt. Aber auch, dass diese weiterführende Schule so gut und wichtig für die Menschen von Huntingdon ist. Ein wirklicher Fortschritt. Ein großes Stück Hoffnung für die Zukunft in einer Gegend im Nordosten des Landes, in der die Armut groß ist und die Teenager-Schwangerschaft ebenso.

Glorias Botschaft ist eine Mischung aus großem Stolz und aus der eindgringlichen Bitte um Unterstützung. Mit nagelneuen rosa High Heels stakst sie über den tiefsandigen Hof, zeigt, dass es in den Klassenzimmer-Containern ebenso stickig ist wie im Büro. Zeigt, dass die zehn Toiletten völlig überlastet sind und viel zu wenig Intimsphäre bieten; will die Aufmerksamkeit der Gäste unbedingt dafür nutzen, auf das hinzuweisen, was ihre Schule alles dringend benötigt.

Und sie vermittelt doch, wie kostbar es ist, dass es die Einrichtung überhaupt gibt. Dass die Jugendlichen der 4000-Einwohner-Gemeinde Huntingdon Bildung im Heimatort bekommen. Bildung und geregelte Mahlzeiten, um deren Nährstoff-Zusammensetzung sich die Direktorin höchstpersönlich kümmert. „Vorher mussten die Schüler fünf Kilometer laufen, um zur High School zu kommen“, sagt sie. Und in diesem Satz schwingt das ganze jahrelange Ringen mit, bevor es so weit war. Und die Freude darüber, dass es geklappt hat.

Wenn die Direktorin um Klopapier kämpft

© Gudrun Bayer

Vusi Nkuna kennt Glorias Temperament und Engagement schon. Der 33-Jährige ist der regionale Vertreter der Africa Fundation, also der Hilfsorganisation, die den Bau der High School finanziert hat. Er notiert alle Anregungen und Wünsche der Direktorin. Aber er sagt: „Auf unserer Liste stehen viele Projekte. Wir müssen Prioritäten setzen. Im Vergleich zu anderen Einrichtungen geht es der Kurhula High School eigentlich gut. Doch vielleicht können wir hier doch bald wieder etwas tun.“

Die Africa Foundation ist eine Non-Profit-Organisation mit Niederlassungen in Südafrika und in London. Ziel: Die Entwicklung ländlicher Gebiete in Südafrika, aber auch in Botswana, Kenia, Mosambik, Namibia, Tansania und Sansibar. Geschaffen wurde sie vor 25 Jahren vom Luxus-Lodge-Betreiber andBeyond. Der hatte schon bei seiner Gründung 1991 im Blick, dass Tourismus immer mit Verantwortung verknüpft ist. Für die Menschen, die in den Urlaubsgebieten leben. Und für die Natur. Anfangs war die Afrika Foundation Teil des Unternehmens, mittlerweile ist sie selbständig. Sie finanziert sich aus Spendengelder, die oft auch von den Gästen der andBeyond-Lodges kommen.

Mit dem Kirkman´s Kamp und der Tengile River Lodge stehen zwei solcher Unterkünfte  in der Nähe von Huntingdon im privaten Wildtierschutzgebiet Sabi Sand. Wer in seinen Ferien hierher kommt, will die Tierwelt Afrikas beobachten. Leoparden, Elefanten, Nashörner, Büffel, Giraffen oder Zebras. andBeyond kümmert sich nicht nur darum, dass es diesen Tieren rund um die Unterkünfte gut geht. Sondern investiert auch in zahlreiche Artenschutzprojekte.

Zum Beispiel in „Rhinos without Borders“ Das Vorhaben: 100 Nashörner vor den Wilderen in Südafrika zu schützen und ins sichere Botswana umzusiedeln. 40.000 Euro kostet das pro Nashorn. Das Budget des gesamten Projekts liegt bei über vier Millionen Euro. 87 Tiere wurden bereits nach Botswana gebracht, noch in diesem Jahr sollen die 100 erreicht werden.

Federführend ist Les Carlisle, der Naturschutzbeauftragte von andBeyond. Er hatte 1991 als junger Mann im privaten Wildtierreservat Phinda angeheuert. „Sie brauchten jemand, der Zulu spricht und der Tiere fangen kann. Ich konnte beides“, erzählt er und lacht.

Längst ist Carlisle ein international gefragter Wildtierexperte.Und obwohl „Rhinos without Borders“ noch nicht beendet ist, hat er bereits die nächste Vison: Die Rettung der Adersducker und der Moschusböckchen, zwei sehr kleiner Antilopenarten, die in Sansibar leben und stark gefährdet sind. 

Mehr Informationen:

Reiseveranstalter andBeyond

www.andbeyond.com, der die Recherche unterstützt hat.

www.rhinoswithoutborders.com/

www.africafoundation.org.za/

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