Mercedes GLB: Außen SUV, innen Van
29.11.2019, 18:01 UhrAls Mercedes im Jahr 2012 die ursprüngliche, minivanartige A-Klasse ausrangiert hat, war unter deren Fans durchaus Bedauern zu spüren. Sieben Jahre später lässt sich besichtigen, dass die Entscheidung richtig war. Denn aus der neuen Architektur ist allerhand hervorgezaubert worden - neben A-Klasse und B-Klasse beispielsweise auch der coupéhafte CLA. Jetzt folgt das achte und größte Derivat: Der GLB schließt als Kompakt-SUV die Lücke zwischen GLA und GLC.
Kompakt – bei 4,63 Metern Länge? Darüber lässt sich durchaus streiten. Nicht aber über die Formgebung. Wo andere schamhaft die drei Buchstaben SUV zu vermeiden suchen, steht Mercedes selbstbewusst zur Geländewagen-Optik des GLB, die in ihrer Konsequenz nun gar nichts mit den inzwischen weitverbreiteten und lifestyligen Crossovern zu tun hat. "Der GLB ist ein kleiner Bruder des GLS geworden", sagt denn auch Chefdesigner Robert Lesnik.
Verschiebbare Rückbank, sieben Sitze
Unter der rauen Schale verbirgt sich freilich der weiche Kern eines Familienfreundes, der die räumlichen Talenten eines Vans mitbringt. Es gibt (ärgerlicherweise nur gegen Aufpreis von 428 Euro) eine um 14 Zentimeter verschiebbare Rücksitzbank, vor allem aber lassen sich zu 1320 Euro zwei zusätzliche und komplett im Wagenboden versenkbare Einzelsitze ordern, die den GLB zum Siebensitzer machen. Der Verschiebemechanismus für Reihe zwei ist dann im Preis bereits inbegriffen. Insgesamt können auf den fünf Fondsitzplätzen bis zu vier Kindersitze per Isofix befestigt werden.
Eine gewisse Gelenkigkeit und Geschicklichkeit erfordert es schon, nach ganz hinten durchzuklettern, Oma Gertraud mit der operierten Hüfte will man das nicht unbedingt zumuten, zumal die Plätze in der letzten Reihe auch nicht unbedingt für die Langstrecke taugen. Den Kids geht es dort aber allemal gut, und so rechnet Mercedes denn auch mit einer Siebensitzer-Bestellquote von 50 Prozent.
Dank eines üppigen Radstands von 2,83 Metern (das übertrifft den Minivan B-Klasse um zehn Zentimeter) sind die Passagiere ansonsten ausgesprochen bequem untergebracht. Das Gepäck nimmt ein 570 bis 1805 l großer Kofferraum auf, der bei siebensitziger Bestuhlung allerdings auf Minimal-Maße schrumpft. Opulente Ladelänge ergibt sich durch Umklappen des Beifahrersitzes, allerdings geht auch das nicht ohne Aufpreis ab, 179 Euro will Mercedes hierfür sehen.
Am Armaturenträger sieht sich der GLB-Fahrer mit der bekannten Cinemascope-Landschaft des Widescreen-Cockpits und dem lernfähigen MBUX-Multimediasystem konfrontiert, das bereitwillig auch auf Sprachbefehle ("Hey, Mercedes") reagiert. Weil man es ja mit einem Offroader zu tun hat, durchbrechen voluminös-kreisförmige Lüftungsdüsen das Edel-Ambiente in Ich-bin-ein-ganzer-Kerl-Manier.
Zwei Benziner, drei Diesel, ein AMG-Modell
Das ausschließlich vierzylindrige Motorenprogramm umfasst zwei Benziner mit 120 kW kW/163 PS (GLB 200) und 165 kW/224 PS (GLB 250) sowie drei Diesel mit 85 kW/116 PS (GLB 180d), 110 kW/150 PS (GLB 200d) und 140 kW/190 PS (GLB 220d). Außerdem gibt es ein extrastarkes AMG-Modell mit 225 kW/306 PS.
Immer verwaltet eine Automatik die Gänge, beim Basis-Benziner ein 7G-DCT, ansonsten ein 8G-DCT. Der GLB 200d lässt sich optional mit Allradantrieb geländefest machen (2213 Euro), im GLB 220d und im GLB 250 befindet sich die 4Matic serienmäßig an Bord.
Der frontgetriebene Einstiegs-Benziner GLB 200 mit Zylinderabschaltung ist zu Preisen ab 37.747 Euro sicherlich die Wahl der Vernunft, sein PS-Potenzial reicht für relaxtes Fahren durchaus aus. Allerdings agiert die (zusammen mit Renault entwickelte) 1,3-l-Maschine etwas knurrig und will auch nicht wirklich gut mit dem 7-G-DSG harmonieren.
Gut gefiel uns das Leben mit dem mittleren Diesel GLB 200d (ab 39.258 Euro). Obschon ihm 13 Pferdestärken weniger voranhelfen als dem GLB 200, legt er beim Drehmoment (320 statt 250 Nm) was drauf und wirkt insgesamt durchzugsstärker. Auch sein 8-G-DSG schaltet passgenauer und weicher. Und beim Verbrauch (5,0 bis 4,9 l/100 km gegenüber 6,2 bis 6,0 l) liegt der Selbstzünder ohnedies besser.
So offroadig der GLB aussieht, so sauber und sensibel bügelt er die Misslichkeiten von Schlechtwege-Asphalt aus. Für den Fahrkomfort gibt es somit eine glatte Eins.
Ob man Allradantrieb inklusive Offroad-Technik-Paket braucht, muss die jeweilige Lebenssituation entscheiden. Wir haben mit dem GLB einen Geländeparcours durchmatscht und durchklettert – ganz schön tough, was das Kompakt-SUV dort leistet. Zu besagtem Offroad-Paket gehören nebst einem speziellen Fahrprogramm und einer Dowhill-Speed-Regulation auch die Möglichkeit, via Display eine Animation der Fahrsituation einspielen zu lassen und außerdem das Offroad-Licht, das eine besonders breite und helle Lichtverteilung vor dem Fahrzeug erzeugt, indem es bis zu Tempo 50 das Abbiegelicht dazuschaltet.
Apropos Licht: Dass Mercedes den GLB nur mit Halogen-Scheinwerfern ausliefert (LED-Aufpreis 988 Euro), mutet bei einem nicht ganz billigen Premium-Fahrzeug schon etwas unwürdig an. Serienmäßig sind immerhin Leichtmetallräder, Multifunktionslenkrad und Klimaautomatik. Vom Premium-Navi übers Head-up-Display und das teilautomatisierte Fahren bis hin zu den feinen Hölzern bietet die Aufpreisliste freilich genug an, was den ohnedies unbescheidenen Basispreis von knapp 38.000 Euro in noch lichtere Höhen treibt.
Als Plug-in-Hybriden wird es den GLB übrigens nicht geben. Immerhin aber ergänzt 2021 der batterieelektrische EQB das Programm – der GLB macht dann auch auf ganz Grün.
Ulla Ellmer
Mercedes GLB in Kürze:
Wann er kommt: Im Dezember 2019
Wen er ins Visier nimmt: Skoda Kodiaq, VW Tiguan Allspace, Seat Tarraco etc.
Was ihn antreibt: Benziner mit 120 kW kW/163 PS, 165 kW/224 PS und 225 kW/306 PS, Diesel mit 85 kW/116 PS, 110 kW/150 PS und 140 kW/190 PS
Was er kostet: Ab 37.747 Euro (GLB 200)
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