Von 7 auf 19 Prozent

Preiserhöhung in der Gastro: Treibt die Mehrwertsteuer die Preise nach oben?

Jannik Westerweller

E-Mail zur Autorenseite

5.1.2024, 07:33 Uhr
Wer kann sich das noch leisten? So teuer wird ein Schnitzel im neuen Jahr. 

© IMAGO/Manfred Segerer Wer kann sich das noch leisten? So teuer wird ein Schnitzel im neuen Jahr. 

Ab dem 1. Januar 2024 wird die Mehrwertsteuer auf Speisen von sieben wieder auf 19 Prozent angehoben. Um die Gastronomie während der Corona-Krise zu entlasten, war der Steuerersatz für Speisen in Restaurants und Cafés vorübergehend von 19 auf sieben Prozent gesenkt worden. Die Regelung wurde wegen der Energiekrise mehrmals verlängert, zuletzt bis Ende des vergangenen Jahres.

Grund für die Anhebung ist der Bundeshaushalt der Ampel-Regierung. 60 Milliarden Euro fehlten ursprünglich, das Bundesverfassungsgericht entschied: Das Geld, das ursprünglich als Corona-Kredite gedacht war, dürfe nicht für Investitionen in Klima und Innovation umgewidmet werden.

Noch bis Herbst hatten Wirte zwar die Hoffnung, der vergünstigte Steuersatz aus der Corona-Zeit würde weiterlaufen. Dann strich die Koalition aus SPD, Grünen und FDP die Entlastungen. Indes protestieren Gastronominnen und Gastronomen: Es herrsche Personalmangel in diesem Bereich, zudem seien die Kosten ohnehin hoch. Wir berichteten. Ein Wirt aus Niedersachsen kündigte sogar einen dreimonatigen Streik an.

"Der ermäßigte Umsatzsteuersatz war bisher eine echte Hilfe für Gastronomie und Hotellerie. Der Branche geht es nach drei Verlustjahren in Folge aber immer noch schlecht. Die Ampel stößt Wirtshäuser, Restaurants, Cafés und Hotels mit ihrer Mehrwertsteuerentscheidung nun zielsicher in die nächste Krise, Preiserhöhungen, Arbeitsplatzverluste, Pleiten und eine Verarmung des sozialen Lebens werden die Folgen sein", so der Nürnberger Politiker Sebastian Brehm, Vorsitzender der CSU-Mittelstands-Union, im November.

Wird es teurer für Gäste?

"Wir werden nicht anheben", so Karl Krestel, Wirt des Traditionsrestaurants "Goldenes Posthorn". Er habe viele Stammgäste. "Das wird hochgespielt, alle bekommen dann so eine Hemmschwelle und fragen sich: 'Gehe ich überhaupt noch ins Restaurant?' Dem will ich einfach aus dem Weg gehen." Er wolle es jetzt vorerst so probieren, er hoffe, dass er ohne Preiserhöhung auskomme: "Wenn es betriebswirtschaftlich irgendwann erforderlich ist, werden wir es auch machen müssen", so Krestel.

Ebenfalls besorgt beobachtet Sofia Hilleprandt, Inhaberin der historischen Bratwurstküche "Zum guldenen Stern", die Entwicklung. "Ich habe vor drei Jahren das Restaurant von meinem Papa übernommen und kenne das Business nur mit sieben Prozent", erzählt sie uns. "Meine größere Sorge ist, wenn die Landwirtschaft jetzt die Preise anhebt, weil die Regierung ja auch der Landwirtschaft einen Strich durch die Rechnung macht." Dann müsse sie an zwei Seiten schauen, wie sie die Preise trotz der gestiegenen Kosten halten kann.

"Trotzdem will ich nicht Trübsal blasen und die Preise ankurbeln", so Hilleprandt. "Ich versuche, woanders zu sparen. Dann gibt es halt dreilagiges statt vierlagiges Klopapier", lacht sie. "Mir ist es wichtiger, dass die Leute immer noch gerne zu mir zum Essen kommen." Die Erhöhung wolle sie nicht an ihre Gäste weitergeben, es sei ja auch sinnvoller, wenn ihre Gäste "lieber dreimal im Monat als einmal im Monat" kämen. "Meine Gäste haben mir ja nichts getan", schließt Hilleprandt.

"Wir haben preistechnisch nicht angehoben. Wir zahlen halt die zwölf Prozent mehr", erzählt uns Max Laternik vom Bratwurstglöcklein in Nürnberg. "Wir gehen den humanen Weg, wir haben auch viele Stammgäste." Diesen wolle man nicht vor den Kopf stoßen.

Er sei zwar nicht begeistert, dennoch schaut Laternik optimistisch in die Zukunft: "Das ist halt der Politik geschuldet. Da klagen alle. Ich denke, kleine Betriebe werden es schon merken, aber die meisten haben schon ihre Gäste." Das Bratwurstglöcklein habe auch Glück mit seiner exponierten Lage in der Nähe des Hauptbahnhofs.

Doch nicht alle Restaurants gehen diesen Weg. Und auch die Zahlen sagen etwas anderes.

"Bisher haben wir noch nicht erhöht. Aber wir werden nicht darum herumkommen", so Heiko Schmid, Betriebsleiter der Pizzeria Provenza am Hauptmarkt. "Na ja, das kann man sich ja dann ausrechnen. Wenn die Pizza davor zehn Euro gekostet hat, dann kostet sie danach halt gute elf Euro."

Und damit ist Schmid nicht allein: Laut einer Umfrage des Deutschen Hotel- und Gaststättenverbands (Dehoga) geben knapp 63 Prozent der Gastronominnen und Gastronomen an, dass sie die Mehrwertsteuer-Erhöhung wirtschaftlich schwer treffen werde. Rund 17 Prozent gaben an, die Erhöhung treibe sie an den Rand des Ruins oder sie müssten ihren Betrieb mangels Perspektive aufgeben. Knapp 89 Prozent der Betriebe gaben an, sie müssten zum 1. Januar 2024 die Preise erhöhen.

So appelliert Dehoga-Präsident Guido Zöllick an die Bundesregierung: "Steuerfairness heißt, Essen einheitlich mit sieben Prozent zu besteuern. Wie kann es sein, dass nur für das Essen im Restaurant ab 1. Januar 2024 wieder 19 Prozent gelten, während für das verpackte Essen zur Mitnahme, To-Go oder Drive-In, die Essenslieferung sowie für den Fertigsalat aus dem Supermarkt weiterhin sieben Prozent gelten? Die Erhöhung auf 19 Prozent trifft unsere Gäste. Die Betriebe haben keine finanziellen Spielräume mehr. Preiserhöhungen sind vorprogrammiert." Noch bis zuletzt hatte die Branche vehement dafür gekämpft, die Steuersenkung nicht auslaufen zu lassen.

Verwandte Themen


4 Kommentare