Not macht erfinderisch

Ade Schäufele: Warum ein fränkischer Wirt jetzt auf mexikanische Küche setzt

Stefan Besner

Online-Redaktion

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16.2.2023, 14:04 Uhr
"Wir mussten uns überlegen, wie wir es schaffen können, für die Einheimischen und die Umgebung etwas Attraktives anzubieten.", erklärt Gallus seinen ungewöhnlichen Schritt

© IMAGO/Flavia Morlachetti "Wir mussten uns überlegen, wie wir es schaffen können, für die Einheimischen und die Umgebung etwas Attraktives anzubieten.", erklärt Gallus seinen ungewöhnlichen Schritt

Die Geschichte des "Roten Hahns" in Rothenburg liest sich wie eine Blaupause der Gastronomie anno 2022/23. Weil die früheren Mitarbeiter während der Corona-Pandemie in andere Branchen wechselten, suchte Wirt Dieter Gallus händeringend nach Fachpersonal. Da sich hierzulande allerdings kein adäquater Ersatz auftreiben ließ, richtete Gallus sein Auge in die Ferne - und zwar nach Mexiko. Drei junge Köche und eine Köchin rekrutierte der fränkische Wirt aus Mazatlán. Mit ihnen löste traditionelle mexikanische Küche die fränkische Hausmannskost ab. Aus dem "Roten Hahn" wurde "Don Gallo".

Enge Kontakte nach Mexiko

"Wir mussten uns überlegen, wie wir es schaffen können, für die Einheimischen und die Umgebung etwas Attraktives anzubieten.", erklärt Gallus seinen ungewöhnlichen Schritt, der bei genauerem Hinsehen gar nicht so ungewöhnlich anmutet. Der 73-jährige Gastwirt unterhält seit 50 Jahren enge Beziehungen in das Land der Sonne und spricht fließend spanisch. Seine Frau, mit der er seit 1974 verheiratet ist, ist selbst gebürtige Mexikanerin. "Wir haben uns zusammengesetzt und beschlossen, mexikanisch weiterzumachen. Aber wir wollten richtige, authentische mexikanische Küche, also nicht Tex-Mex, was man sonst überall so serviert bekommt."

Dschungel der Bürokratie

Um die hohen Qualitätsstandards zu halten, braucht es spezielle Fachkräfte. An der Universität in Mazatlán, im Bundesstaat Sinaloa, hielt Gallus deshalb einen Vortrag vor den 20 besten Absolventinnen und Absolventen im Studienfach Gastronomie. Elf bewarben sich anschließend auf die Stelle im kühlen Deutschland. "Und von den elf habe ich mir natürlich die vier besten rausgesucht. Und die sind jetzt da.", so Gallus.

Die größte Hürde beim Anheuern der jungen Spitzenköche sei laut Gallus die Bürokratie gewesen. Zuerst müsse man an der Einwanderungsstelle für Fachkräfte in Mittelfranken einen Antrag stellen. Kostenfaktor: "400 und noch ein paar Zerquetschte Euro" – pro Person. "Die Unterlagen gehen dann an die IHK, von da wieder zurück zur Regierungsstelle, von dort ans Arbeitsamt, zurück an die Regierungsstelle und letztendlich zur Deutschen Botschaft nach Mexiko." Nach einer kleinen Odyssee durch den Formular-Dschungel habe am Ende aber alles geklappt. Und auch, wenn die vier Köche sich erstmal akklimatisieren mussten, klimatechnisch wie menschlich, hätten sie sich inzwischen eingelebt.

Der "Rote Hahn" ist tot - es lebe "Don Gallo"!

Neben ihrer qualifizierten gastronomische Ausbildung sowie Erfahrung in verschiedenen Top-Restaurants, bringen Jose, Armando, Pedro und Minerva auch einen ganz neuen Schwung in das Rothenburger Restaurant. Mit ihrem jugendlichen Charme und ihrer mexikanischen Lebensfreude zaubern sie selbst dem grantigsten Franken ab und an ein Lächeln auf die Lippen und lassen ihn vielleicht das Schmachten ob des verlorenen Schäuferles vergessen.

Den neuen kulinarischen Horizonten scheint der fränkische Gaumen jedenfalls nicht abgeneigt zu sein. Das zeigt sich in der Resonanz. Die sei im "Don Gallo" auch bei alteingesessenen Stammgästen durchweg positiv. "Die Leute sind begeistert.", schwärmt der Wirt, dessen Innovationsgeist und Veränderungsbereitschaft es möglich machten, dass den "Roten Hahn" nicht dasselbe Schicksal ereilte wie so viele andere Gasthäuser. Auch, wenn es jetzt folgerichtig heißt: Der "Rote Hahn" ist tot - es lebe "Don Gallo"!

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