CSU in der Kritik
Bayern schiebt Frau aus Franken in brutale Militärdiktatur ab und trennt damit Mutter von Tochter
11.12.2024, 05:00 UhrBayern schiebt weiter fleißig ab, reißt dabei Menschen aus ihrem sozialen Umfeld und trennt Familien. Bis Ende September wurden in diesem Jahr 2.240 Menschen aus dem Freistaat abgeschoben, das waren mehr als 30 Prozent im Vergleich zum Vorjahreszeitraum. Erst vergangene Woche sorgte der Fall des 18-jährigen Nürnbergers Mohammad und seiner Familie für Empörung, der trotz vorbildlicher Integration Deutschland Anfang Januar verlassen soll, sonst droht eine Abschiebung. In dieser Woche wurde ein neuer Fall durch den Bayerischen Flüchtlingsrat publik gemacht. Im Landkreis Bamberg wehren sich hunderte Menschen gegen die Abschiebung einer Frau, die ebenfalls bestens integriert ist.
Nach jahrelanger Flucht vor dem Militärdienst in Eritrea und Aufenthalten im Sudan, in Libyen und Italien kommt Tsigehana Teklai 2017 mit ihrer damals 13-jährigen Tochter nach Deutschland. Sie arbeitet als Reinigungskraft oder auch in Bäckereien, kommt für ihren Lebensunterhalt selbst auf und ist Teil der evangelischen Johannesgemeinde in Hallstadt im Landkreis Bamberg. Im August 2024 wird ihr die Arbeitserlaubnis entzogen und am Freitag, 6. Dezember, kommt Teklai in Ausreisegewahrsam, berichtet der Bayerische Flüchtlingsrat.
Teklai soll nach Eritrea abgeschoben werden - ein Land, in das bisher kaum Abschiebungen durchgeführt werden. In Eritrea werden Frauen und Männer gezwungen, auf unbestimmte Zeit einen sogenannten Militärdienst abzuleisten. Laut Amnesty International gleicht dieser jedoch vielmehr Zwangsarbeit und in einigen Fällen auch Sklaverei - wer sich dem Dienst entzieht, wird hart bestraft. Amnesty International berichtet zudem von Misshandlungen und sexualisierter Gewalt in Militärzentren.
Auch der UN-Sonderberichterstatter informierte in einem Bericht für das vergangene Jahr, dass laut Angaben von ehemaligen Rekrutinnen in einem Militärausbildungslager Offiziere wehrpflichtige Frauen vergewaltigten und andere geschlechtsspezifische Gewalt ausübten. "Dass Bayern dennoch eine Frau dorthin abschieben will, ist schwer zu fassen", kritisiert der Bayerische Flüchtlingsrat.
"Blanker Hohn" - deutliche Kritik an CSU
"Dass sich eine CSU am Tag gegen Gewalt an Frauen in den sozialen Medien als Verfechterin von Frauenrechten inszeniert und nur zwei Wochen später ein CSU-geführtes Innenministerium Frau Teklai in ein Land abschieben möchte, wo dieser Folter und massive Gewalt drohen, ist blanker Hohn. Wir fordern den sofortigen Stopp der Abschiebung, und keine weiteren Abschiebungen in die Militärdiktatur Eritrea", so Franziska Schmid vom Bayerischen Flüchtlingsrat.
"Sie gehört zur Gemeinde" - Hunderte Menschen setzen sich ein
Die Hallstädter Pfarrerin Susanne Wittmann-Schlechtweg von der Evangelischen Johanneskirche macht sich für einen Verbleib stark: "Frau Teklai ist den Menschen in der Johannesgemeinde, seitdem sie und ihre damals 14-jährige Tochter 2018 im Kirchenasyl waren, ans Herz gewachsen. Sie gehört zur Gemeinde dazu. Nach jedem Gottesdienst steht sie beim Kirchenkaffee unter den Menschen und verteilt ihr selbst gebackenes Brot." Die Kirchengemeinde hat eine Unterschriftenaktion gestartet, an der sich bisher schon über 600 Menschen beteiligt haben.
Bei der Bamberger Mahnwache Asyl am Montag, 9. Dezember, versammelten sich über 150 Personen, um gegen die Abschiebung von Frau Teklai zu protestieren und ihre Solidarität zu zeigen. Auch Teklais letzter Arbeitgeber zeigt sich solidarisch und hat bereits zugesagt, sie umgehend wieder einzustellen.
Tochter nicht von Abschiebung betroffen
Teklais Tochter ist mittlerweile 20 Jahre alt und lebt in Bamberg. Das Verhältnis von Mutter und Tochter ist belastet. Wegen Gewalt gegenüber ihrer Tochter wurde Teklai zu einer Strafe von 100 Tagessätzen verurteilt. Frau Teklai habe eine schwierige Geschichte von jahrelanger Flucht vor dem Militärdienst in Eritrea und schwere Gewalterfahrungen im Sudan, in Libyen und Italien hinter sich, berichtet der Bayerische Flüchtlingsrat. Sie sei psychisch und körperlich "tief verletzt". In diesem Kontext müsse auch die Straffälligkeit gesehen werden.
Im letzten Jahr habe sich Teklai stabilisiert und auch das Verhältnis zu ihrer Tochter habe sich deutlich verbessert. "Dazu beigetragen haben viele ehrenamtliche Helfer der Kirchengemeinde und das Jugendamt", schildert die Organisation. "Eine Straftat muss geahndet werden, darf aber nicht Grund dafür sein, eine Frau erneut Gewalterfahrungen, Folter oder unmenschlicher Behandlung auszusetzen", so der Flüchtlingsrat.