Das Freie Netz Süd ist Geschichte: Gut so!
25.7.2014, 07:21 Uhr2009, da war der NSU noch vollbeschäftigt, die NSA noch fern, das Netz noch frei und die Braunen in Nordbayern noch richtige Faschisten. Nach dem jähen Verbot ihrer "Fränkischen Aktionsfront" im Jahre 2004, schufen die deutschtümlichsten wie internetaffinsten aller Rechtsbayern nördlich der Donau einen würdigen Ersatz: Das Freie Netz Süd oder kurz (und bedeutungsschwer) FNS.
Fortan fungierte die freie Online-Plattform als Sammelbecken für andere freie Geister der Vergangenheit (gerne auch "Kameradschaften" genannt), um intelligente Demos zu veranstalten, reichhaltige Konzerte zu bewerben und selbstverständlich auf das Recht der freien Rede zu pochen. Die üblichen Anti-Artikel sorgten für gute Hetze, fesches Merchandising (vom schneidigen "Final Resistance"-Versand) sorgte für klingelnde Kassen, regelmäßige Rudolf-Heß-Gedächtnis-Kaffeekränzchen für das "Wir"-Gefühl. Die Netz-Möglichkeiten schienen unbegrenzt.
Und dann war plötzlich Schluss mit der Cyber-Volksaufklärung aus fränkischen Gefilden: Am 23. Juli 2014 hat die bayerische Regierung das FNS verboten - spät, vielleicht zu spät? "Mit dem Verbot treffen wir die Organisationsstrukturen der neonazistischen Szene in Bayern empfindlich", sagt Innenminister Joachim Hermann. An dieser Aussage scheiden sich nun die Geister, denn das Verbot trat lediglich in Kraft - beschlossen und vorbereitet wurde es schon seit April 2012. Damit hatten die Neonazis über zwei Jahre Zeit, um wiederum ihrerseits Vorbereitungen zu treffen und sich neu zu organisieren. Ja, das ist schade. Die Mühlen der bayerisch-bundesrepublikanischen Politik/Justiz arbeiten eben langsam und drücken gern mal ein rechtes Auge zu (siehe Beate Zschäpe und Konsorten).
Dass nun die Frage nach Nutzen und Wirkung des FNS-Verbots gestellt wird, ist daher verständlich - ebenso wie Kritik an der Behäbigkeit des Innenministeriums. Doch nicht vergessen werden sollte: Das FNS ist weg vom Fenster. Das Verbot hat den Neonazis Steine in den (Irr-)Weg gelegt, sie müssen sich neue Schlupfwinkel suchen und sind zunächst wieder in die finsteren Kegelbahnkeller der Provinz verbannt, wo sie auf ihren muffigen Symposien gezwungen sind, neue Pläne zur Machtergreifung auszutüfteln. Und schließlich ist die widerwärtige Internetpräsenz des FNS verschwunden, so dass jedem unschuldigen Netzsurfer wegen ein, zwei unbedachter Klicks der Blick in tiefbraune Abgründe erspart bleibt. Ein deutsches Nazi-Forum weniger. Das ist gut.
Klar: Bleiben noch unzählige, die weiter von rechtsaußen ätzen. Aber: Auch ein Tropfen vermag den Stein zu höhlen - solang es ein steter ist. Wenn die bayerische Staatsregierung dieses Ovid'sche Idiom nicht mehr vergisst, dann verdient sie für das FNS-Verbot ein Lob. Zwar wird sie damit keinen Rechten bekehren oder, Gott bewahre, zu einem (nach-)denkenden Humanisten machen. Das schafft man ebensowenig mit einer Gegendemo bei NPD-Parteitagen. Doch darum geht es hier auch gar nicht: Es geht darum, Auflehnung ("Flagge") gegen Faschismus und Rassismus zu zeigen. Früher wie später.
Es lohnt sich also immer, Neonazis das Leben schwer zu machen, sei es auch nur aus lausbübischer Freude an Demokratie, Menschenrechten und klassischer Nächstenliebe. Und, liebe ehemalige Freies Netz Südler, nicht vergessen: "Mit Lügen kommt man weit, aber nicht zurück" (altes jüdisches Sprichwort).
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