Millionen-Projekt: Fraunhofer-Gelände in Erlangen erweitert
10.7.2019, 06:00 UhrUnter dem Schreibtisch verknoten sich keine Kabel. Der Mitarbeiter kommt morgens ins Büro, nimmt einen Akku aus der Ladestation und schließt ihn an seinem Arbeitsplatz an. Die Energie reicht den ganzen Tag, für Computer, Bildschirm, Tastatur und Telefon.
Der Strom dafür wird erzeugt, wenn die Sonne scheint oder der Wind weht, in Akkus gespeichert und dann verbraucht, wenn der Bedarf da ist. Am Fraunhofer-Institut für Integrierte Systeme und Bauelementetechnologie IISB untersuchen die Mitarbeiter solche Formen der Energieumwandlung und -speicherung. Dafür haben sie nun einen Erweiterungsbau an der Schottkystraße im Erlangen Süden bekommen. Nach drei Jahren Bauzeit ist das Gebäude nun feierlich eröffnet worden.
"Das ist ein wichtiger Mosaikstein, der zum Gelingen der Energiewende beiträgt", sagt Bayerns Wirtschaftsminister Hubert Aiwanger beim Festakt. "Das Fraunhofer IISB ist längst das Hirn der Energiewende in Bayern – dafür hat der Freistaat gerne 7,5 Millionen Euro zu Verfügung gestellt." Weitere 7,5 Millionen Euro hat das Bundesministerium für Bildung und Forschung dazugegeben.
"Politik und Wirtschaft müssen die Ideen aus der Wissenschaft endlich aufgreifen und umsetzen", fordert Aiwanger. "In Zukunft wird nicht die Frage sein, wer die dickste oder längste Leitung hat, sondern wer die intelligenteste Steuerung." Anschließend darf der Minister im Elektro-Sportwagen um den Neubau rollen. Vier Ladestationen sind am Parkplatz vorhanden, vier weitere sollen folgen.
Hier gibt´s alles rund ums Fraunhofer IISB
Für eine erfolgreiche Energiewende ist ein Ressourcen-Mix notwendig. Auf dem Dach des IISB-Hauptgebäudes steht eine Photovoltaikanlage und im Keller des Erweiterungsbaus ein Blockheizkraftwerk. Ein Kältespeicher sorgt für die Kühlung der wissenschaftlichen Anlagen und der Büros. Ein Wärmespeicher für das Gegenteil. In drei Containern auf dem Hof sind elektrische und chemische Batterie-Speicher untergebracht. In einer weiteren Anlage im Freien erproben die Forscher Wasserstoff als Energieträger.
"Wenn sich unsere Kinder bei ,Fridays für Future‘ organisieren und uns ermahnen, sorgsamer mit der Erde umzugehen, dann sollten wir ihre Sorgen ernst nehmen", sagt Andreas Meuer, Vorstand der Fraunhofer-Gesellschaft. Der Hinweis, dass Deutschland nur rund zwei Prozent zum weltweiten CO2-Ausstoß beiträgt, sei da wenig hilfreich. "Wir können etwas ausrichten, indem wir der Welt neue, bessere Technologien liefern und sie selbst einsetzen."
Mitarbeiterzahl verdoppelt
Der Erweiterungsbau enthält nicht nur auf 3000 Quadratmetern Labors und Büros, um das zu erforschen, sondern das Gebäude an sich ist ein Experiment. Ein Bildschirm im Foyer zeigt an, wie viel Strom die Sonne und das Kraftwerk gerade liefern und wie viel zusätzlich aus dem Netz eingespeist wird. Mit ein paar Klicks lässt sich zeigen, was wie viel Strom im Haus verbraucht. Das Institut hat in etwa den gleichen Energieverbrauch wie ein kleiner bis mittlerer Industriebetrieb. Nebenan ist noch Platz für ein weiteres Gebäude.
Das IISB gibt es seit 1985. Allein in den vergangenen zehn Jahren hat sich die Mitarbeiterzahl von 150 auf 300 verdoppelt. "Wir haben auf die richtigen Themen gesetzt", sagt Martin März. "Vor 20 Jahren sind wir noch belächelt worden als wir angefangen haben, Leistungselektronik für die Elektromobilität zu entwickeln." März hat die kommissarische Leitung des IISB übernommen als Lothar Frey, Institutsleiter seit 2008, im vergangenen Jahr überraschend gestorben ist. Der Veranstaltungssaal im zweiten Stock des Neubaus trägt Freys Namen. Sein Porträt hängt an der Wand.
Rund 80 Leute arbeiten seit Januar im Erweiterungsbau. Ein paar haben Schreibtische mit Akku-Betrieb. Das Haus ist mit einem Gleichspannungsnetz ausgestattet, so dass die Geräte den Wechselstrom, der sonst aus der Steckdose kommt, nicht umwandeln müssen. Auch das spart Energie.
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