110 Jahre Ronhof: Als die Fürther ihr Stadion bekamen
23.4.2020, 05:00 UhrAm 11. September 2020 jährt sich die Eröffnung des Sportparks Ronhof zum 110. Mal. Mitte März 1910 begannen die Bauarbeiten für das wenige Zeit später größte Sportgelände des Deutschen Reiches. Aus Anlass dieses Jubiläums zeichnet SpVgg-Archivar Jürgen Schmidt in einer Serie die frühen Jahre des Sportgeländes nach, das die SpVgg aus den Furchen der Ronhofer Äcker in wenigen Jahren in die Spitze des deutschen Fußballs katapultieren sollte.
110 Jahre Ronhof - Folge 2: Der Baubeginn des Sportparks
Der Fußball hatte es in seinen Anfangszeiten zu Beginn des 20. Jahrhunderts nicht leicht. Die Akzeptanz in der Bevölkerung war zunächst gering, die zu jenem Zeitpunkt noch übermächtigen Turnvereine versuchten, den Fußballern so viele Steine in den Weg zu legen wie möglich. Das war vor allem bei der Schaffung eigener Spielstätten so.
In Fürth war das nicht anders: Die 1903 noch als Abteilung des TV 1860 gegründete SpVgg musste ihr Training und die Spiele zunächst auf dem städtischen "Jedermannsportplatz" am Schießanger durchführen – dazu mussten die Tore sowie die Begrenzungsstangen jeweils extra aufgebaut werden.
So marschierten die ersten SpVgg-Kicker mit den Torstangen und anderer Ausrüstung über der Schulter von ihrem damaligen Vereinslokal "Balzer" in der Gustavstraße (heute "Zum Alten Rentamt") zum Schießanger, um ihre Übungsstunden und Spiele durchzuführen. 1906 allerdings untersagte der Fürther Magistrat das Fußballspiel am Schießanger. SpVgg-Vorstand Andreas Zolles stellte zur Überbrückung einen Acker an der Flößaustraße zur Verfügung, doch dort war geregeltes Fußballspielen kaum möglich. Ohne Spielplatz und ohne Unterstützung des TV 1860 fasste man dann, letztlich aus der Not heraus, einen weitreichenden Beschluss: Die SpVgg machte sich 1906 selbständig und erbaute ihre erste eigene Sportstätte.
Sie lag an der Vacher Straße, im Wiesengrund, und umfasste einen Fußballplatz sowie einen kleineren Platz als Übungsfläche. Umringt von einem Bretterzaun und ausgestattet mit einer "Tribüne", eher einem unüberdachten Podest mit Stühlen für rund 100 Menschen, diente der Platz nun den Fußballern und der 1907 gegründeten Leichtathletikabteilung. Die wurde auch deshalb ins Leben gerufen, damit die Fußballer im Sommer, wenn nicht gespielt wurde, eine Trainings- und Wettkampfmöglichkeit hatten.
Viele erfolgreiche SpVgg-Leichtathleten der Anfangsjahre waren ursprünglich Fußballer, wie Fritz Franz, der ältere Bruder der Meisterspieler Karl und Andreas Franz, der 1919 Deutscher Leichtathletikmeister über 1500 Meter wurde.
110 Jahre Ronhof - Folge 3: Die feierliche Eröffnung des Sportparks
Nachdem sich die SpVgg Fürth am 12. Juli 1907 auch offiziell ins Vereinsregister hatte eintragen lassen, wollten immer mehr Sportler auch von anderen Sportarten Aufnahme finden. Einem Antrag des "Bicycle Club Fürth", bei der SpVgg eine Radpolo-Abteilung einzurichten, musste man wie so manch anderem Ansinnen – auch Tennisspieler wollten sich anschließen – eine Absage erteilen. Die beengten Platzverhältnisse ließen ein ausgeweitetes Sportangebot nicht zu.
Die Mannschaft wurde attraktiver
Als weiteres Problem des jungen Vereins erwiesen sich die steigenden Zuschauerzahlen. Denn das Interesse der Menschen an dem neuen Sport stieg schnell, und so wuchs auch der Andrang zu den Heimspielen. 1908 hatte das Kleeblatt mit Karl Burger, Nationalspieler aus Stuttgart, seinen ersten prominenten Zugang zu vermelden. Die Mannschaft wurde attraktiver, doch mehrere Tausend Menschen waren auf dem Gelände an der Vacher Straße, das außer dem erwähnten Podest keinerlei Ränge aufwies, kaum unterzubringen.
So waren sich die Verantwortlichen klar, dass die Anlage an der Vacher Straße nur eine Zwischenlösung sein konnte. Schon 1908 gründete man einen "Platzfonds" und begann, Geld zu sammeln für ein neues Gelände. Neben kreativen Einfällen wie einer Christbaumverlosung zu Weihnachten trat man auch an Gönner heran und legte Schuldscheine auf, die zu Beträgen ab fünf Mark in großer Zahl an den Mann gebracht wurden. Sowohl Privatpersonen als auch Firmen beteiligten sich, der Fonds wuchs schnell an.
Die Mitgliederversammlung am 19. Januar 1910 brachte schließlich den entscheidenden Schritt: Als Vorsitzenden wählte man Heinz Ludwig Kraus. Der war als Fürther Baurat prädestiniert für das Vorhaben, der SpVgg eine neue Heimat zu verschaffen. Ein Gremium mit Kraus, dem Mühlenbesitzer Michael Wolfsgruber und dem Gründungsmitglied Bernhard Winkler machte sich an die Aufgabe, das geeignete Gelände zu finden.
Nachdem man so manches Areal geprüft hatte, unter anderem auf der Hardhöhe und an der Siebenbogenbrücke, blieben schließlich laut dem damaligen SpVgg-Chronisten Georg Wunschel noch drei Orte im Rennen: ein "Platz bei Unterfarrnbach, hinter dem Ranningers Garten, an der Bamberger Bahnlinie", sowie "zwei Plätze in der Steuergemeinde Ronhof".
100:1 Stimmen für das Gelände
Im Februar 1910 fasste der Verein mit 100:1 Stimmen den Beschluss, das einige Zeit vorher erworbene Gelände an der Vacher Straße zu verkaufen und wählte als neuen Standort das Gelände "an der Erlanger Straße", wie es hieß, aus. In der damals noch eigenständigen Gemeinde Ronhof existierte der heutige Laubenweg noch nicht, getrennt war das Areal damals, wie man aus den Quellen erfährt, "durch ein Wäldchen vom Zentralfriedhof".
So konnte man das neue Gelände also anfangs nur über einen Wald- und Feldweg erreichen. Wo sich dieser befand, ist heute nur schwer nachzuvollziehen, er dürfte aber nach Lage der ersten Kassenhäuschen des Sportplatzes etwa dort verlaufen sein, wo nun der erst kürzlich ausgewiesene "William-Townley-Weg" Richtung Ronhof führt, beim Getränkemarkt Fränky.
11,5 Tagwerk wurden von zwei Bauern erworben, was etwa 40.000 Quadratmetern entspricht. Die 24.000 Reichsmark dafür konnte der Verein dank seiner vielen Aktivitäten aufbringen.
So machte man sich, in heutiger Zeit im Grunde unvorstellbar, wenige Wochen nach Beschluss und Kauf des Geländes schon Mitte März daran, die neue Heimat der SpVgg Fürth zu erbauen.
Das Jahr 1910 markierte in der frühen Geschichte der SpVgg Fürth den entscheidenden Startpunkt: Mit dem Bau des Sportparks Ronhof und seiner Einweihung am 11. September 1910 legte die SpVgg im Wortsinn den Grundstein für ihre frühen Erfolge.
Die Männer aus der Gründerzeit des Vereins hatten erkannt, dass der sportliche Erfolg nur auf der Basis eines adäquaten Sportgeländes zu erreichen sei. Denn der größte Teil der Finanzierung des Spitzenfußballs wurde damals über die Eintrittsgelder erwirtschaftet.
Das anfangs auf etwa 8000 bis 10.000 Besucher ausgelegte Stadion bot beste Möglichkeiten dafür, den Verein mit dem nötigen Kapital auszustatten. Der große Erfolg des Jahres 1914, als die SpVgg Fürth als erste bayerische Mannschaft den Deutschen Meistertitel holte, war im Wesentlichen auf die finanziellen Mittel, die über den Ronhof erzielt wurden, gegründet.
Die SpVgg Fürth war kurz vor dem Ersten Weltkrieg mit über 3000 Mitgliedern einer der größten Sportvereine des Deutschen Reiches. Das Fassungsvermögen von Tribüne und Stadion wurde bereits 1913 auf etwa 12 000 Plätze ausgebaut, der gesamte Ronhof war ab dem Jahr 1920 eine Zeit lang das größte deutsche Sportgelände: Nachdem einige Grundstücke dazugekauft worden waren, hatte er eine Ausdehnung von fast zehn Hektar und reichte bis zum damaligen Ludwig-Kanal (heute Frankenschnellweg).
Der Ronhof ist heute das älteste noch genutzte Gelände im deutschen Profifußball, knapp jünger ist das Kieler Holstein-Stadion, eröffnet 1911.
Alle Folgen der Serie:
110 Jahre Ronhof - Folge 1: Als die Fürther ihr Stadion bekamen
110 Jahre Ronhof - Folge 2: Der Baubeginn des Sportparks
110 Jahre Ronhof - Folge 3: Die feierliche Eröffnung des Sportparks
110 Jahre Ronhof - Folge 4: Mit Townley erklomm Fürth die Spitze
110 Jahre Ronhof - Folge 5: Schock nach der Meisterschaft
110 Jahre Ronhof - Folge 6: Nach dem Krieg im Aufwind
110 Jahre Ronhof - Folge 7: Der Verfall begann schleichend
110 Jahre Ronhof - Folge 8: Zukunft mit Flutlicht statt Pappeln