110 Jahre Ronhof: Der Verfall begann schleichend
26.5.2020, 14:42 UhrDie Diskussion um eine einheitliche Profi-Liga für Deutschland hatte Anfang der 60er Jahre an Fahrt aufgenommen und fand schließlich mit der Gründung der Bundesliga ihr Ende. Im Spieljahr 1963/64 sollte in einer 16er-Liga erstmals in der deutschen Fußballgeschichte der Ball von Berufsspielern getreten werden.
110 Jahre Ronhof - Folge 6: Nach dem Krieg im Aufwind
Die Bewerbungskriterien waren unübersichtlich, in Fürth hatte sich bald die Gewissheit breit gemacht, dass man keinen Zugang zur neuen Spielklasse bekommen würde. Am 28. Januar 1963 wurde vom DFB mitgeteilt, dass Fürth in die zweitklassige Regionalliga Süd eingestuft werden würde.
"Nach ausführlicher Besprechung halten wir einen Einspruch (...) für aussichtslos", ließ der Vorstand ausrichten. Profis gab es zunächst nur in der Bundesliga, die Regionalligen mussten mit dem Vertragsspieler-Status vorlieb nehmen.
Nach dem Start der Bundesliga zeigte sich, dass sich die Befürchtungen von Paul Flierl, dem ehemaligen Vorsitzenden der SpVgg und des Süddeutschen Fußballverbandes, bestätigten: Durch die immens gesunkenen Zuschauerzahlen kamen viele Vereine schnell in Bedrängnis.
Hohe Investition
Die SpVgg sah sich gerade in dieser Zeit des Umbruchs zu einer hohen Investition gezwungen, denn die Stadt Fürth hatte dem Verein gedroht, den Platz zu sperren, sollte die marode Umzäunung ums Gelände nicht erneuert werden.
Statt, wie diskutiert wurde, erstmals ein Flutlicht zu errichten, musste man also einen Zaun aufstellen. Die Kosten von rund 60.000 Mark konnte der Verein nur durch Spielerverkäufe aufbringen, und so wurde, auf Beschluss der Mitgliederversammlung hin, der letzte der verbliebenen Oberliga-Stars, Ossi Schmidt, für die damals vom DFB vorgeschriebene Höchst-Ablösesumme von 50.000 Mark nach Nürnberg verkauft.
Doch das waren nur Tropfen auf den heißen Stein. Auch in den kommenden Jahren konnte sich die SpVgg nur durch Verkauf von Spielern über Wasser halten. Tormann Gyula Toth wechselte, ebenfalls für 50.000 Mark, zum FC Schalke 04. Dennoch blieb ein Loch in der Kasse.
Ende der 60er Jahre waren 1,4 Millionen Mark Schulden aufgelaufen – eine für damalige Verhältnisse immense Summe, so dass sich die Führung unter Albert Dörfler zum Teilverkauf entschloss. Der Ronhof reichte fast bis ans Bett des ehemaligen Kanals, in dem einige Jahre später der Frankenschnellweg (A 73) entstehen sollte.
Der komplette Auszug wurde diskutiert
Im Oktober 1970 begann der Ausverkauf: Für 8000 Quadratmeter bekam die SpVgg 1,4 Millionen Mark aufs Konto. Doch leider konnte dieses Geld die Krise nur kurz aufhalten. Bereits 1972 diskutierte der neue Vorstand unter Helmut Röllinger den kompletten Auszug aus dem Sportpark.
Am Grundproblem konnte die Einführung der zweiten Bundesliga, die, zunächst zweigleisig, 1974 startete, nichts ändern. Zwar stiegen die Zuschauerzahlen wieder an, doch erhöhten sich auch die Kosten. Erste Auflage zur Teilnahme war eine Umzäunung des Spielfeldes. In Fürth schraubte man für 60.000 Mark auf die seit den 30er Jahren stehende Holzbande einen funktionellen, aber hässlichen Metallzaun. Die Spieler waren nun größtenteils Halb-Profis, die meisten gingen noch einer Arbeit nach. Die Gehälter stiegen aber an, auch die Reisekosten erhöhten sich, da häufiger Übernachtungen vor den Spielen einzuplanen waren.
Am allgemeinen Trend änderte die Reduzierung der zweiten Liga auf eine Staffel ab 1981 wenig. Viele Vereine, darunter die SpVgg, versuchten, die Bundesliga zu erreichen, da nur dort die Finanzierung wegen deutlich höherer Zuschauerzahlen halbwegs sichergestellt werden konnte. Im Zuge dieser verhängnisvollen Entwicklung setzten viele Klubs den Rest ihrer Substanz ein – so auch die Ronhofer.
Nun begann, schleichend, durch die Geldnot ausgelöst, der stetige Verfall des Sportparks. Waren die Jahrzehnte von 1910 bis zur Bundesliga-Gründung von einer positiven Entwicklung des Geländes geprägt, so ging es nun in die entgegengesetzte Richtung. Erst recht, nachdem die Versuche aufzusteigen, in den letzten Saisons der 70er trotz guter Ansätze nicht klappten. Stattdessen mündete die Misere im Schicksalsjahr 1983: Das Kleeblatt stieg nicht nur erstmals in die Drittklassigkeit ab, es wurde auch der Ronhof an Playmobil-Chef Horst Brandstätter verkauft.
Verpasster Wiederaufstieg
Nun hatte der Verein zwar wieder etwas Geld – von den zwölf Millionen Mark soll etwa die Hälfte übrig geblieben sein. Doch es galt, im Amateurlager einen Neuanfang zu wagen. Ganz zu Beginn wurde zwar Euphorie geschürt, da ein junges Team um Trainer Günter Gerling in der Bayernliga vorne dabei war. Doch der sofortige Wiederaufstieg gelang nicht.
1987 kam es noch schlimmer: Die SpVgg musste in die viertklassige Landesliga Mitte. Hier misslangen einige Aufstiegsversuche krachend, bis der zurückgekehrte Gerling als Coach unter dem inzwischen zum Präsidenten gewählten Edgar Burkart den Aufstieg in die Bayernliga schaffte. 1994 gelang die Qualifikation für die neugegründete Regionalliga Süd.
Doch der Ronhof war während dieser Zeit immer mehr verfallen. Zudem standen neue Standorte (Kronacher Hard, Wäsig) zur Diskussion. In den todgeweihten Ronhof wurde nichts investiert, nur 1991 musste das marode Betondach der Tribüne durch eine leichtere Metallkonstruktion ersetzt werden.
Mitte der 90er Jahre lief es sportlich zwar wieder ordentlich, aber die Geländefrage schwebte stets über dem Verein – und das Geld aus dem Ronhof-Verkauf hatte man längst ausgegeben.
Alle Folgen der Serie:
110 Jahre Ronhof - Folge 1: Als die Fürther ihr Stadion bekamen
110 Jahre Ronhof - Folge 2: Der Baubeginn des Sportparks
110 Jahre Ronhof - Folge 3: Die feierliche Eröffnung des Sportparks
110 Jahre Ronhof - Folge 4: Mit Townley erklomm Fürth die Spitze
110 Jahre Ronhof - Folge 5: Der Schock nach Fürths Meisterschaft
110 Jahre Ronhof - Folge 6: Nach dem Krieg im Aufwind
110 Jahre Ronhof - Folge 7: Der Verfall begann schleichend
110 Jahre Ronhof - Folge 8: Zukunft mit Flutlicht statt Pappeln
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