Fürther Hauptbahnhof: Bei der Sanierung lauern historische Überraschungen
24.1.2021, 10:00 UhrDie Deutsche Bahn hatte den Komplex aus den Jahren 1863/1864 arg herunterkommen lassen, ehe ihn 2018 die auf Denkmalsanierungen spezialisierte Firma MIP des Fürther Unternehmers Philipp Streng erwarb. Der legte im April 2019 los.
Mit "Riesenaufwand" ließ er zunächst das Dach erneuern und mit originalgetreuen Schindeln decken. Inzwischen ist viel geschehen. Der Giebelaufsatz, der zerbrochen war, thront wieder auf dem First. Die Sandsteinfassade wird nach und nach von einem Wilhermsdorfer Steinmetzbetrieb auf Vordermann gebracht.
Über weite Bereiche haben die Spezialisten sie bereits gereinigt, Abplatzungen aufgefüllt, Kanten ihre ursprüngliche Kontur zurückgeben. Das Ergebnis kann sich sehen lassen. Und der Bauherr freut sich, dass die halbrunden Friese über den Fensterbögen, die Kapitelle, die das Dach tragen, und das Wappenrelief über dem Eingangsportal der Vorhalle jetzt in voller Pracht zur Geltung kommen.
Planen haben das Gebäude-Ensemble, das 1904 um Ost- und Westflügel ergänzt wurde, samt Baugerüsten seit Sommer 2019 verhüllt. Auf ihnen abgebildet war das Bahnhofsgebäude selbst – im schon sanierten Zustand.
Inzwischen sind sie weitgehend verschwunden und die Gerüste größtenteils abgebaut. Streng rechnet damit, dass die Arbeiten am Sandstein bis Jahresmitte abgeschlossen sind. Bis dahin aber ist im Sockelbereich noch viel zu tun.
Im Inneren läuft die Sanierung auf Hochtouren. Wegen der Corona-Pandemie setze er vorsichtshalber weniger Arbeiter als sonst zeitgleich auf der Baustelle ein, sagt Streng. Trotzdem gehe es voran. Im Westflügel bei der Hauptpost wird bereits am Innenausbau gewerkelt, im Ostflügel stehen der Einbau eines Aufzugs, aber auch noch Abbrucharbeiten an.
Blüten und Blätter
Hier, wo sich viele Jahre die Bahnhofsgaststätte befand und, so Streng, in der Anfangsphase vermutlich einmal der Wartesaal für Fahrgäste dritter Klasse, wurde gerade eine nachträglich eingebaute Decke entfernt. Zum Vorschein kam in fünf Metern Höhe neben unappetitlichen schwarzen Ablagerungen von Nikotin und Fett auch manches, was den Eigentümer entzückt und was er Denkmalschützern in Kürze zeigen will.
So war in einen Teil der historischen Decke wohl einst ein Spiegel eingearbeitet. Eine Gitterkonstruktion aus Metall, in der alte Glasscherben stecken, legt die Annahme nahe. An den Wänden sind Reste von Friesen mehr zu erahnen als zu sehen.
Mit einem nassen Pinsel wischt Restaurator Béla Faragó darüber und bringt zur Geltung, was mit bloßem Auge unter dem Staub kaum zu erkennen ist: verschlungene Blüten und Blätter, ein florales Dekor. Es gebe sechs Stück davon, sagt Faragó. Er ordnet sie unter anderem der Gründerzeit und dem Jugendstil zu.
Wohl bald wird sich der Künstler daran machen, die historischen Wandmalereien mit Schablonen wieder fachgerecht herauszuarbeiten. Zuvor muss allerdings eine Wand weg, die nachträglich eingebaut wurde. Und dann gibt es da noch ein Problem mit der Decke, die zu stark durchhängt. Aus statischen Gründen rechnet der Hausherr damit, dass im betreffenden Bereich noch der Dachstuhl verstärkt werden muss.
Trotz allem: Philipp Streng ist zuversichtlich, dass sich der Zeitplan halten lässt. "Ende des Jahres wollen wir fertig sein." Die Bahnbereiche DB Regio und Station & Service werden bald aus anderen Ecken des Hauses umziehen und ans Reisezentrum heranrücken. Das Marktamt quartiert sich im ersten Stock ein, wo wie in der zweiten Etage Platz für weitere Büros und Arztpraxen wäre. Bis zum Herbst soll die Tourist-Info, wie geplant, in den West- und das Infra-Kundencenter in den Ostflügel einziehen. Ein Café soll es geben, im Idealfall "mit kleinem Außenbereich".
Vor dem Bahnhof wünscht sich Streng mobiles Grün. Mehr Bepflanzung schwebt hier auch den Verantwortlichen im Rathaus vor. Sie bringen jetzt einen städtebaulichen Wettbewerb für die Neugestaltung des Bahnhofplatzes ins Rollen. Für Vorstudien hat der Stadtrat soeben 160 000 Euro freigegeben.
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