Klinikum Fürth: Brandbrief an Spahn beklagt Corona-Last

Birgit Heidingsfelder

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12.11.2020, 19:41 Uhr

Verfasser des Offenen Briefs ist der Medizinische Direktor, Pandemiebeauftragte und Corona-Krisenstabsleiter des Hauses, Dr. Manfred Wagner. Für ihn sei ein Punkt erreicht, schreibt er, an dem er den Eindruck habe, dass es einen „Weckruf an die Politik“ braucht, „da es sonst für manche Entscheidungen in dieser zweiten Welle bald zu spät sein wird“.

Weil die Zahl der Covid-19-Patienten immer mehr zunimmt, sucht etwa das Klinikum Nürnberg händeringend nach Pflegekräften. Das Erlanger Waldkrankenhaus sagt aufschiebbare Operationen ab – mit Verweis auf einen coronabedingten Personalengpass. Und wie vielerorts in ganz Deutschland hat man laut Wagner auch in Fürth bereits reagiert, erste Stationen geschlossen und Eingriffe verschoben, um Personal für die Corona-Patienten frei zu bekommen. „Aber wir tun das nicht nur auf eigenes Risiko, sondern mit finanziellen Einbußen.“


Corona: So steht es um die Auslastung der Intensivbetten


Denn aktuell gebe es, anders als während der ersten Corona-Welle und noch bis Ende September, keine staatlichen Ausgleichszahlungen für nicht belegte Betten. Hinzu kommt, dass die Pflege von Corona-Patienten sehr aufwendig ist. Wagner ist zwar froh, wie er betont, dass die Stadt Fürth hinter dem Kommunalunternehmen Klinikum steht. Doch zeigt er sich angesichts der aktuellen Pandemie-Entwicklung „äußerst besorgt“.

Überlastung der Krankenhäuser

Und so fordert er Spahn auf: „Verfügen Sie, den Regelbetrieb in den Kliniken zu reduzieren und sichern Sie die Krankenhäuser dafür finanziell ab.“ Sonst drohten Pflegende, Ärzte und andere Berufsgruppen in den Kliniken, die im Frühjahr noch als „Helden des Alltags“ beklatscht wurden, zusammenzubrechen.

Der Mediziner stellt klar, dass man jetzt da stehe, wo man sich in der Spitze der ersten Welle Anfang April befand. Aber: „Schon jetzt haben wir mehr Corona-Patienten auf den Intensivstationen als damals – und der Winter steht uns erst noch bevor.“
Damals habe die Politik den Katastrophenfall ausgerufen, mahnt Wagner, es habe einen totalen Lockdown gegeben sowie die politische Vorgabe, verschiebbare Eingriffe zu vertagen und eine wirtschaftliche Absicherung für damit verbundene finanzielle Ausfälle. „Jetzt haben wir nichts davon.“ Andere Krankenhäuser hatten auf ähnliche Probleme hingewiesen

Wagner attestiert der Politik, die Krankenhäuser im Frühjahr mit Blick auf die Versorgung von Corona-Patienten „verantwortungsvoll und geplant heruntergebremst“ zu haben. Doch, so kritisiert er: „Jetzt lässt man die Krankenhäuser an die Wand der Überlastung fahren.“ Sein Appell an Spahn lautet daher: „Handeln Sie jetzt!“ Nur so könnten Krankenhäuser „in dieser zugespitzten Situation“ adäquat agieren.

Den kompletten Appell an Spahn können Sie hier nachlesen.

Zahl der Covid-19-Patienten mehr als verdreifacht

In Fürth werden aktuell – Stand Donnerstagnachmittag – 42 Covid-19-Patienten behandelt, acht davon auf der Intensivstation, die anderen 34 auf isolierten normalen Stationen. In den vergangenen zwei Wochen habe sich die Zahl der Corona-Kranken auf Normalstationen damit mehr als verdreifacht, sagte Wagner auf Nachfrage. Eine Entwicklung, wie sie sich im ganzen Großraum Nürnberg beobachten lasse.

Das Fürther Klinikum hat erst diese Woche eine zweite Corona-Station aufgemacht. Und es werden mehr. Wagner: „Ab Montag müssen wir eine dritte Covid-19-Station eröffnen.“

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