Silvester: Fürth entscheidet über Böllerverbot
22.12.2020, 06:00 UhrWegen des Verkaufsverbots für Böller und Raketen wird es nicht nur akustisch einen ruhigen Jahreswechsel geben. Auch Feuerwehr, Rettungsdienst und die Zentrale Notaufnahme im Klinikum rechnen mit deutlich weniger Einsätzen. Für einen Fürther Pyrotechnik-Großhändler ist die Lage dagegen brenzlig.
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Ziel des von der Bundesregierung verhängten Verkaufsverbots ist es, Krankenhäuser zu entlasten, die wegen zahlreicher Covid-19-Patienten am Rande ihrer Kapazitäten sind. Christian Gußner, Chef der Fürther Feuerwehr, hat für die Entscheidung volles Verständnis.
"In normalen Jahren ist Silvester für alle Einsatzkräfte ein High-Noon-Ereignis. Rund 18 Mann der Fürther Wache sind dann pausenlos unterwegs", sagt er.
Auch die zwölf Freiwilligen Feuerwehren im Stadtgebiet halten sich jedes Mal bereit. Das Spektrum reicht von Explosionen auf Balkonen durch verirrte Raketen bis hin zu schweren Dachstuhlbränden mit Verletzten.
"Dieses Jahr aber wird es vermutlich der ruhigste Jahreswechsel, den wir je erlebt haben", glaubt Gußner. Mit einem spürbaren Rückgang der Einsatzzahlen rechnet auch Markus Schrötz, Rettungsdienstleiter des Fürther BRK. Er hält es aber für wahrscheinlich, dass einige Hobby-Feuerwerker ihre Restbestände vom vergangenen Jahr abfeuern.
Welchen Weg geht Fürth?
Fürth hat, anders als Nürnberg, noch kein generelles Verbot zum Abschießen von Krachern und Co. erlassen. In der Nachbarstadt dürfen weder auf öffentlichen Straßen und Plätzen noch auf Privatgrundstücken Böller, Batterien und Raketen gezündet werden. Während es in anderen Bundesländern ein generelles Böllerverbot gibt, sind im Freistaat bislang nur öffentlich veranstaltete Feuerwerke untersagt.
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Welchen Weg Fürth geht, darüber will das Rathaus in dieser Woche entscheiden. "Es werden vorher noch Gespräche mit Klinikum, Polizei und Rettungsdiensten geführt", erläutert Stadtsprecherin Susanne Kramer.
Eine fatale Kombination
Zu schweren Verletzungen kam es in den zurückliegenden Jahren in der Kleeblattstadt zum Glück nicht. "Verbrennungen und Platzwunden, weil ein Kanonenschlag in Hand oder Hosentasche explodiert ist oder die Plastikjacke Feuer gefangen hat – das gab es aber in Mengen", berichtet Schrötz. Ebenso wie alkoholbedingte Schlägereien.
"Es ist die Kombination aus Feiern, Feuerwerk und Promille, die sich oft fatal auswirkt. Die Kracher an sich stören mich nicht", sagt Oberarzt Dr. Rainer Krämer von der Zentralen Notaufnahme am Klinikum. Wenn aber schwer Alkoholisierte mit Verbrennungen eingeliefert werden, dann beschäftigen sie manchmal fast das ganze Team.
Viele Notfälle zu versorgen
Zwischen 100 und 120 Patienten müssen in Silvesternächten versorgt werden. "Das wäre in Corona-Zeiten nicht machbar. Die Abstandsregeln und Hygienestandards ließen sich gar nicht mehr durchsetzen." Krämer geht davon aus, dass dank Verkaufsverbot und nächtlicher Ausgangssperre in der Notaufnahme deutlich weniger los sein wird.
Feuerwerkshändlern geht derweil kurz vor dem Ende der Saison die Luft aus. Das Fürther Unternehmen Startrade beliefert Profi-Pyrotechniker, die bei Hochzeiten, Stadt- und Firmenfeiern für Glanzlichter sorgen, sowie Schreibwarenläden, Bau- und Sonderpostenmärkte, die vor Silvester Feuerwerk an Privatkunden verkaufen.
"Es ist ein Wahnsinn", sagt Marketing Manager Patrick Bellanova. Schon der Ausfall vieler Events im Sommer habe seine Firma hart getroffen. "Wir mussten in Kurzarbeit gehen, unsere Hoffnungen haben wir dann ganz auf das Geschäft zum Jahreswechsel gesetzt."
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Die rechtliche Lage sei unübersichtlich. Von der Wunderkerze bis zum Profifeuerwerk unterliegt Pyrotechnik dem Sprengstoffgesetz, für das eigentlich das Bundesinnenministerium zuständig ist. Nun hätten die Länder eigene Verordnungen herausgegeben – und damit ein Chaos angerichtet. Bellanova rechnet damit, dass eine Konkretisierung auf Bundesebene folgen wird.
Etliche Stornierungen
In der vergangenen Woche ging bei Startrade noch eine ganze Reihe von Stornierungen ein. Der Hauptteil der Ware aber ist längst ausgeliefert. Bei Gefahrgut ist der logistische Aufwand hoch, der Transport teuer. Entsprechend frühzeitig wird er abgewickelt.
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Auch der Großimporteur für Pyrotechnik, die Firma Weco, hat seine Ware längst verschickt. Sie steht nun in den Lagern der Supermarkt- und Discounterketten. Was damit geschehen soll, ist unklar. "Da geht es um Kosten in Millionenhöhe", sagt Bellanova. Sogar von Vernichtung der Schwarzpulverprodukte sei die Rede, obwohl sie sich mehrere Jahre halten können. Manchen Firmen brechen 95 Prozent des Umsatzes weg, sie sind akut von Insolvenz bedroht.