17. Juli 1968: Teurer Nerz unter dem Rock
17.7.2018, 07:00 UhrUnter Anklage stehen der in einem Konzentrationslager 1942 geborene Siegfried F. aus Fürth, dessen gleichaltrige Frau Liselotte, der verheiratete 25jährige Kraftfahrer Erwin L. aus Fürth und der 30jährige ledige Händler Bernhard Sch. aus Nürnberg. Sie haben 1966/67 in Nürnberg, Köln, Frankfurt, Wiesbaden, München und Mannheim zahlreiche Warenhäuser um Textilien unbekannten Wertes erleichtert. Nach ihren eigenen, sehr niedrigen Schätzungen dürften es Waren im Gesamtwert von mindestens 80.000 DM gewesen sein.
„Transporter“ war in allen Fällen die schlanke Liselotte, eine hübsche Blondine mit kessem Hängezopf. Während dann der Herr Gemahl oder einer der beiden anderen Herrn einen Anzug oder Mantel anprobierte, rollte sie mit raschen Fingern ein Kleid, einen Anzug oder etwas vom Nerz so zusammen, daß sie es unter dem Rock zwischen den schlanken Beinen verstauen konnte.
Als Verdeck trug sie dabei immer einen leichten Mantel, unter dem man die plötzlich verdickte Figur nicht erkennen konnte. Die Herren Siegfried und Bernhard hatten es einige Male zur Entlastung von Liselotte mit weiten Schäfermänteln selbst versucht. Das war aber zu auffällig gewesen. Da sind die Verkäufer, wie Bernhard gestern vor Gericht sagte, „nicht von der Tatzen ganga“.
Die Idee stammte von Siegfried, der als ambulanter Händler mit Textilien, Teppichen und Antiquitäten zwar ausreichend verdiente, aber sich zu Höherem berufen fühlte, das er durch ehrliche Arbeit nicht erreichen zu können glaubte. Schwere Autos mit Wohnanhängern hatten ihn angeblich in Schulden gebracht, aus denen nur durch Diebstähle herauszukommen war.
„Jeder von uns“, so gab Siegfried offenherzig zu, „weiß, wie man stiehlt.“ Es war zwar eine etwas aufregende, aber nicht schwere Tätigkeit, mehrmals am Tag einige Kleidungsstücke aus Warenhäusern herauszufischen“. „Man kam oftmals in ein Geschäft, in dem zunächst überhaupt kein Mensch zu sehen war“, erzählte Liselotte, die in solchen Fällen „federleichtes Arbeiten“ hatte.
Für den Berg Teppiche, die bei Siegfried gefunden wurden und nun ebenfalls im Gerichtssaal lagen, wollte er tausend Eide schwören, daß sie nicht gestohlen waren. „Sie sind mein Traum, versicherte er dem neugierigen Oberstaatsanwalt Hans Sachs, der die Anklage vertritt und gerne etwas mehr von ihrer Abstammung erfahren hätte. Der Prozeß wird am Dienstag fortgesetzt.
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