2. Juli 1968: Falscher Kopilot gefaßt

2.7.2018, 07:00 Uhr
2. Juli 1968: Falscher Kopilot gefaßt

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Der Mann erschien in der Uniform eines Kopiloten auf dem Flugplatz, begehrte den Lufthansa-Stationsleiter zu sprechen und verlangte, mit der planmäßigen Maschine nach Düsseldorf zu starten. Genauso wie der falsche Major bei der Bundeswehr, wurde auch der fliegende Hochstapler an seinen mißratenen Rangabzeichen erkannt.

Noch bevor die Maschine eintraf, erschien die Kriminalpolizei und nahm den Maschinenschlosser fest. Obwohl er falsche Namensangaben machte, konnte er bald indentifiziert werden: es handelte sich um den 32-jährigen Hans B. der zur Zeit in Düsseldorf wohnt.

Nach ihm fahndete die Polizei schon seit Monaten, denn die Staatsanwaltschaft Düsseldorf sucht ihn wegen Unterhaltspflichtverletzungen und die Staatsanwaltschaft Osnabrück wegen Betrugs. Auf den Kopf zugesagt, gab er zu, kein Kopilot zu sein. Hartnäckig bestritt er mit dem Osnabrücker Betrüger irgend etwas zu tun zu haben. Die Kriminalpolizei: "Das Märchen nehmen wir ihm nicht ab. Wir haben bei ihm eine Heiratsurkunde gefunden."

"Ich befinde mich in finanziellen Schwierigkeiten. Ich komme von Neumarkt, wo ich eine Freundin besucht habe, und muß dringend heute noch nach Düsseldorf." Mit diesen Worten hatte Hans B. versucht, Lufthansa-Stationsleiter Martin Benfer (39) umzustimmen. Der Hochstapler will nach seinen eigenen Angaben drei Tage und Nächte nicht geschlafen haben. Martin Benfer: "Er machte einen ziemlich verwahrlosten Eindruck."

Der Stationsleiter war bereits gewarnt, denn einen Tag zuvor hatte der Maschinenschlosser das Lufthansa-Stadtbüro besucht und Werbegeschenke verlangt. Als er den "Kopilote" sah, wußte er sofort Bescheid, "daß die Geschichte nicht stimmen kann": Hans B. trug keine Lufthansa-Knöpfe, und die drei Goldstreifen auf seinem Ärmel waren zu breit. Der Frage nach dem Ausweis und der Flugkarte wich der Besucher aus. "Die habe ich in Neumarkt liegen gelassen", meinte er.

Martin Benfer lud den Hochstapler zu einem Kaffee ein und verständigte zwischendurch die Polizei. Bereitwillig folgte der Maschinenschlosser den Beamten, die ihn zunächst in die Polizeizelle, später zum Ermittlungsrichter und dann in die Untersuchungshaft brachten. In seinem bescheidenen Reisegepäck wurden Kaufverträge für zwei Autos über zusammen 34.000 DM gefunden, die in Frankfurt und Köln ausgestellt worden sein sollen. Mit diesen - vermutlich gefälschten Dokumenten - spielte er auf dem Flughafen den großen Mann. Außerdem behauptete er, im Lotto 64.000 DM gewonnen zu haben.

Die abgetragene Uniform hat sich Hans B. vermutlich organisiert, als er bis 1965 im technischen Dienst bei der Lufthansa in Köln beschäftigt war. Seinen Nürnberger Auftritt erklärte der 32jährige mit den Worten: "Ich wollte schnell und billig nach Hause kommen."

Das war allerdings nicht sein erstes Piloten-Gastspiel: 1966 war er in Schwarzenbach an der Saale vor den Traualtar getreten - ebenfalls in falscher Fliegeruniform.

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