2. September 1969: Kehrseite des Festes

NN

2.9.2019, 07:00 Uhr
2. September 1969: Kehrseite des Festes

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Als Urheber solcher Auseinandersetzungen hat die Polizei überwiegend Betrunkene ermittelt, die nach dem Festplatzbesuch in den Straßen Nürnbergs Passanten belästigten. Der abscheulichste Zwischenfall ereignete sich am späten Abend in der Straßenbahnlinie 2 zwischen der Lorenzkirche und dem Plärrer: der 21jahrige Schmied Heinz E. aus Nürnberg schlug ein stark gehbehindertes Mädchen – 22 Jahre alt – mit der Faust mehrmals ins Gesicht und beschimpfte es in massiver Form: „Du Miststück!“ Auch vor dem Vater schreckte der Schläger nicht zurück. Und alles, weil das Mädchen den Platz auf der gegenüberliegenden Sitzbank beanspruchte, auf den der Schmied seine Beine zum Ausruhen gelegt hatte.

Auf ihrem Heimweg vom Volksfest wurde ein junges Ehepaar von einem US-Soldaten angepöbelt, der die Frau unsittlich berührte. Der Ehemann trat dazwischen und schon war die schönste Schlägerei im Gange. Eine zufällig vorüberfahrende Streife der Verkehrspolizei nahm den Amerikaner fest. Dabei prügelte der GI noch wild auf die Ordnungshüter ein. Mit einiger Gewalt wurde sein Widerstand gebrochen, bis ihn die MP abholte.

Eine Gruppe von übernächtigten Festplatzbesuchern geriet auf dem Heimweg früh um 6.30 Uhr vor einer Gaststätte in der Klaragasse in eine Schlägerei, in deren Verlauf mehrere Beteiligte verletzt zu Boden gingen. Als später die Polizei dazwischenging, wußte niemand mehr, warum man sich eigentlich geprügelt hatte. Aber offenbar waren auch auf dem Revier 4 noch nicht alle erhitzten Gemüter abgekühlt, denn einer rief mehrmals aus: „Auf in den Kampf!“ Seine Kumpels aber waren bereits kampfmüde.

Ins Auge gegangen wäre beinahe eine andere Auseinandersetzung: ein türkischer Gastarbeiter hatte zu später Stunde vier Ehepaare am Königstor angepöbelt und sich schließlich einer der Frauen genähert. Als die Herren der Schöpfung dazwischengingen, wurde der Türke rebellisch, zückte ein Messer und stürzte auf einen der vier Männer los, der sein Heil in der Flucht suchte, gefolgt von dem aufgebrachten Gastarbeiter. Erst als eine Funkstreife auftauchte, ließ der Rasende von seinem Opfer ab und warf das Messer in den Stadtgraben. Der Türke wurde vorübergehend festgenommen.

Ähnlich begann ein Streit kurz nach Mitternacht zwischen einem jungen Nürnberger Ehepaar und drei Italienern am Dutzendteich. Die Gastarbeiter schlugen ihre Opfer brutal zusammen. Der Mann büßte drei Zähne ein, seine Ehefrau kam mit einer Gehirnerschütterung ins Krankenhaus. Die Täter wurden noch in der gleichen Nacht von der Polizei gestellt und vorläufig festgenommen.

Obwohl die Schausteller immer wieder voller Stolz die vielen Sicherheitsvorkehrungen ihrer Rundfahrgeschäfte betonen, kam es zu einem schweren Zwischenfall: ein 22jahriger Italiener war aus der Kettenschaukel geflogen, dessen Sicherungshaken gebrochen war. Der Gastarbeiter flog etwa zehn Meter durch die Luft und landete schließlich inmitten einer Menschenmenge, die sich gerade noch in Sicherheit bringen konnte. Der fliegende Italiener wurde wie durch ein Wunder nur leicht verletzt.

Und zum Schluß noch ein ganz anders gearteter Vorfall auf dem Volksfest: ein pensionierter Gastwirt kam zur Polizei und berichtete empört, in einem Zelt werde Allgäuer Emmentaler als Schweizer Käse verkauft. In diesem Fall wurde das Städtische Ordnungsamt eingeschaltet.

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